Canon hat heute als einer der letzten grossen Kamerahersteller auch eine spiegellose Systemkamera vorgestellt. Was ist eigentlich so besonderes an diesen Dingern, bzw. was heisst Systemkamera? Gemeint ist hier wohl nur die Eigenheit, dass die Kameras keinen Spiegel mehr besitzen und mit einem Bajonett für Wechselobjektive ausgestattet sind. Kein Spiegel bedeutet mehr Platz, bzw. mehr Platzsparpotential. So glänzen die spiegellose im Vergleich zur DSLR vor allem durch kleinere Gehäuse. Das bedeutet aber auch, dass kein optischer Sucher mehr vorhanden ist. Letzteres Problem wird entweder durch elektronische Sucher gelöst oder man lässt ihn einfach weg und verlässt sich auf das Display, welches spätestens bei Sonnenschein unbrauchbar wird.
Nikon hat die Nikon 1, Olympus die OM-D, Fuji die X100 und X-Pro 1, Panasonic die Lumix G-Reihe, Sony die NEX und nun kommt Canon mit der EOS M. Auf die Spezifikationen möchte ich nicht eingehen, da die leicht nachgelesen werden können. Nur soviel: Canon setzt auf einen APS-C Sensor. Der Sensor ist eines der meist diskutierten Bauteile an den Kameras. Grösser ist besser, lautet oft die Devise und so hat sich Nikon mit dem kleinsten Sensor der genannten Gerätschaften nicht gerade viele Freunde gemacht. Olympus und Panasonic setzen auf Microfourthird, Fuji und Sony verwenden APS-C Sensoren, ebenso wie Canon. Alles haben die Kameras gemeinsam: Sie sind irgendwie teurer als ich dachte. Von mal eben so ne Zweitkamera kaufen ist da nicht mehr die Rede.
Ich war lange Zeit auf der Suche nach einer dieser kleinen Kameras und habe mich immer wieder mit dem Thema beschäftigt. Letztendlich ist für jeden etwas dabei. Ich persönlich bevorzuge auch grosse Sensoren, musste mich jedoch von der Olympus OM-D belehren lassen, dass auch ein Microfourthird geniale Bilder zaubert, gutes Rauschverhalten besitzt und Spiel mit der Tiefenschärfe erlaubt. Die Anfangs verrissene Nikon 1 erntete im Nachhinein auch noch viel Lob, nachdem sie in der Praxis getestet wurde. Zu sagen welches mein Favorit ist, fällt schwer. Ich tendiere hier zu Fuji und Olympus, schiele bei Fuji gerne auf den Sensor und die tolle Haptik und Optik der Kamera. Olympus punktet durch einen wahnsinnig schnellen Autofokus und ein interessantes Arsenal an Objektiven. Eine OM-D wird demnächst den Weg in meine Fototasche finden, da ich momentan der Meinung bin, dass diese Kamera den Spagat zwischen Qualität, Größe und Bedienung am besten hin bekommt. Allerdings muss ich auch gestehen, dass ich durch die Workshops für die Olympus OM-D diese Kamera am längsten testen konnte.
Die eigentliche Intention dieses Artikels ist aber die Frage, in wie weit sich wohl die spiegellosen Kameras in Zukunft durchsetzen werden und wann sie einen festen Platz in der Profifotografie finden werden. Ich bin der Meinung, dass die Technik reif ist. Was man an Bilder sieht ist absolut top. An die Bedienung muss man sich gewöhnen und sich auf Dinge wie einen elektronischen Sucher erst einmal einlassen. Hinzu kommt, dass der Deutsche ein Gewohnheitstier ist und sich verdammt schwer tut seine über Jahre geliebte klobige Spiegelreflexkamera aufzugeben. Veränderung ist nicht jedermanns Sache. Erschwerend kommt die Statusfrage hinzu. Mal ehrlich, wie sieht das denn aus, wenn ich mit der kleinen Olympus OM-D auf eine Hochzeit komme, wo um mich herum die Gäste mit ihrem schweren Gerät stehen? Jaja, da sollte man drüber stehen als Profi. Aber das Standing muss man erst mal haben. Kann nicht jeder. Was dem einen als Coolness durchgeht, haftet dem anderen als Laienhaftigkeit an.
