Der geneigte Leser dieses Blogs weiß, dass ich mich seit einigen Jahren mit der 360° Panoramafotografie beschäftige. So schön die Ergebnisse auch sind, so abschreckend ist jedoch der Aufwand. Wenn man es richtig machen möchte, ist die Panoramafotografie Equipment- und Zeitintensiv. Das hat mich auf Reisen oft davon abgehalten Panoramen zu erstellen, auch wenn sie in vielen Situationen die Umgebung viel besser wiedergeben, als ein einfaches Foto.
Kurz vor meiner letzten Reise nach Venedig entschied ich mich die noch relativ junge Ricoh Theta S (Amazon-Link) zu bestellen und mal zu testen, was damit geht. Die Theta S verspricht mit nur einem Knopfdruck ein 360° Foto oder Video aufzunehmen. Da die Kamera mit zwei 180° Linsen bestückt ist, muss nur eine Aufnahme gemacht werden. Das hat viele Vorteile. So ist es damit auch möglich 360° Aufnahmen an Orten mit viel Bewegung zu machen. Bisher gab es doch oft Probleme bei den Übergängen zwischen den Einzelaufnahmen. Ein 360° Bild auf einem schnell fahrenden Untersatz war nahezu unmöglich.
Ebenso dürften Panoramafotografen die Problemchen kennen, die es beim Stitchen in engen Räumen gibt. Die Nachbearbeitung wurde schnell zeitintensiv, wenn man es richtig machen wollte.
I’m on a boat I’m on a boat
Die Theta S liefert Bilder mit einer Auflösung von 5376 x 2688 Pixeln, was so ca. 14 Megapixeln entsprechen dürfte. Das Gerät liegt gut in der Hand, macht einen ordentlich verarbeiteten Eindruck und ist vor allem kinderleicht zu bedienen. Einschalten, auswählen ob Video oder Foto und abdrücken. En lustiges Geräusch bestätigt die Auslösung. Yeah, so stelle ich mir das vor und nicht das ewige Gedöns mit Nodalpunktadapter. Mal eben schnell ein 360°-Selfie. Wer mag kann das dann auch noch als Video aufnehmen.
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Die Theta S ist mit WLan ausgestattet und kann optional über eine App gesteuert werden. Die App dient z.B. als Fernauslöser. Hält man die Theta S in der Hand, so ist es absolut unmöglich nicht selbst mit im Bild zu sein. Selbst mit der App wird das schwer, denn man muss ein sicheres Versteck suchen, welches noch Funkkontakt bietet. Was auf den ersten Blick fehlt ist ein Zeitauslöser. Man kann sich aber mit der Intervallaufnahme helfen. Ich habe diese einfach auf 2 Aufnahmen mit 8 Sekunden Pause gestellt und so quasi einen Zeitauslöser bekommen. So kann ich Euch auch mal einen Einblick geben, wie es aussieht, wenn ich einen Blogpost schreibe.
Paddy bloggt - Paddy bloggt
Darüber hinaus ermöglicht die App die manuelle Steuerung der Kamera. An Programmen steht neben der Automatik mit Belichtungskorrektur noch die Verschlusspriorität, die ISO-Priorität und das manuelle Programm zur Verfügung. Die Blendensteuerung entfällt, da die Blende fest auf f/2.0 eingestellt ist. Wählt man die Automatik stehen zudem eine Rauschreduzierung, eine Dynamikanpassung und ein HDR-Modus zur Verfügung.
Ausserdem erlaubt es die App die geschossenen Bilder und Videos anzuschauen und zur Ricoh-eigenen Plattform Theta360 hochzuladen. Dass Ricoh eine eigene Plattform mitliefert ist super, denn mit dem eigentlichen Bild kann man ohne entsprechenden Viewer nichts anfangen. Wird das Bild zu Theta360 hochgeladen, so kann man es dort direkt als 360° Bild anschauen und von dort auch teilen und einbetten. Sehr praktisch, zumal das alles direkt aus der App heraus geht. Ein paar Beispielbilder findet Ihr in meinem Profil. Die Plattform ist cool, könnte aber noch etwas Finetuning vertragen. So fällt z.B. auf, dass bei den eingebetteten 360° Bildern hier im Blogpost weniger Steuerelemente zur Verfügung stehen. Vor allem Vollbild fehlt mir.
Neben der App gibt es auch eine Desktop-Software, die ebenfalls das Anschauen und Teilen ermöglicht. Allerdings sind die Möglichkeiten, zumindest in der Mac-Version, deutlich eingeschränkt. Was mir am meisten fehlt ist die Option “Mit dieser Ansicht teilen”. Dann nämlich wird der gewählte Bildausschnitt als Vorschau, z.B. auf Facebook, verwendet. Aus der Desktop-App lässt sich der Vorschau-Ausschnitt nicht festlegen.
Wer etwas im App-Store wühlt, findet noch weitere Theta-Apps, z.B. Theta+. Damit ist es möglich die Projektion zu ändern und z.B. Little Planets zu erstellen. Eine meiner Lieblingsoptionen bei 360° Panoramen. Ich finde das ist immer noch eine der coolsten Möglichkeiten, um Gruppenbilder zu machen.
An dieser Stelle muss ich leider auch zugeben, dass ich etwas unverzeihliches getan habe. Ich kaufte mir in Venedig einen Selfie-Stick. Ganze 3€ hat mich das Ding beim fliegenden Händler gekostet. Aber ich habe eine Ausrede. Möchte man Panoramen machen, wo man selbst nicht mit drauf ist, so muss man die Theta S auf ein Stativ stellen. Zwar kann man sie auch auf den Boden stellen, hat dann aber eine sehr tiefe Kameraposition. Um nun den Fußabdruck des Stativs möglichst klein zu halten, habe ich den Selfiestick auf das Pixi-Stativ (Amazon-Link) geschraubt. Somit bleibt wirklich sehr wenig vom Stativ zu sehen. Ich finde das rechtfertigt das Deppenzepter. Ausserdem kann man damit auch recht einfach sog. Cliffhanger-Panoramen aufnehmen, wie z.B. das folgende vom Turm auf dem Markusplatz.
