Heute mal wieder eine Frage aus dem Publikum. Woher nehme ich eigentlich meine Motivation und Inspiration? Ja, gute Frage. Ich versuche sie mal zu beantworten.
Also eigentlich handelt es sich ja um zwei Dinge. Motivation ist was anderes als Inspiration, auch wenn beides doch irgendwie zusammen gehört. Das mit der Motivation ist recht einfach. Als ich damals meinen Agenturjob hingeschmissen habe, war es Motivation pur endlich auf eigenen Beinen zu stehen und das zu machen, wofür ich brenne. Menschen, die meine Fotos als ihre Profilbilder nehmen, sie auf dem Board im Wohnzimmer stehen haben oder auch bei der Übergabe eine Träne verdrücken sind Motivation ohne Ende, zumindest deutlich mehr als Kunden in Großkonzernen, nach dem Motto “wenn ich nichts sage, ist das Lob genug”. Klar gibt es Tage an denen man auch mal die Kamera in die Ecke schmeissen möchte, aber spätestens, wenn ich dann durchschaue, auf den Menschen davor, bin ich wieder voll in meinem Element. Die Leute kommen zu mir, weil sie meine Bilder haben wollen. Hey, wie cool ist das denn bitte?
Dazu kommt das Feedback von meinen Bloglesern, ja von Euch. Dieser Blog besteht seit 2006, das hält man nicht so lange durch, wenn man kein positives Feedback bekommt. Ich werde oft gefragt wieviel Zeit ich investiere. Keine Ahnung, was weiss ich denn. Viel, sehr viel, aber es fühlt sich nicht an wie Arbeit. Nicht jeden Tag trudeln die Lobeshymnen ein, es gibt auch beschissene Tage, an denen ich alles hinschmeissen möchte. Aber dann gibt es simple Zahlen, die einen aufbauen. Wenn ich sehe, dass wieder tausende von Menschen meinen Blog besucht haben, dann reicht das oft aus, um nach kurzer Zeit aus der Depriphase heraus zu kommen.
Ihr seht, das mit der Motivation ist in meinem Fall einfach. Die Inspiration ist da schon schwerer. Hey, bei mir sprudeln auch nicht die Bilder einfach so aus der Kamera. Es sieht oft einfach aus, aber meistens steckt viel Vorbereitung und Ideenfindung dahinter. Wo bekomme ich denn meine Ideen her? Ich halte meine Augen offen. Ich gucke viel Filme und Serien, jeder visuelle Eindruck ist eine potentielle Idee. Ich liebe es Fotoideen nach Filmvorlagen auszuarbeiten. Bestes Beispiel ist wohl die Piratenhochzeit gewesen.
Aber das mit dem Piratenshooting ist nicht alleine auf meinem Mist gewachsen. Ich traf mich damals mit Femke auf ein Käffchen. Man schnackt halt über Fotos, was man selbst toll findet, kommt von Höckschen auf Stöckschen und plötzlich ist eine Idee geboren. Sich mit Leuten unterhalten wirkt Wunder. Ich kann Euch nur den Tipp geben ein kleines Team um Euch herum aufzubauen. Leute mit denen Ihr gerne zusammen arbeitet. Tauscht Euch aus. Ich mag es vor allem gemeinsam mit Stylisten, Visagisten und Models Ideen zu entwickeln.
Ich lese Zeitschriften, ok ich gucke mir die Bildchen an. Überall stecken Ideen drin. Meistens sind es nur einzelne Ideen, die den Anstoß geben. Manchmal sogar nur eine Farbwelt. Eigentlich bin ich gar kein Freund von Shootings in der Natur, aber dann sieht man plötzlich irgendwo einen Birkenwald und denkt “hey das muss ja gar nicht so grün sein”.
Ich liebe auch Bildbände von anderen Fotografen. Könnte ich stundenlang drin schwelgen. In Hamburg gibt es diverse Läden wo man solche Bücher bekommt. Hin und wieder gehe ich auf Beutezug und dann komme ich mit einem ganzen Buch voll Inspiration nach Hause. Manchmal ist es eine Pose, dann ein Styling, eine Location oder ein ganzes Thema. Ihr fragt Euch, ob man nicht Gefahr läuft zu kopieren? Nö, das sollte man natürlich nicht machen. Es geht nicht darum ein Foto nachzufotografieren, sondern lediglich darum einen Zündfunken zu erzeugen.
Es reicht auch sich einfach mal irgendwo hinzusetzen und zu beobachten. Egal ob Fußgängerzone, Bahnhof oder der Tümpel ums Eck. Es gibt überall etwas zu beobachten. Es gibt Menschen mit blühender Fantasie, aus denen sprudeln die Ideen nur so heraus. Ich habe auch solche Phasen, aber es gibt auch viele Tage wo es einfach nicht so will. Der Kreativität kann man etwas auf die Sprünge helfen, indem man ihr neue Eindrücke verschafft. Mir hilft es dabei immer in Filmbildern zu denken. Wie würde die Szene vor mir im Film aussehen, was würde da passieren, wie wäre das Foto dazu.
Glaubt mir, es ist nicht so schwer sich inspirieren zu lassen. Ich wünschte, ich hätte eine geheime Zauberformel, aber tatsächlich ist es einfach etwas Aufmerksamkeit. Wenn der erste Gedanke da ist, dann kann man auch mal etwas recherchieren und schauen was es dazu bereits gibt. Ein Moodboard wirkt dann oft wunder. Sprecht mit Euren Freunden und Partnern darüber, denen fällt auch etwas ein.
