Ob Licht gut oder schlecht ist, hat auch mit Geschmack und Vorlieben zu tun. Allerdings gibt es ein paar Dinge, auf die ich bei Licht achte. Darüber möchte ich ein paar Zeilen verlieren.
Lichtrichtung
Gutes Licht ist für mich gerichtet. Das bedeutet, dass ich die Richtung aus der das Licht kommt klar definiert ist. Ein Blitz ist zunächst mal gerichtet, es sei denn er streut sehr stark und ruft dadurch Reflexionen von Wänden oder Decke hervor. Mit engen Reflektoren oder Waben kann man das Licht stärker richten, was auch dazu führt, dass sich das Licht leichter an die gewünschte Position bringen lässt.
Das Licht an einem stark bewölkten Tag hat keine klare Lichtrichtung. Durch die Wolkendecke wird das Licht sehr diffus und es hängt eine riesige Lichtglocke über uns. Man vermeidet dann zwar harte Schlagschatten, aber das Licht wird auch eher langweilig. Anders ist es, wenn die Sonne etwas tiefer steht und die Wolkendecke nicht so dicht ist. Dann kann man den Sonnenstand klar ausmachen und bekommt ein leicht diffuses aber gerichtetes Licht, was wirklich sehr schön ist.
In der Lichtrichtung liegt für mich auch die Kreativität in der Lichtsetzung. Ob das Licht von vorne, der Seite oder hinten kommt entscheidet über den Lichtcharakter des Bildes. Hier wird oft unterschätzt in welch engen Bereichen sich Lichtsetzung abspielen kann. Verschiebt man den Blitz um nur 10 cm so ändert sich die Lichtrichtung teilweise dramatisch. Stark gerichtete Lichtquellen erlauben es mir Reflexionen zu vermeiden und Schattenkanten genauer zu setzen. So lassen sich gezielt Bildbereiche betonen und verstecken. Man glaubt es kaum, aber es gibt unendlich viele Möglichkeiten einen Blitz zu positionieren.
Hart oder weich?
Hartes Licht erkennt man an klar gezeichneten Schlagschatten. Um diese zu eliminieren muss man die Lichtquelle vergrössern. Um besonders weiches Licht zu erzeugen kann man zu grossen Softboxen greifen. Ich persönlich mag aber hartes und kontrastreiches Licht sehr gerne. Auch scheue ich mich nicht davor in der knalligen Mittagssonne zu fotografieren, wie das folgende Bild aus dem Tutorial “Wie ich Licht sehe” zeigt. In dem Fall passt es jedoch sehr gut zum Bildlook und wirkt auch ehrlich gesagt nur in Schwarz/Weiß so richtig.
Allgemein bin ich aber ein Freund von Schatten im Bild und versuche nicht sie zu vermeiden. Aufhellung findet nur selten statt und gleichmäßig ausgeleuchtete Beauty-Bilder mögen mir auch nicht so richtig gefallen. Natürlich verwende ich auch grössere Lichtquellen, wie z.B. mein Studiofenster. Damit lässt sich eine fast Schattenfreie frontale Ausleuchtung realisieren. Ein sehr schmeichelhaftes Licht, das vor allem die Augen leuchten lässt. Aber irgendwie auch nicht besonders spannend.
Das Problem an hartem Licht sind für mich nicht die Schatten, sondern dass man damit jede kleinste Hautunebenheit betont. Der winzigste Pickel wirft eben auch einen kleinen Schatten und wird dadurch hervorgehoben. Das ist natürlich nicht unbedingt vorteilhaft. Wenn ich mit sehr hartem Licht arbeite, sollte das Model schöne Haut haben und auch gut geschminkt sein. Etwas anderes ist es wiederum bei Männern, die ja bekanntlich Falten besser tragen können 😉
Zusammen genommen ist die Kombination aus Lichthärte und Lichtrichtung für mich ausschlaggebend dafür, ob das Licht gut oder schlecht ist. Beim Einsatz von Blitzlicht achte ich in erster Linie auf die Größe des Lichtformers. Ob das nun ein Beauty Dish oder eine Softbox ist, ist mir zunächst mal schnuppe. Auch wenn man schon Unterschiede zwischen den verschiedenen Lichtformern sieht, so wird mir doch teilweise etwas viel Lichtformer-Voodoo betrieben. Härte und Richtung sind mir am wichtigsten, alles andere ist dann Finetuning.
Lichtfarbe
Farben können ein Bild unansehnlich machen. In Schwarz/Weiß konzentriert man sich auf das Motiv und den Ausdruck und nicht auf die Farbe der Klamotten oder der Haut. Die Location und die Kleidung haben einen starken Einfluss auf die Farbgebung des Bildes, aber auch das Licht und dessen Farbigkeit. Ich empfinde z.B. das warme Licht untergehender Sonne als viel angenehmer als das eher kühl/neutrale Licht der Mittagssonne. Na klar, Sonnenuntergang heisst auch gleich Urlaubsstimmung. Aber in dem Licht sieht die Haut einfach auch gesünder aus, obwohl das direkte Sonnenlicht auch bei untergehender Sonne noch sehr hart ist.
