Was ist die Hyperfokale Distanz und wie finde ich die richtige Blende?

Wie das mit der Schär­fen­tie­fe grund­sätz­lich funk­tio­niert wer­den die meis­ten von Euch wohl wis­sen. Blen­de auf und ich habe einen sehr klei­nen Schär­fe­tief­e­be­reich, was dazu führt, dass mein Vor­der­grund­ob­jekt scharf und der Hin­ter­grund unscharf. Je grös­ser die Blen­de, umso stär­ker ist die­ser Effekt. Das lässt sich auch ganz gut anwen­den, ein­fach die Blen­de auf 1,4 auf­reis­sen und schon ist alles im Hin­ter­grund unscharf. Klingt etwas abwer­tend, soll es aber nicht sein. Ich lie­be es mit offe­ner Blen­de zu fotografieren.

Anders­her­um genau das Gegen­teil. Will ich im Bild alles von vor­ne bis hin­ten scharf haben, so mache ich die Blen­de zu. Je wei­ter ich sie schlies­se umso grös­ser wird der Schär­fen­tief­e­be­reich. Eigent­lich auch ganz ein­fach. In irgend­ei­nem Lehr­vi­deo habe ich dann mal die Aus­sa­ge gehört “Land­schaf­ten immer mit Blen­de 22 foto­gra­fie­ren”. Genau das ist aber nicht richtig.

Daher stellt sich unwei­ger­lich die Fra­ge: “Wel­ches ist die rich­ti­ge Blende?”

Zunächst stellt sich die Fra­ge, wie­so denn nicht ein­fach ein Sta­tiv neh­men und die Blen­de schlies­sen bis zum geht nicht mehr? Die Ant­wort dar­auf fin­det man in der Bau­art der Objek­ti­ve, wel­che übli­cher­wei­se ihre bes­te Abbil­dungs­leis­tung im mitt­le­ren Blen­den­be­reich und, falls es ein Zoom­ob­jek­tiv ist, auch im mitt­le­ren Zoom­be­reich haben. Neh­men wir ein Objek­tiv wel­ches einen Blen­den­be­reich von 2,8 bis 22 hat, wie z.B. das 24-70 f/2.8 von Nikon. Die­ses Objek­tiv ist am schärfs­ten bei Blen­de 4 bis 8. Ober­halb von Blen­de 8 kommt das Phä­no­men der Beu­gungs­un­schär­fe hin­zu. Das heisst platt gesagt: Ver­su­che Dich im mitt­le­ren Blen­den­be­reich Dei­nes Objek­ti­ves zu bewe­gen um maxi­ma­le Schär­fe zu errei­chen. Natür­lich gibt es hier bei den Objek­ti­ven unter­schie­de, so dass man sich die Zeit neh­men soll­te die schärfs­te Blen­de sei­nes Objek­tiv­parks zu ermitteln.

Die nächs­te Fra­ge ist: “Bei wel­cher Blen­de ist denn alles scharf?”

Zunächst noch ein­mal, was Schär­fen­tie­fe ist: Das ist der Bereich vor und hin­ter dem Fokus­punkt, der scharf ist. Man spricht auch von “annehm­bar” scharf, da bei genau­er Betrach­tung auch in die­sem Bereich die Schär­fe ein wenig abnimmt, aber das las­sen wir mal aus­sen vor. Die­ser Bereich teilt sich in ca. 1/3 vor dem Fokus­punkt und 2/3 hin­ter dem Fokus­punkt auf.

Um nun eine Land­schafts­auf­nah­me mit Vor­der- und Hin­ter­grund kom­plett scharf zu bekom­men, muss man sich mit der Hyper­fo­ka­len Distanz beschäf­ti­gen. Hyper Hyper … was?

Die Hyper­fo­ka­le Distanz ist der Abstand zu einem Vor­der­grund­ob­jekt bei dem alles ab die­sem Objekt bis in unend­li­che Ent­fer­nung scharf ist. Anders gesagt: Wenn Du die Hyper­fo­ka­le Distanz zu Dei­nem Vor­der­grund­ob­jekt ein­hältst und dar­auf fokus­sierst, ist alles dahin­ter scharf.

ABER: Die Hyper­fo­ka­le Distanz ist auch abhän­gig von Blen­de und Brenn­wei­te. D.h.

  • Je klei­ner die Blen­de umso kür­zer die Hyper­fo­ka­le Distanz.
  • Je klei­ner die Brenn­wei­te umso kür­zer die Hyper­fo­ka­le Distanz.

Um nun das Foto kom­plett scharf zu bekom­men, müs­sen wir also die Distanz zwi­schen Kame­ra und Vor­der­grund mes­sen und dann schau­en wel­che Blen­de ich bei gewähl­ter Brenn­wei­te ein­stel­len kann.

Eine Tabel­le mit eini­gen Wer­ten ver­deut­lich das mal. X-Ach­se ist die Brenn­wei­te, Y-Ach­se die Blen­de und die Wer­te sind jeweils die Hyper­fo­ka­le Distanz in Metern.

24mm 35mm 50mm 70mm
2,8 8,1 17,3 35 69
4 5,8 12,2 25 49
5,6 4,1 8,7 18 35
8 2,9 5,1 12 24
11 2 4,3 9 17
16 1,4 3,1 6 12
22 1 2,2 4 9

Zur genau­en Berech­nung und für wei­te­re Brenn­wei­ten, könnt Ihr den Niko­ni­ans Schär­fen­tie­fe­rech­ner verwenden.

