Dieses Artikel ist Teil des Nikon SB-900 Praxisguide, dem eBook rund um das Fotografieren mit dem Nikon Creative Lighting System.
Ich habe mich in letzter Zeit sehr viel mit der Fotografie mit Blitzlicht beschäftigt. Dabei habe ich in den Umgang mit Studioblitzen reingeschnuppert, aber auch auch mit dem Umgang mit Aufsteckblitzen experimentiert. Bei letzterem habe ich sowohl mit der voll manuellen Einstellung experimentiert, als auch mit dem Nikon Creative Lighting System (CLS). Da mir das CLS von Nikon sehr gut gefällt und ich nun auch mal im Besitzt von zwei Nikon SB-900 Blitzen bin, habe ich mich entschieden eine kleine Serie über die Blitzfotografie mit dem Nikon CLS und speziell dem SB-900 zu schreiben.
Den Anfang macht heute eine generelle Einführung in das CLS und i-TTL von Nikon. In weiteren Teilen geht es dann um die verschiedenen Einstellungen des SB-900, Modi, die Synchronzeit, die Belichtungsmessung beim Blitzen, entfesseltes Blitzen, verschiedene Lichtformer und Systeme für Aufsteckblitze und was mir sonst noch im Laufe dieser Serie einfällt. Gerne nehme ich Euer Feedback entgegen in den Kommentaren und versuche die Themen entsprechend einzubauen.
Los geht’s 😉 Viel Spaß beim lesen.
Grundlegendes zum Blitzen
Ich habe den Blitz lange gescheut wie der Teufel das Weihwasser. Nur wenn es gar nicht anders ging holte ich mal einen Blitz heraus, um dann festzustellen, dass es ohne doch besser gewesen wäre. Je mehr ich mich jedoch mit der Blitzerei beschäftigte und lernte wie das vorhandene Umgebungslicht, der künstliche Blitz und die Kamera zusammenspielen umso besser fand ich die Blitzerei. Als dann die ersten Bilder nicht mehr nach Blitz, sondern nach weichem Sonnenlicht aussahen, war es um mich geschehen. Ich kann machen, dass die Sonne scheint! Davon will ich mehr. Die Vermutung lag nahe, dass ich in der Vergangenheit Blitzen nur deshalb so scheisse fand, weil ich es nicht konnte. Da kam auch zum ersten mal der Gedanke auf, dass die militanten Blitzgegner auch eher zu denen gehören, die es nicht können und daher die kleinen Lichtkanonen verteufeln.
Nachdem ich nun davon überzeugt war, dass Blitzen eine gute Sache ist und mich in die Lage versetzt unabhängiger von vorhandenem Licht zu agieren, ging es eigentlich darum die Technik richtig zu verstehen und sie reproduzierbar einzusetzen. Das ist zugegebenermassen nicht immer einfach, aber mit etwas Übung durchaus zu erlernen. Blitzen ist kein Hexenwerk.
Auch habe ich verschiedene Meisterblitzer kennengelernt, die teilweise unterschiedliche Auffassungen haben. Manch einer ist der Meinung, dass Blitzen grundsätzlich Fotografieren im manuellen Modus ist, andere wiederum schwören auf die Automatik und verlassen sich voll auf das Nikon i-TTL und CLS (für Canon e-TTL gilt ähnliches). Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte und es ist bestimmt nicht verkehrt sich sowohl mit Automatik als auch der manuellen Einstellung zu beschäftigen.
Ich habe mich letztendlich dafür entschieden mit den Nikon Systemblitzen SB-900 zu arbeiten, weil sie für mich einige Vorteile bieten. Ich kann z.B. mit meiner D700 entfesselt Blitzen ohne irgendwelches Zubehör und habe dabei volle i-TTL-Funktionalität. Die Kommunikation ist auf die Kamera abgestimmt und so kann ich Synchronzeiten bis 1/8000 Sek. erreichen, genau genommen gibt es das Thema Synchronzeit gar nicht für mich, aber dazu mehr in einem extra Kapitel. Obendrein ist der SB-900 von der Usability und den Menüeinstellungen super einfach zu bedienen, kann aber richtig viel. Natürlich spielt auch die Portabilität eine Rolle, denn so einen SB-900 oder auch zwei bekommt man immer in den Rucksack.
Linklove
Ich habe natürlich auch viel gelesen und bediene mich oft anderer Quellen in dieser Serie. Hier einige Linktipps, die ich gerne im Laufe der Zeit erweitere.
