Es fing damit an, dass ich vor einigen Monaten zu Thomas Leuthard meinte, dass ich mal Lust auf eine Bergwandertour hätte. “Buch einen Flug und um den Rest kümmere ich mich”, war seine Antwort.
Nun war es soweit. Zwei Tage vorher noch schnell ein paar neue Wanderschuhe gekauft. Möglichst knapp vor der Tour, damit ich sie auf gar keinen Fall einlaufen kann. Soll man angeblich so machen. Nun gut, der Thomas wird das schon moderat angehen und ausserdem kommt seine Freundin auch mit. Alles easy also, Familienausflug. Das Ziel war der Fronalpstock, ein lächerlicher Berg von 1922 m. Da wir an einem Parkplatz bei 800 m starteten konnte es ja alles nicht so schlimm werden. Ich konnte das Bierchen auf dem Gipfel schon riechen. Zuvor wurde noch ein Post auf Facebook abgesetzt, in dem wir zu einem spontanen Meet & Greet auf dem Berg aufriefen. Es wurden Wetten abgeschlossen, ob und wenn ja wie viele unserer treuen Follower kommen würden.
Die Sonne schien und der Flachländler hatte sich natürlich gut mit Sonnenschutzfaktor 50 eingeschmiert. Die erste Etappe führte uns durch ein Waldstück. Es ging stetig Bergauf und nach gefühlten 50 m pumpte bereits mein Herz. Verdammt, das kann doch nicht sein. Jetzt schon aus der Puste? Langsam gehen und einteilen war die Devise. Meter um Meter kraxelten wir den Bergweg hoch und an einigen Stellen konnte man den Blick erahnen, der uns erwarten würde. Es war gigantisch, so viel Natur auf einem Haufen war für mich einfach atemberaubend. Dazu weit und breit keine Menschenseele.
Irgendwann wechselten die Wegmarkierungen von Rot/Weiß auf Blau/Weiß. Ein Zeichen dafür, dass es nun etwas steiler und unwegsamer werden würde. Meine Schuhe spielten problemlos mit. Da hatte der Anfänger doch mal Glück gehabt. Mit vielen Pausen, die zum Fotografieren und Verweilen einluden, näherten wir uns unaufhaltsam dem Ziel. Oh mein Gott, ich blickte nach oben. Es wurde immer steiler und ich fragte mich, wie ich diese Felswand nur hinauf kommen sollte. Vergeblich suchte ich nach einer in den Fels gehauenen Treppe. Fehlanzeige. Irgendwann musste ich die Hände zu Hilfe nehmen, um weiter nach oben zu kommen. Sollte der Thomas da etwas falsch verstanden haben? An einem der steilsten Stücke entdeckte ich dann eine Gämse. Wow, so ein Tier in freier Wildbahn ist schon spannend. Sie fand uns anscheinend mindestens genauso spannend und lachte uns aus sicherer Entfernung aus.
Der Schweiß lief mir ins Gesicht. Meine Klamotten waren komplett durchgeschwitzt. Aber irgendwie schien mir die Kletterei besser zu liegen, als das stete Bergauf laufen. Ich war ganz gut drin. Immer wieder legten wir kleine Stops ein, um durchzuatmen und die Aussicht zu geniessen. Atemberaubend! Sowas schönes mit eigenen Augen zu sehen ist etwas ganz besonderes. Ich schoß Foto um Foto im Wissen, dass es schwer sein wird diesen Eindruck einzufangen. Irgendwann hatten wir den vermeintlichen Gipfel erreicht. Die Markierungen wechselten wieder auf rot/weiß und plötzlich wurden wir mit Namen begrüßt. Ich fasse es nicht. Da ist tatsächlich jemand unserem Aufruf gefolgt. Ebenfalls ein Thomas und in der Gegend beheimatet. Wow, wie cool ist das denn. Dazu den Rucksack voller Leckereien und sechs Dosen Bier. Mein Held.