In der Pra­xis bedeu­tet das: Wenn ich ein Foto schies­sen möch­te, bei dem mein Vor­der­grund­ob­jekt 5m ent­fernt ist und ich eine Brenn­wei­te von 35 mm gewählt habe, dann muss ich Blen­de 8 neh­men um alles ab dem Vor­der­grund scharf zu bekom­men. Hät­te ich ein­fach Blen­de 22 gewählt, dann wäre zwar auch alles scharf, aber auf­grund der Beu­gungs­un­schär­fe auch wie­der nicht, wenn Ihr wisst was ich mei­ne. Durch die Hyper­fo­ka­le Distanz kom­me ich mit Blen­de 8 aus und erzie­le ein deut­lich schär­fe­res Ergebnis.

Und nun seht Ihr auch gleich, war­um Weit­win­kel­ob­jek­ti­ve so beliebt in der Land­schafts­fo­to­gra­fie sind. Sie bekom­men nicht nur einen grös­se­ren Aus­schnitt aufs Bild, son­dern haben eine sehr viel kür­ze­re Hyper­fo­ka­le Distanz.

Ist doch eigent­lich ganz ein­fach, oder? 😎

In der Pra­xis ist es natür­lich nicht so, dass man immer den Rech­ner raus­holt, son­dern man ent­wi­ckelt ein gewis­ses Gefühl dafür und macht ab und zu auch ein­fach mal ein Test­bild. Das Grund­ver­ständ­nis zu haben, hilft jedoch ungemein.

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5 Gedanken zu „Was ist die Hyperfokale Distanz und wie finde ich die richtige Blende?“

  1. In der Pra­xis ist alles geschrie­be­ne rich­tig, aller­dings muss man bei eini­gen Objek­ti­ven Abstri­che machen Anfüh­ren möch­te ich hier die 50er von Nikon.Wenn ich die­se Objek­ti­ve nicht genü­gend abblen­de( f 4-8) bekom­me ich nicht nur ein eng ein­ge­grenz­ten Bereich scharf son­dern auch ein wei­che Auf­nah­me obwohl die Zeich­nung vor­han­den ist. Wohl dem der eine Voll­for­mat­ka­me­ra besitzt, dort fällt dies nicht so sehr auf weil die Rück­ver­grö­ße­rung in der Regel klei­ner ist. Mit einer Crop­ka­me­ra ist dies alles­dings ein ech­tes Pro­blem. So gese­hen gibt es 5 Wege aus der Misere.
    1.) kei­ne Cropkamera
    2.) Abblen­de bis Blen­de 4 und sich damit abfin­den das die Auf­nahm­nen dar­un­ter wei­cher werden.
    3.) In Came­ra Raw den Klar­heits­reg­ler höher ein­stel­len obwohl genau die­se 50mm Brenn­wei­ten deut­lich kla­rer sind als vie­le Zooms.
    4.) eine gemä­ßig­tes Weit­win­kel benutzen.
    5.) ein Blitz benutzen
    Egal was man als Grund­la­ge her­an­zieht man ver­schenkt viel Schö­nes ohne das rich­ti­ge Objektiv.

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    • Hi Askan,
      da hast Du abso­lut recht, wenn man mit einer Gur­ke foto­gra­fiert, kommt auch nur Salat dabei her­aus. Da kann man sich dre­hen und wen­den wie man will. Aber hat man ein Top-Objek­tiv, soll­te man sich mit dem The­ma Beu­gungs­un­schär­fe auf jeden Fall beschäf­ti­gen. Das 24-70 von Nikon ist da ein gutes Beispiel.

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  2. Ich kann mich noch an ein Post vom 1 August erin­nern, in dem ein hier neben säch­li­che Per­son mein­te, das man ein 1,4 /50mm Objek­tiv nicht abblen­den bräuch­te. Was ich mein­te ist daß sich der Schär­fe­ein­druck einer Auf­nah­me aus Kon­trast und erfor­der­li­chem (nutzbarem)Zeichnungsvermögen zusam­men­setzt. Wenn einer von bei­den Para­me­tern fehlt merkt man erst bei ent­spre­chen­der Rück­ver­grö­ße­rung. Wenn bei­de Papra­me­ter sehr hoch sind,wirken die Bil­der bei nicht aus­rei­chen­der Ver­grö­ße­rung nicht mehr klar. Oder man erhält ein Spezialeffekt.

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  3. und wer heu­te oder Mor­gen zur Pho­to­ki­na kommt kann sich die­se Berech­nungs­ta­bel­le als klei­nes Geschenk bei den Niko­ni­ans in Hal­le 5 Stand A010 abholen.

    Gruß von der Photokina

    Hendric

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  4. Ser­vus Paddy,

    ich hat­te bis­her noch nicht so viel mit Land­schaf­ten zu tun. In nächs­ter Zeit ver­schiebt sich das wohl, da ich nicht mehr so viel Zeit für ech­te Shoo­tings habe.

    Mir haben es die knack­schar­fen Land­schafts­fo­to­gra­fien ange­tan, die man immer wie­der bei 500px und Co. sieht.

    Das ich auf mei­nen Recher­chen aus­ge­rech­net wie­der bei Dir fün­dig wer­de … cool.

    An die­ser Stel­le mal wie­der dan­ke für Dei­ne Ambi­tio­nier­te Arbeit!

    Grü­ße
    Christian

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