Jetzt ist es vorbei. Ich habe mir einen Selfie-Stick gekauft. - Spherical Image - RICOH THETA
An der Stelle ein kleiner Hinweis. Die Naht der beiden Einzelbilder liegt in der mittleren Objektivachse. D.h. in dem Bild hatte ich ein Objektiv genau auf mich selbst ausgerichtet und habe somit einen Teil des Sticks links und einen anderen rechts.
Hält man die Kamera am Stick nahezu senkrecht nach oben, so ist von dem Stick nichts zu sehen. Nur die eigene Hand ist halt immer im Weg. Mein Tipp: am besten sich selbst kreativ ins Bild einbauen 😉 Ich war mit einer Gruppe Fotografen in Venedig und wir hatten mit der Kamera ziemlich viel Spaß, so dass ich vor Ort wohl auf Anhieb 10 Stück hätte verkaufen können. Daran sieht man schon mal, was für einen Haben-Wollen-Funfaktor das Gerät hat. Meiner Meinung nach liegt die Hauptanwendung auch eher in Erinnerungsbildern und kreativen Selfies. Zwar ist die Kamera ganz gut, aber am Ende ist die Bildqualität nicht mit der von einzelnen RAW-Bildern zu vergleichen. Es kommt halt nur ein JPG raus und da ist die Qualität limitiert und die Bearbeitungsmöglichkeiten sind begrenzt. Auch sind die Linsen sehr anfällig für Farbsäume. So bin ich von den Aufnahmen, die ich sonst mit der klassischen Panoramatechnik erstellt hätte, eher enttäuscht. Umso mehr begeistert bin ich jedoch von den neuen Anwendungsgebieten. Mit Freunden am Tisch im Restaurant mal eben ein 360° Bild machen … unglaublich gut. Klasse auch in Schaufenster rein zu fotografieren. Am besten, wenn auf der anderen Seite auch noch jemand steht. So hat man Fotograf und Model im gleichen Bild. Grundsätzlich muss man sagen, dass alles, was weiter als 3m entfernt ist, schon fast nicht mehr zu erkennen ist. Damit die Bilder wirken, muss man etwas in nächster Umgebung mit drauf haben. Auch die Little Planets wirken am besten mit Objekten nah an der Linse.
Through the window Spherical Image - RICOH THETA
Richtig spannend finde ich 360° Videos. Die zu erstellen ist bisher relativ aufwändig. Nun kann das jeder. Youtube und Facebook unterstützen auch 360° Videos, so dass man die Werke aus der Kamera dort direkt hochladen kann. Ein mega Effekt. Die Fahrt durch den Kanal in Venedig ist wirklich nur ein ganz kleiner Einblick in die Möglichkeiten.
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Die 360° Videos haben zwei Probleme. Zum einen ist die Auflösung für mich zu gering. Zwar nimmt die Theta S in 1920 x 1080 auf, aber diese Auflösung wird für die kompletten 360° verwendet. Da man bei der Betrachtung jedoch immer nur einen kleinen Bildausschnitt hat, ist dort die Auflösung deutlich geringer. Das sieht man auch in den Videos. Sehr schade, die würde ich mir die doppelte Auflösung wünschen.
Zweites Problem ist, dass man in einigen Videos die Naht der beiden Einzelvideos sieht. Bei obigem Video ist z.B. der grau bewölkte Himmel sehr anfällig. Sowas ist nur sehr aufwändig zu korrigieren. Die 360° Videos sind ein grosser Spaß, aber qualitativ leider momentan noch auf Experimentierniveau. Dennoch sieht man, wo die Reise hingeht. Zudem hat GoPro ebenfalls die Entwicklung einer 360° Kamera angekündigt und ich könnte mir vorstellen, dass auch das iPhone eines Tages 360° aufnimmt.
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Insgesamt bleibt jedoch ein extrem positives Fazit. Da hat Ricoh ein tolles Teil gebaut, mit dem man viel Spaß haben kann. Meiner Meinung nach die ideale Reisekamera. Auch für kreative Dokumentation ist es sehr gut geeignet. Die Kamera zwischen den Möwen gibt einen Eindruck von den Möglichkeiten. Mit der Theta S hat Ricoh nun endlich eine 360° Kamera, die sich einfach bedienen lässt und gute Resultate liefert. So macht Panoramafotografie endlich Spaß. Gewünscht hätte ich mir lediglich, dass die Kamera ein RAW-Bild liefert. Vielleicht ist das ja mit einem Firmware-Update möglich. Ich denke die Dinger werden der nächste Hype und in spätestens einem Jahr werden die meisten Selfie-Sticks eine 360° Kamera aufgeschraubt haben.
Der Preis der Ricoh Theta S liegt aktuell bei knapp 400,- €. Ich denke das geht angesichts der Möglichkeiten voll in Ordnung. Schaut mal bei Amazon nach dem aktuellen Preis.
Wer darüber hinaus hochwertigere Panoramen auf professionellem Niveau erstellen möchte und den Aufwand nicht scheut, dem empfehle ich an dieser Stelle ganz uneigennützig mein Panoramatutorial 😉
Hier noch ein paar Little Planets aus der Theta S. Mehr 360° Bilder aus der Theta S findet Ihr auf meiner Theta360-Seite.