Der Gipfel war in Sichtweite und wir mussten nur noch über ein paar Wiesen. Aber dieser letzte Part gab mir den Rest. Innerlich hatte ich den Gipfel schon erklommen und musste nun noch ein mehr oder weniger leichtes Reststück erklimmen. Das war dann doch etwas viel und ich pfiff aus dem letzten Loch. Aber egal, das Glücksgefühl machte sich breit. Es geschafft zu haben war ein geiles Gefühl.
Den Abend liessen wir mit einem rustikalen Grillfest ausklingen. Kohle und Würste hatten wir mit auf den Berg geschleppt und diese mussten nun bei einem leckeren Bier dran glauben. Dazu ein genialer Ausblick und ein ganz passabler Sonnenuntergang. Aber so richtig viel konnte man an dem Abend nicht mehr mit mir anfangen. Die Nacht verbrachten wir in einem kuscheligen Vierbettzimmer mit Etagenbetten und Ziegen (ja, mit Glöckchen um den Hals) vor dem Fenster. Am nächsten morgen ging es dann mit der Seilbahn runter. Dank Antjes Schuhe, deren Sohle sich gelöst hatte, musste ich keine Ausrede finden, warum ich nicht runter laufen wollte 😉
Wer aus einer Bergregion kommt oder regelmäßig wandert, wird wahrscheinlich schmunzeln. Für mich war es aber ein endgeiles Erlebnis. Natur pur, geniale Sicht und das persönliche Erfolgserlebnis den Berg bezwungen zu haben. Diesen Tag werde ich so schnell nicht vergessen.
Die Fotos haben Antje, Thomas und ich gemacht. Ich habe nicht jedes einzelne mit Credits versehen. Es war ein Gemeinschaftserlebnis, da ist es vollkommen egal, wer welches Foto gemacht hat. Es sind auch zum größten Teil mehr Erinnerungsfotos, statt künstlerische Meisterwerke. In dem Fall finde ich aber gerade die Erinnerungsbilder, wo wir selbst drauf sind, am wichtigsten.
WOW , Respekt Paddy, kannste schon stolz drauf sein!! Klasse Leistung.
LG Ronald
Hallo Paddy, als regelmässiger Leser deines Blogs und vor allem auch deiner Youtube-Videos gratuliere ich dir zu dieser hammermässigen Bergtour. Du hast mit das schönste ausgewählt was die Aussicht betrifft. Und das quasi vor meiner Haustür mit meinem Wohnort auf vielen Bildern drauf. Wenn ich deine Bilder anschaue, muss ich einmal mehr feststellen, dass wir (ich) in einer ganz schönen Gegend wohne. Deine Bilder beweisen das. Nun wünsche ich dir ganz gute Erholung und wir hätten da noch viel mehr zu bieten.…
lg Beat
Leider sieht man auf den Fotos die Sherpas und Sherpanis für die Trägerdienste nicht, oder haben die “feinen” Großstadtjungs neben Leica und Olympus alles selbst getragen?
Gefällt und war lustig zu lesen…
Und glaub ich kenn mich mit Wandern aus… 😉
Lg Martin
Hallo Paddy,
sehr schöner Bericht und ich freue mich, Dass Du einmal das Erlebnis einer kleinen Bergwanderung als Flachländer geniessen (oder besser erleben) konntest.
Fast egal wie der Weg nach oben ist, irgendwie geht das Herz auf, wenn man so über die Landschaft schauen kann. Immer wieder faszinierend.
Wieder einmal ein sehr schöner ich offener Bericht. ich wünsche Dir noch ganz viele schöne Bergtouren (schon mal an Schneeschuhwandern gedacht ?)
Liebe Grüsse
Armin
Respekt Paddy! Sieht auch atemberaubend (haha) aus! Sowas sollte man auch als Flachländler ab und an mal machen, denn man ist wohl nirgendwo so sehr eins mit der Natur, als auf dem Gipfel eines Berges, den man mit eigener Kraft erklommen hat. Daumen hoch!