- Nikon CLS System. Videoworkshop auf krolop-gerst.com
- Buchtipp: Nikon Systemblitztechnik
- Buchtipp: Joe McNallys Hot Shoe Diaries
i-TTL und das Nikon Creative Lighting System
Am Anfang gab es TTL, was für Through The Lens steht. Dieses Lichtmesssystem wurde für analoge Kameras entwickelt. Es hat die einfallende Lichtmenge durch das Objektiv gemessen, wobei eigentlich das vom Film reflektierte Licht gemessen wurde. Sobald das Bild richtig belichtet ist, wird der Blitz gestoppt. Das klappt bei den digitalen Spiegelreflexkameras nicht mehr so gut, da die Sensoren ganz andere Reflexionseigenschaften besitzen als ein analoger Film. Das Problem wurde durch einen Vorblitz gelöst, der vor dem eigentlichen Auslösen gezündet und vom Verschluß reflektiert wurde. Die Reflexion wurde gemessen und daraus die korrekte Belichtung für den Hauptblitz berechnet. Da diese Technik für die digitalen Kameras entwickelt wurde, nannte Nikon das dann ganz kreativ D-TTL. Die Weiterentwicklung i-TTL funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie D-TTL, verwendet jedoch intensivere und mehr Vorblitze um eine genauere Messung zu ermöglichen. Mehr Hintergrund zu den verschiedenen TTL-Modi finden sich auf der Hilfe-Seite zu TTL von Nikon. Es gibt dann auch noch die Sonderform i-TTL BL, was für Balance Light steht. Hier kommt der Blitz zur Aufhellung zum Einsatz und es wird mehr Umgebungslicht mit in die Messung einbezogen, was im Idealfall zur Folge hat, dass das Verhältnis zwischen Umgebungs- und Blitzlicht viel ausgewogener ist.
Eine wichtige Voraussetzung für die korrekte Messung mit i-TTL ist übrigens die Verwendung von Objektiven, die auch die Entfernung zum Motiv übermitteln. Meines Wissens nach sind das alle Objektive ab der Bezeichnung AF-D und natürlich alle aktuellen Objektive. Das müsstet Ihr im Zweifelsfall für das jeweilige Objektiv nachschlagen.
Ab der D70 sind alle Nikon Kameras kompatibel zum Creative Lighting System (CLS). Dabei handelt es sich um einen Sammelbegriff (oder Marketing-Blabla) für verschiedene Funktionalitäten. Das CLS bietet neben den Vorteilen von i-TTL noch:
- die drahtlose Fernauslösung von Blitzen
- die Kurzzeitsynchronisation
- den FV-Blitzbelichtungsspeicher
- die Übertragung der Farbtemperatur
- das AF-Weitwinkel-Hilfslicht
- das Advanced Lighting System.
Mehr Details dazu findet Ihr auf der Nikon Hilfe-Seite zum CLS.
Für mich sind dabei kurz zusammengefasst de Highlights: Wir können entfesselt blitzen und haben trotzdem die ganzen i-TTL-Informationen, müssen uns nicht großartig um Synchronzeiten scheren und können auch mal bei 1/4000 Sek gegen die Sonne noch den Blitz einsetzen. Das alles geht sogar mit mehreren Blitzgeräten gleichzeitig, da diese auch untereinander kommunizieren.
Ein Wort vorab zum entfesselten Blitzen: In letzter Zeit erfreuen sich die Yongnuo RF-602 Funkfernauslöser sehr großer Beliebtheit, da man damit jeden Blitz über den Mittelkontakt fernzünden kann und das sogar über sehr große Entfernungen von 80-100 m hinweg. Die kleinen Teile sind richtig geil, aber Ihr müsst bedenken, dass damit keinerlei TTL-Funktion zur Verfügung steht, die Blitze also manuell eingestellt werden müssen und Ihr auch wieder auf die Synchronzeit achten müsst. Das hat auch durchaus seine Vorteile, vor allem kann man somit viel günstigere Blitze als die SB-900 einsetzen. Denkt nur daran, dass ein SB-900 auf dem Yongnuo plötzlich zu einem ganz dummen manuellen Blitz wird und für den Anwendungsfall deutlich zu teuer wäre.
Was ist eigentlich die Leitzahl?
