Namibia Reisebericht Teil 3 - Ein Tag im Busch

Nach­dem wir den Eto­sha Natio­nal­park durch­quert hat­ten, ging es in Rich­tung Osten. Das Ziel hieß Tsu­mkwe, eine win­zi­ge Ort­schaft nahe der Gren­ze zu Bots­wa­na. Bevor wir dort anka­men, muss­ten wir aber noch eine lan­ge und mono­to­ne Schot­ter­pis­te hin­ter uns brin­gen. Über 200 km fuh­ren wir und tra­fen dabei kaum ein ande­res Auto. Ich glau­be es war kei­ne Hand­voll. Hier möch­te man wirk­lich nicht lie­gen­blei­ben. Man sag­te uns, dass es mehr oder weni­ger Pflicht sei anzu­hal­ten, wenn man ein Auto mit Pan­ne trifft. Dafür gibt es kei­ne Pro­ble­me mit Stau.

Sol­che Esel­ge­span­ne trifft man eher als Autos

Die Lodge war recht ein­fach, der Pool sah eher aus wie ein Tüm­pel und alles in allem war die Anla­ge wirk­lich nicht sehr ein­la­dend. Aber die Men­schen waren auch hier wie­der sehr nett und es gab gekühl­tes Bier. WLan gab es eben­falls nicht. Dar­auf muss man sich in Nami­bia ein­stel­len. Manch­mal hat man wel­ches und dann tage­lang wie­der nicht. Hier drau­ßen muss man sich gut selbst beschäf­ti­gen kön­nen und die Ruhe mögen.

Ein­fahrt zur Lodge in Tsumkwe
Auch wenn die Lodge ein­fach war, so waren die Men­schen umso herzlicher
Küh­les Bier darf nicht fehlen
WLan? Fehl­an­zei­ge.

Was treibt einen so weit in den Osten Nami­bi­as? Hier waren weit und breit kei­ne ande­ren Tou­ris­ten. Wir hat­ten auch die­se Lodge wie­der ganz für uns allei­ne. Wenn so gar kei­ne ande­ren Gäs­te da sind, macht man sich Gedan­ken. Wer­den die hier alle ver­schleppt, ist das Essen so schlecht oder das Ziel ein­fach nur zu weit ab vom Schuss? Ich hoff­te auf Letz­te­res, denn schließ­lich such­ten wir ja ein klei­nes biss­chen Aben­teu­er abseits des Massentourimus.

Wir waren nach Tsu­mkwe gekom­men, um hier die Ju/‘Hoansi San, ein Volk von Busch­leu­ten, zu besu­chen. Heu­te kann man in sog. Living Muse­ums auf die Busch­leu­te tref­fen und sie und ihr Leben ken­nen­ler­nen. Die Ein­rich­tung die­ser Living Muse­ums dient dazu die Tra­di­tio­nen auf­recht zu hal­ten und wei­ter zu ver­er­ben. Natür­lich ist es auch eine Ein­nah­me­quel­le, denn Besu­cher bezah­len dafür, mit den Busch­leu­ten einen Tag zu ver­brin­gen. Ich war anfangs sehr skep­tisch und woll­te eigent­lich nicht zu so einem Living Muse­um. Schließ­lich woll­te ich das ech­te Leben ken­nen­ler­nen und nicht ein Thea­ter, das mir als Tou­rist vor­ge­spielt wird. Aller­dings leben die Ju/‘Hoansi San heu­te nicht mehr so, wie noch zur Kolo­ni­al­zeit. Das ursprüng­li­che Busch­le­ben, wie ich es mir vor­stell­te, gibt es so nicht mehr. Also ließ ich mich ein­fach dar­auf ein. Wir ver­brach­ten einen Tag mit den Buschleuten.