Hallo Paddy,
das sieht nach ner schönen Wanderung aus. Hab ich letztes Jahr auch mit der Familie gemacht. Jedoch hatte ich mich nicht eingecremt! 🙂
Damals habe ich tatsächlich eine meiner Spiegelreflexkameras den Berg hoch geschleppt. Die Bilder waren toll, vermitteln aber wie auch Du schreibst nur einen geringen Teil der Tatsächlichen tollen Aussicht und des Eindrucks.
Tolle Fotos. Ein Portrait mit den Schweißperlen auf der Stirn hätte noch gefehlt.
Grüße
Jens
Bin beim Lesen schmunzelnd ein Stück des Weges mitgelaufen und hab mich so vor Arbeitsbeginn nochmal etwas heruntergefahren. 😉
Thank’s a lot!
Servus,
Da darf man erstmal gratulieren…
Herzlichen Glückwunsch zu deinem erfolgreich Aufstieg!
By the way - Schöner Artikel, gefällt mir sehr gut!
LG aus Oberbayern
Moin. Also das Beweisfoto mit der Gems ist der Knaller. Zum Greifen nah…haha. Aber ich kenn das Gefühl, wenn man kaputt aber mit göttlichem Stolz da oben ankommt. Gut gemacht! Und der Spass ist euch anzusehen…zumindest dem Thomas;)
Gruss aus Köln. Claudi
Sehr schön geschrieben!
Ich habe mehrfach geschmunzelt.
Gruß Jürgen
Gut gemacht 🙂
Ich bin ein Schönwetter Wanderer und kenne daher auch nur die schönen Seite der Berge 🙂
Hey Paddy!
schön, dass du dich entschieden hast, mal so etwas zu unternehemen! Dann allerdings für die lächerliche Strecke das Flugzeug zu nehmen, gerade um Natur zu erleben, die man damit gefährdet, ist schon fragwürdig 😉
Sehe ich genauso! Schöner Bericht, Natur ist aber mehr als nur eine schöne Kulisse.
Ja die Schweizer Berge…wenn auf einem Schild steht Gipfel 2 1/2 Stunden war mir immer klar das ich mindestens 5 Stunden brauche. Den Eidgenossen sagt man ja immer eine gewisse Langsamkeit nach aber sobald es Bergauf geht schaltet der Doppel (Twin) Turbo sich dazu. Respekt!
Bi Paddy,
am besten finde ich immer deinen Humor und die Selbstironie.
Viele Grüße
Bernd Gantert
Respekt! Als Flachlandtiroler nicht schlecht *duckundweg* Aber nicht, dass Du jetzt noch zum Gipfelstürmer wirst 🙂
flosen
Es war so schlimm, dass Du Deine Leica an den Nagel gehängt hattest? 😉
Schöner Beitrag. – Danke!
Hallo Paddy, toller Bericht mit Schmackus. Aber man merkt schon, dass du eher zu den Wenigwanderern gehörst 🙂 Das mit den Wanderschuhe einlaufen ist übrigens der größte Blödsinn, da ist nix mit Einlaufen. Und so ein 2.000-Meter-Berg ist für einen Flachhändler schon ganz schön doll. Ich schätze mal, dir würde schon unser Harzer Brocken reichen. Der ist “nur” 1.141 m hoch. Trotzdem: ein toller Bericht. Schön geschrieben. Und die Fotos sind auch super. Mit gefällt das Schwarz-Bild, wo einer von euch mit ausgestreckten Armen vor der Bergkulisse steht. Ich schätze, ich werde ab sofort öfters mal reinschauen 🙂
Da bekommt man richtig Lust direkt ins Auto zu steigen und ebenfalls eine Wandertour zu starten! Vielen Dank für die tolle Inspiration! 🙂