In anderen Ländern sieht das anders aus. Ich habe keine genauen Zahlen, aber in Asien ist meines Wissens der Absatz spiegelloser Systemkameras deutlich höher. Ebenso in einigen anderen europäischen Ländern. Betrachtet man jedoch die nakten Fakten, so spricht nur wenig gegen die kleinen ohne Spiegel. Spätestens mit den nächsten Generationen werden auch Modelle für den Profimarkt erscheinen, welche sich wohl in erster Linie durch mehr Komfortfeatures und zusätzliche Bedienmöglichkeiten auszeichnen. Wer das Understatement liebt, wird eh zur kleinen Kamera greifen. Eine riesige Lanze zwischen Fotograf und Protagonist ist nicht gleich eine Brücke. Ich fand es sehr angenehm den Bildaufbau auch mal mit dem Display vorzunehmen und meinem Gegenüber dabei direkt in die Augen schauen zu können. Die geringere Geräuschkulisse beim Auslösen ist sowieso ein Vorteil, den alle zu schätzen wissen, die schon einmal in einer muchsmäuschenstillen Kirche fotografiert haben.
Ich tue mich auch noch schwer eine ernsthafte Alternative neben dem Schlachtschiff D4 gelten zu lassen. Aber mindestens 75% meiner Jobs könnte ich mit Sicherheit auch mit einer kleinen Systemkamera erledigen. Man muss sich nur darauf einlassen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Spiegelreflexkameras an Boden verlieren werden. In einem Land wie Deutschland dauert so ein Prozess nur eben etwas länger 😉
Hi Paddy,
in direkter Konkurrenz zu Nikon, Sony und Canon steht von Olympus doch eher die PEN-Serie, vor allem preislich. Die OM-D ist schon arg teuer und auch ein ganzes Stück größes wie die PENs. Die OM-D würde ich als eine der ersten Systemkameras sehen, die eher (Semi-)Profis ansprechen soll, die PEN-Serie den normalen Privat-Fotografen. Oder siehst Du das anders?
Mat
Habe auch die ganzen jahre eine DSLR gehabt und habe sie immer noch, eine D200 und nun habe ich mir auch eine N1 Nikon gekauft und muss sagen, ich bereuhe den Kauf keines wegs.
gruss marco
Man muss allerdings auch bedenken, dass die Fotos, brilliant wie sie auch sein mögen, durch die Bauweise eine gänzlich andere Optik bekommen. Ist schon ein wenig, wie früher. Ne Leica oder Ähnliches hat einfach ein anderes Bild als eine Spiegelreflex.
In sofern sind die Systemkameras nichts neues, nur dass sie nun ebenfalls Digital sind. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf meine, die ich dann mal kaufen werde, wenn das nötige Kleingeld vorhanden ist.
Es geht schließlich immer um das, was der Fotograf draus macht. Andere technische Möglichkeiten ermöglichen eine andere Art der Fotografie.
Ich sehe einfach keinen echten Vorteil in einer Systemkamera. Sie mögen zwar etwas kompakter sein, aber eben auch nicht so kompakt, dass man sie in die Hosentasche stecken kann.
Will man “richtig” fotografieren gehen, mit verschiedenen Objektiven, braucht man genauso eine Kameratasche oder Rucksack. Dann kann ich auch gleich meine Spiegelreflex nehmen und hab wenigstens einen vernünftigen Sucher.
Ich könnte mir als Zweitkamera eher eine gute Kompakte oder Bridgekamera vorstellen. Wenn man eben mal nicht mit dem ganzen Sack und Pack los will.
Ich habe auch das Gefühl mit einer SLR gezielter zu gewünschten Ergebnissen zu kommen, im Vergleich zur Systemkamera.