Schlei­fen der Speere
Pfeil­spit­zen wer­den scharf geschliffen
Pfei­le für die Jagd

Als wir das Dorf betra­ten, saßen die Bewoh­ner um ein klei­nes Feu­er her­um und berei­te­ten ihre Waf­fen vor. Speer­spit­zen und Pfei­le wur­den geschlif­fen, Holz­bö­gen erhitzt und gebo­gen. Von unse­rem Gui­de wur­den wir vor­ge­stellt und sogleich in das Leben ein­be­zo­gen. Es dau­er­te nur weni­ge Minu­ten und ich fühl­te mich mit­ten­drin. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on war nicht ein­fach, mehr mit Hän­den und Füßen. Beson­ders die Män­ner ver­such­ten uns aber das ein oder ande­re zu erklä­ren, was dann auch mehr schlecht als recht irgend­wie ging. Aber es war alles sehr freund­lich und ich fühl­te mich von Anfang an wohl bei die­sen Menschen.

Holz wird erhitzt, um es zu biegen
Ein paar der typi­schen Stroh­hüt­ten im Dorf der Buschleute
Die Frau­en küm­mern sich in ers­ter Linie um die Kinder
Klei­ner Jun­ge der Ju/‘Hoansi San
Auf geht’s
Die Kids haben sicht­lich Spaß foto­gra­fiert zu werden

Nach etwa einer hal­ben Stun­de pack­ten die Busch­leu­te ihre Sachen zusam­men. Wir bra­chen auf zu einer Busch­wan­de­rung bei der sie uns zei­gen woll­ten was man im Busch alles zum Über­le­ben fin­det. Män­ner, Frau­en und Kin­der mach­ten sich gemein­sam mit uns auf den Weg. Es waren deut­lich über 40°C und kaum ein Wind­hauch weh­te. Vor uns lag eine Wan­de­rung von zwei Stun­den in der knal­li­gen Son­ne. Ich leg­te noch ein­mal Son­nen­schutz­fak­tor 50 auf, klapp­te mei­nen Hemd­kra­gen hoch und zog mei­nen Hut in den Nacken, in der Hoff­nung mich irgend­wie vor der tota­len Ver­bren­nung schüt­zen zu kön­nen. Den Busch­leu­ten mach­te das natür­lich gar nichts, aber für uns war das schon eine Herausforderung.

Auf zur Buschwanderung
Auch beim Bee­ren­sam­meln sind die Kids immer dabei
Lecker? Ich habe nicht probiert 😉
Busch­bee­ren

Wir fan­den Bee­ren an ver­schie­de­nen Sträu­chern und gru­ben Wur­zeln aus. Man­che Pflan­zen dien­ten als Medi­zin, z.B. gegen Kopf­schmer­zen. Immer wie­der gab es Erklä­run­gen zu den gefun­de­nen Din­gen. Obwohl ich nicht alles ver­stand, konn­te man sich anhand der bild­li­chen Mimik der Busch­leu­te in etwa vor­stel­len, was man mit dem Gefun­de­nen anstel­len konn­te. Im Grun­de ging es aber bei so ziem­lich allem um die Nahrungssuche.

Die Pflan­ze wickelt man sich um die Stirn gegen Kopfschmerzen
Die­se Frucht spuckt man aus, nach­dem sie aus­ge­lutscht ist, was uns pla­ka­tiv demons­triert wurde.
Päu­schen
Trin­ken aus der Buschmannwurzel

Nach etwa zwei Stun­den Wan­de­rung erreich­ten wir unser Ziel. Ein paar Bäu­me spen­de­ten hier Schat­ten für eine klei­ne Pau­se. Aus einer gro­ßen Wur­zel gewan­nen die Busch­män­ner eine wei­ße Flüs­sig­keit, die ihnen als Was­se­r­er­satz dien­te. Dann wur­de Feu­er gemacht. Wie oft hat­te ich als Kind ver­sucht selbst von Hand mit nur ein paar Stö­ckern Feu­er zu machen. Nie hat­te es geklappt. Nun soll­te es so weit sein. Im Grun­de ist es gar nicht so schwie­rig, wenn man die Stö­cker ein klein wenig vor­be­rei­tet, dann schnell genug dreht und rich­tig tro­cke­nes und leicht erzünd­li­ches Mate­ri­al auf die ers­te Glut legt. Ich habe Feu­er gemacht! Was für ein sau­gu­tes Gefühl. Das war Aben­teu­er pur für mich.