Macht einfach die Augen etwas auf. Ihr wollt ein Pärchenshooting machen? Dann guckt eine Liebesschnulze. Ihr wollt Fashion machen? Einfach mal eine Vogue kaufen. Beauty? Die Werbung ist voll davon. Manche Dinge passieren auch einfach. Richtig gut sind meistens die ungeplanten Fotos bei einem geplanten Shooting. Aber auch hier gilt: immer Augen offen haben und in Bildern denken. Nicht rumsitzen und mit dem iPhone spielen, bis die Visagistin fertig geschminkt hat. Lieber die Zeit nutzen und halbfertig gestylte Models fotografieren.
Frag Euch vor allem was Ihr gut findet. Ihr müsst da auf Euren Geschmack vertrauen. Welche Bilder findet Ihr selbst so richtig geil? Und vor allem “was mögt Ihr?” Also nicht Bilder, sondern Dinge, wie das Meer, Hamburg, Fahrräder oder Mettbrötchen. Alles was Ihr mögt, ist Inspiration für ein Foto. Haltet einfach die Augen offen und denkt vor allem bewusst über Ideen nach.
Jo, das war’s.
Lesenswerter Artikel, welcher einen wirklich interessanten Einblick in deine Gedankenwelt gibt.
Ohne jetzt den Namen der eingangs erwähnten “Agentur” erfragen zu wollen - wie lange hast du dort gearbeitet? Bereust du vielleicht in irgendeinem Punkt deine Selbstständigkeit im direkten Vergleich zum Agenturleben?
Gruß
Lukas
Danke Paddy, für diesen Einblick in Dein “Innenleben”!
Es kommt mir so vor, als hätte ich das genauso schreiben können, nur bist Du schon einige Schritte weiter und Dir offensichtlich schon sehr einig mit Dir selbst.
Bis dahin brauche ich noch einige Schritte.
Das Lesen Deines Blogs fühlt sich für mich ganz richtig an auf dem Weg, Motivation & Inspiration zu finden. An der Motivation fehlt’s nicht 😉
Und nein, bei mir geht’s nicht ausschließlich um Fotografie … ich habe da noch zwei andere Themen am Start, die auch noch Zeit abbekommen wollen.
Nochmal: Dank Dir für deinen sensationellen Blog!
Viele Grüße
Dimo
Dankeschön für deine in Worte gefassten Gedanken.
Mir persönlich fehlt es manchmal an Motivation. Ich arbeite Vollzeit in einem ziemlich anstrengenden Berufsfeld. Da möchte man nach 7-9 Tagen am Stück auch einfach mal nichts machen und damit meine ich wirklich nix 😉 aber nach einem Tag ist meist alles wieder gut und ich hab wieder voll Bock aufs fotografieren 🙂
Hallo Paddy, wenn Du selbst, deine Art zu schreiben und deine Offenheit mir nicht schon längst sympathisch wären, spätestens jetzt wäre es soweit.
Endlich mal jemand der zugibt ein Mensch zu sein, der auch mal Fotos macht die schied sind, der sich wieder motivieren muss.
Mach so weiter.
Grüße aus Dresden
Dietmar
Inspiration finde ich u.a. auf pinterest.com
dort gibt es tolle fotos aus allen bereichen in unmittelbarem zugriff
meine motivation
ich habe festgestellt, nachdem ich nun verschiedenste “coole” locations ausprobiert hatte, dass ich eigentlich nur den/die menschen, den/die ich gerade vor der linse habe einfach bestmöglich und ganz subjektiv - so wie ICH ihn sehe - festhalten möchte und das dabei die location zur absoluten nebensache wird.
Danke für den Artikel, ich finde den letzten Absatz sehr schön!
Nicht an Bilder zu denken, sondern an das was wir im Leben gern haben und mögen.
Und damit wieder ein Impuls für das “lebendige” fotografieren zu finden.
So stelle ich mir Motivation auch vor 🙂 ich freu mich über jeden “Daumen hoch” wie ein Schnitzel, wenn ich was neues veröffentliche..
Vorallem letztens, als ich zum zweiten Mal Bewerbungsfotos machen sollte und dann eher mein erstes richtiges Portraitshooting daraus wurde.. Die Resonanz war Bombe und die Motivation gleich wieder was zu machen um so größer..
Hi!
Ein Klasse Beitrag. Ich beschäftige mich seit geraumer Zeit selbst mit dem Bereich Ideenfindung. Wie sammle ich Ideen. Wie stellen das Andere an. Demnächst werde ich auch mal meine Gedanken preis geben. 🙂
Vielen Dank für deinen Beitrag! Immer wieder sehr schön zu lesen und vor allem insprierend und motivierend!
Cheers, Mika
Danke für diesen tollen Blogeintrag! Der motiviert und inspiriert mich ungemein.
Mal sehen was ich neben Baby und neuem Job noch auf die Beine stellen kann.
Grüße Sascha
Ich hätte gerne mehr Fotos von Mettbrötchen 😀
Hey Paddy! Du sprichst mir so dermaßen aus der Seele!
Sau gut geschrieben und echt interessant zu sehen, dass es anderen genauso geht!
Möchte mich auch irgendwann mal selbstständig machen und gerade solche Artikel bestärken mich so dermaßen in meinem Vorhaben! Machst du zufällig einen Workshop im Juli? Vielleicht sogar mit Luisa? Das passt immer so gut wenn ihr zusammen was macht!
Liebe Grüße und mach noch ganz lange weiter so
Nena