Die Hautfarbe ist mit dafür verantwortlich, ob wie sie als “gesund” ansehen. Klar, dass hier die Farbe des Lichtes eine Rolle spielt. Darum sind auch Baustrahler und Leuchtstoffröhren nicht unbedingt erste Wahl als Fotolicht. Zwar lässt sich auch hier einiges in der Nachbearbeitung deichseln, aber das Licht- bzw. Farbspektrum ist ein anderes. Ich kann Euch das mit dem Lichtspektrum nicht im Detail erklären, aber jede Lichtquelle hat ein unterschiedliches Lichtspektrum und dadurch werden einige Farben besser oder schlechter dargestellt. In Sonnenlicht sind alle Farben enthalten. Bei LEDs fehlten bis vor kurzem noch einige Farbbereiche. Erst in letzter Zeit tut sich da einiges, so dass LEDs auch Einzug in Film und Fotografie finden. An der Stelle können sich auch Blitze von einander unterscheiden. Blitzröhre ist nicht gleich Blitzröhre.
Licht pauschal als gut oder schlecht zu kategorisieren ist nicht einfach, da auch der Geschmack eine Rolle spielt. Ich persönlich suche das gerichtete Licht und spiele dabei sowohl mit harten und weichen Quellen. Grundsätzlich versuche ich zu viel Streuung zu vermeiden. Schlechtes Licht ist für mich z.B. mit einem Aufsteckblitz an die Decke zu bouncen. Damit kann man zwar Schatten reduzieren, aber das Licht verteilt sich unkontrollierbar im ganzen Raum, wobei dem Bild jegliche Spannung genommen wird.
So GANZ alle Farben hat die Sonne ja auch nicht.. Ein paar Linien fehlen im Spektrum, aber ob man das sieht… http://de.wikipedia.org/wiki/Fraunhoferlinie
=)
Fun Fact:
Auch wenn das Sonnenlicht nur ca. 8 Minuten von der Sonne bis zur Erde braucht ist es doch schon über 100.000 Jahre alt, wenn es die Sonne verlässt.
Toller Beitrag.
Prinzipiell priorisiere ich eher weicheres Licht (bei der Fahrzeugfotografie). Doch letztens habe ich mich auf hartes Licht bei einem S/W-Portraitshooting fokussiert. Und ich habe es nicht bereut… 🙂
Super Beitrag!
Schön auf die Basics und die Theorie reduziert und ohne 100 Softbox-Verkaufslinks!
Minimal aufs wesentliche konzentrieren.
Ich steh total auf weiches frontales Fensterlicht.
Danke Paddy !
Hallo Patrick!
Ich hätt eine Frage zu “über die Decke bouncen”: was machst du bei einer Party? Ich war bei der letzten Party in einem kleinen Lokal mit Blitz unterwegs. Normalerweise verwende ich einfach Aufsteckblitz mit dem kleinen standard Diffusor, letztes Mal wollt ich mal was anderes ausprobieren und war so gar nicht glücklich…
Ich hab da einfach mal ausprobiert ohne Difusorkappe und direkt zu blitzen. Wuuuaa, das hat so gar nicht meinen Geschmack getroffen!
Hast du einen Tipp für mich wie die Aufnahmen interessanter werden? Und die Haut besser zur Geltung kommt? Direkt geblitzt sehen alle aus wie Zombies haha
Ich hoffe ich schaff das mal mit dem Blitz bessere Ergebnisse zu erreichen, bis jetzt ist alles “so lala”
Lg aus Österreich
Wenn es nicht anders geht, bounce ich auch über die Decke. Aber das sieht halt nicht so dolle aus. Sind dann aber auch meistens eh nur Partybilder.
Danke für deine Antwort 🙂
Haha, auf einer Party bleibt einem wahrscheinlich nix anderes übrig.
Der Paddy möge es mir verzeihen.. Schau doch mal nach bei den “Tangents” von Neil van Niekerk (http://neilvn.com/tangents/) und dort unter dem Stichwort “Black Foamie Thing”, kurz BFT. Da gibt es viele interessante Anregungen.
Sehr interessant! Zwar keine bahnbrechenden neun Erkenntnisse, ABER trotzdem einiges neues und es hat (wie immer) Spaß gemacht zu lesen. Könnte ruhig noch ein wenig länger sein und mehr ins Detail gehen 🙂 Ich persönlich finde warmes und / oder weiches Licht kaltem und / oder hartem Licht meist überlegen. Aber wie ihr schon sagtet: Geschmackssache!