Paddy, du hast Samsung vergessen. NX20 - http://www.chip.de/bestenlisten/Bestenliste-DSLR-bis-1.000-Euro--index/index/id/968/
Naja, so ne DSLR definiert sich ja nicht nur über den Spiegel. Da gehört ja noch etwas mehr dazu. So Kleinigkeiten wie Griffigkeit, Bedienbarkeit, etc. Ich möchte da eine ganze Menge direkt erreich- und bedienbare Funktionen bei einem Arbeitswerkzeug nicht missen. Viele Kompakte und Systemkameras sind mir da einfach zu fummelig. Sowas definiert sich halt nicht nur über die technischen Möglichkeiten, sondern über die Größe der Pfoten… 😉
Hallo,
“Gemeint ist hier wohl nur die Eigenheit, dass die Kameras keinen Spiegel mehr besitzen …”
Ich bin der Meinung, dass diese Kameras nie einen Spiegel hatten. Systemkameras sind für mich eher Kompakte mit Wechselobjektiv.
Anders sieht es bei den spiegellosen DSLR (<- Paradoxon 😉 ) aus, wie z.B. Sonys SLTs. Da ist der Spiegel weggefallen und diese werden vielleicht in einigen Jahren die Spiegelreflexkameras ablösen. Und auch das wird einigen (sicher mir auch) schwerfallen 🙂
Ich selbst werde mir evtl. eine Canon G12 als Zweitkamera zulegen, alles ander macht für ich keinen Sinn. Denn auch eine Systemkamera ist nicht mal eben in der Jackentasche verschwunden. Die Objektive der großen Kameras passen auch nicht, ähnlich dürfte es bei Blitzgeräten aussehen. Da hat man mit der G12 wenigstens einen Vorteil, neben der Größe. Warum nicht ein G1x? Ganz einfach, ist mir zu teuer 🙂
Wenn du etwas für die Jackentasche suchst,ist auch die G12 zu klobig, davon abgesehen ist sie eine tolle Kamera, mit der ich sehr viel fotografiere. Aber da ich ein Mädl bin, kann ich sie in die Handtasche! stecken. Oder du kaufst dir die schicke Retro-Kameratasche dazu, dann kannst du sie dir um den Hals hängen.
Ich habe große Jackentaschen 😉
Nur im Sommer wird es etwas unpraktisch, aber vielleicht eine schicke Bauchtasche *duck*
Ich liebe meine X100. Gerade auf der Strasse oder bei Reportage ist man viel viel unauffälliger. Und ich liebe den Look den sie macht.
@Marco
dann hast du sicher noch keine benutzt?! 😉
Ich sehe das so das die DSLR nicht aussterben wird, aber dennoch sehr an Anteilen verlieren wird, und das zu Recht! Nicht umsonst baut Olympus außer der E-5 keine einzige DSLR mehr.
Der AF der kleinen ist schnell, sogar sauschnell, tolle Displays oft sogar zu kippen und zum neigen, Sucher gibts wunderbare elektronische! Wahnsinnslinsen!!! man kann es nicht oft genug sagen was die Linsen leisten, sei es das 45er 1,8 ca. 250€ von olympus oder das 20er Pancake von Panasonic.
Sicherlich für einige Gelgenheiten ist eine DSLR immer noch das Maß der Dinge, wie High ISO oder wo wirklich ein richtig guter AF (Sport) gebraucht wird. Aber mal ehrlich für 90% Aller Bilder reichen die kleinen 😉 Und seit es diese Art Kameras gibt liest man immer und immer wieder das einige am Wochenende die schwere 5D zu Hause lassen und sich die kleine in die Jackentasche stecken 😉
>dann hast du sicher noch keine benutzt?!
@Uwe: Doch! Gerade neulich im OM-D-Workshop bei Paddy. 😉
Eine kleine Anmerkung:
Die Systemkameras von Olympus und Panasonic sind nach dem Micro Four Thirds Standard gebaut, besitzen jedoch einen “normalen” Four Thirds Sensor(!), der genauso in den DSLRs von Olympus und Panasonic verbaut wurde. einen “Micro Four Thirds” Sensor gibt es nicht und wird es voraussichtlich auch nicht geben.