Wer sich einen Blitz kauft wird unweigerlich mit der Leitzahl konfrontiert. Das ist ganz platt gesagt die Leistung des Blitzes. Hohe Leitzahl bedeutet vordergründig erst einmal mehr Leistung. Viel Leistung ist grundsätzlich gut, zumal die kleinen Aufsteckblitze im Vergleich zu ihren Studiokumpels doch eher schwach auf der Brust sind. Aber der Teufel liegt hier im Detail. Denn bei der Leitzahl werden gerne mal Äpfel mit Birnen verglichen, denn die Leitzahl ist unter anderem Abhängig vom ISO-Wert und der Stellung des eingebauten Zoomreflektors. Dazu ein Vergleich von zwei Angaben:
- Nikon gibt die Leitzahl des SB-900 mit 34 an.
- Canon gibt die Leitzahl für den 580EX mit 58 an.
ABER: Nikon gibt die Leitzahl bei ISO 100 und Reflektorstellung 35mm an, Canon hingegen bei ISO 100 und Reflektorstellung 105mm.
Da haben wir nun zwei Punkte über die man diskutieren muss. Zunächst mal sollte man wissen, dass bei den meisten aktuellen Nikon-Kameras wie der D700 oder D3s der unterste Standard-ISO-Wert 200 beträgt und bei Canon hingegen ISO 100. D.h. bei ISO 200 hätte ich eine viel höhere Leitzahl, im Fall von Nikon 48. Nun muss ich noch die Reflektorstellung berücksichtigen, denn wenn ich ganz reinzoome, kommt der Blitz auch weiter als wenn ich rauszoome. Folglich wäre die gleiche Leitzahl bei 35 mm höher zu bewerten als bei 105 mm. Hinzu kommt noch, dass der SB-900 sogar bis 200 mm gezoomt werden kann.
Konkret heisst das beim SB-900, dass ich bei ISO 100 und 105 mm eine Leitzahl von 49,5 habe, bei 200 mm beträgt die Leitzahl dann 56. Ein weiterer Faktor, der die Leitzahl beeinflusst ist die Sensorgröße (DX oder FX). Die Unterschiede sind jedoch nicht so riesig, dass ich hier noch einmal die Zahlen dafür auflisten möchte. Schaut am besten einfach mal auf Seite F-18 Eures SB-900 Handbuches nach.
Das soll kein Pro oder Contra zwischen dem Canon und Nikon Blitz sein, sondern Euch nur zeigen, dass Ihr die Leitzahl nicht einfach unreflektiert vergleichen könnt. So hat z.B. der SB-900 bei gleicher ISO-Zahl eine geringere Leitzahl als das Vorgängermodell SB-800, was ja erst einmal erstaunlich ist. Das macht er aber wieder wett, durch den stärkeren Zoom bis 200mm, im Gegensatz zu 105 beim SB-800.
Zu dem Thema empfehle ich auch noch einmal einen Blick auf Wikipedia.
Das soll es erst einmal für den Einleitungsartikel gewesen sein. Bis hierher gab es erst einmal nur ein paar Backgroundinfos zum CLS und i-TTL, noch nichts konkretes. Im nächsten Teil möchte ich dann mal den SB-900 genauer vorstellen, einen Blick in das Setup werfen und die verschiedenen Blitz-Modi beschreiben.
Super! Auf sowas hab ich gewartet. Bin gespannt wie’s weitergeht!
Sehr schöner Beitrag. Danke
Wow! Machst Dir viel Arbeit! Danke! Toller Artikel!
Hi, auf so etwas warte ich schon lange, bin gespannt wie es weiter geht. Gibt es schon einen Termin für Deinen 2ten Teil?
Ich will versuchen jede Woche einen Teil zu schreiben. Aber es kann auch mal länger werden, vor allem wenn es zu den Praxisbeispielen kommt.
Super super Artikel
danke
Das Beste was ich bisher über Blitzen gelesen habe!
Aus der Praxis für die Praxis.
Merci
Hey Michael, vielen Dank. Das geht runter wie Öl 😉
Hallo Paddy
Toller Artikel zum SB900. Sitze jetzt schon seit Tagen bei meinem SB900 und frage mich wegen einer Einstellung beim entfesseltem Blitzen. Die Brennweite (bzw. Entfernung) die am Blitz eingestellt werden muss kann man nicht auf 0 setzen (wie es z.B. lt. einem Kumpel bei Canon ist). Muss ich die Entfernung aufs Maximum setzen oder je nach Abstand einstellen? Bitte verzeih mit die vielleicht etwas dämliche Frage, aber Blitzen ist noch komplettes Neuland für mich.
MFG Chris