Der tatsächliche Größenunterschied zu APS-C ist in der Praxis, ganz ehrlich, irrelevant, es kommt eher auf die eigentliche Sensortechnologie und JPEG-Engine an, ob auch was Gutes herauskommt.
Jehova 😉 - mich beeindrucken die Spiegellosen auch sehr. Für das letzte Quentchen “besser” ist für mich eine DSLR immer noch das Maß der Dinge Obwohl ich eine Nikon 1 oder X1 Pro für mal schnell Unterwegs durchaus zu schätzen wüsste ist es mir einfach zu teuer.
Die Größe einer DSLR ist nicht immer hinderlich…an einer großen Optik braucht man schon ein gewisses Gegengewicht. Schon ein einfaches Sigma 120-400 ist Freihand einfacher auszubalancieren, wenn man einen griffige größere Kamera mit Batteriegriff hinten dran hat. Die Geschwindigkeit und der fehlende Spiegelschlag wären allerdings wirklich gute Argumente für die Kleinen…obwohl ich schon einige gute Bilder bekommen habe, weil ein Tier genau wegen des Spiegelschlages auf mich aufmerksam wurde 😉
Aus meiner Sicht sind die Systemkameras zwar eine gute Idee aber als Zweitkamera sind sie mir einfach zu teuer und als Erstkamera sind sie für mich nicht zu gebrauchen, da in diesem Sektor das Schwergewicht auf Weitwinkel, kurzen Brennweiten und mittleren Zooms liegt (vielleicht noch Makros, aber da würde ich lieber noch eine Schippe drauflegen und eine D800 nehmen, zumal ich da ja “nur” den Body bräuchte 😉 )
Aber für “Ersttäter” ist es durchaus eine Option, gleich mit einer Systemkamera zu beginnen. Die, denen ich dazu geraten habe, sind jedenfalls damit sehr glücklich 😉
lg Annette
Ich muss auch sagen das mich die Systemkamera Welt gefangen hat, konkret mit einer NEX-5N. Eine einfache DSLR hatte ich (EOS 450D) und auch viele kleinere, finde diese neue Kategorie für den amitionierten Amateur jedoch sehr attraktiv.
Ich finde auch viele clevere Funktionen wie ein Schwenkdisplay, Schwenkpanorama, HD Video in 50p oder den wirklich rauscharmen Sensor genial. Auch die Möglichkeit alte Gläser per Adapter anzuschließen und dann mit der Focus Peaking Funktion scharfzustellen ist super gelöst. Mein Fazit: Für mich ideal!
Hallo Jens,
auch ich bin glücklich mit meiner NEX-5N und vermisse
meine Nikon D90 praktisch nicht mehr, außer bei hellem Sonnenschein den sehr guten optischen Sucher.
Die Bilder mit meinem Sony SEL 50F18 (Festbrennweite 50mm F1.8) sind sehr gut.
Mit freundlichen Grüße
Holger
Ich habe bereits gute Erfahrungen mit meiner Sony NEX aus der ersten Generation gemacht – neben meiner gut ausgebauten CANON 5D MkII. Mich ärgert nur, dass erst jetzt Canon als letzter der “Großen“ die Kleinen anbietet, die APS-C-Sensor haben und nahezu alle vorhandenen Systemobjektive nutzen können. Hätte ich diese, könnte ich Blitze und Objektive nutzen. Anstatt im Falle Sony schon wieder einmal fast 2 Generationen zurück zu sein … und ich mir nach schlechten Erfahrungen mit kurzen Lebenszyklen früherer Jahre eigentlich nie wieder optisches Gerät von Sony anschaffen wollte!
Nach einem spassigen OM-D Workshop kann ich der Kamera auch ein gutes Urteil aussprechen. Für mich wäre es die ideale Zweitcam, dafür jedoch etwas zu kostspielig. Einem Einsteiger würde ich das System bedenkenlos empfehlen wenn die Anwendungsgebiete nicht unbedingt SLR erfordern.