Feu­er machen mit ver­ein­ten Kräften
Die rich­ti­ge Vor­be­rei­tung der Stö­cker macht den Unterschied

Eine gro­ße Fra­ge stell­te sich mir. Müs­sen wir den gan­zen Weg nun zurück lau­fen? Oha. Offen­sicht­lich war man aber auf wenig trai­nier­te dick­bäu­chi­ge Tou­ris­ten ein­ge­stellt. Unser Gui­de kam mit dem Auto und hol­te uns zum Lunch ab. Irgend­wie ein wenig scha­de. Ich hät­te ger­ne die Her­aus­for­de­rung ange­nom­men. Aber wahr­schein­lich unterm Strich die bes­se­re Lösung, denn wir hat­ten noch eini­ges vor.

Alle Plät­ze im Auto sind mehr­fach belegt, als wir wei­ter fahren

Nach unse­rer Mit­tags­pau­se mach­ten wir uns mit dem Auto auf. Etwa eine Stun­de dau­ert die fahrt. Wohin genau kann ich im Nach­hin­ein gar nicht mehr sagen. Wir fuh­ren direkt in den Busch, hier gab es kei­ne Stra­ßen, ledig­lich die ein oder ande­re Rei­fen­spur, der wir folg­ten. Hät­te man mich hier aus­ge­setzt, wäre ich wohl ver­lo­ren gewe­sen. Wir jagen Sta­chel­schwei­ne gab uns der Gui­de zu ver­ste­hen. Ah ja, Sta­chel­schwei­ne. OK. Nach­dem wir wie­der eine gan­ze Wei­le gewan­dert waren, kamen wir zu eini­gen Sand­kuh­len, in denen sich Löcher befan­den. Die Bau­ten der Sta­chel­schwei­ne. Kur­ze Zeit spä­ter war der ers­te Busch­mann dar­in verschwunden.

Auf zur Stachelschweinjagd
In die­sen Sand­kuh­len befin­den sich die Bau­ten der Stachelschweine
Ich wür­de wohl nicht rein passen

Kopf­über tauch­te auch Nr. 2 in den Bau ab. Nichts pas­sier­te. Etwa 20 Minu­ten war­te­ten wir, bis sich end­lich etwas tat und die bei­den Busch­leu­te wie­der aus dem Loch kamen. Die­se Gän­ge müs­sen ganz schön tief sein. Heu­te war aber kein Sta­chel­schwein zu Hau­se. Ich frag­te mich auch, was pas­siert, wenn sie denn eins am Ende des Gan­ges fin­den und die­ses dann unbe­dingt an ihnen vor­bei zum Aus­gang möch­te. Ein paar Sta­cheln lagen her­um und ich sage Euch, die sind ganz schön spitz und sta­bil. Ich möch­te nicht in so einem Bau ste­cken, wenn sich ein Sta­chel­schwein an mir vor­bei quetscht.

Gesam­mel­te Stachelschweinstacheln
Erst mal hinsetzen

Die Buschh­leu­te haben die Ruhe weg. Wäh­rend zwei für län­ge­re Zeit im Bau ver­schwun­den waren, saßen die ande­ren rum und ruh­ten sich aus. Zeit hat hier irgend­wie eine ande­re Dimen­si­on. Man macht ein­fach das, was gera­de so kommt. Und wenn man gera­de nichts macht, dann macht das auch nichts. Hier und da wird noch eine Wur­zel aus­ge­gra­ben und ein paar Sta­cheln gesam­melt, um dar­aus Schmuck her­zu­stel­len. Nach der erfolg­lo­sen Jagd ging es dann zurück ins Camp, wo wir noch eini­ge Schieß­übun­gen mit Pfeil und Bogen mach­ten, bevor wir den Tag mit gemein­sa­men Tanz und Gesang aus­klin­gen ließen.

Schieß­übun­gen mit Pfeil und Bogen. An mir sieht der Bogen so win­zig aus.
Die Pfei­le wer­den mit Gift getränkt
Gemein­sa­mes Sin­gen … lie­ber ohne mich
Um den Tanz kom­me ich nicht herum

So wahn­sin­nig viel zu schrei­ben gab es die­ses mal gar nicht. Es kommt mir rück­bli­ckend so vor, als wenn gar nichts auf­re­gen­des pas­siert ist. Aber genau das Gegen­teil ist der Fall. Die Busch­leu­te ein­fach einen Tag lang zu beglei­ten war zwar auf­grund der Hit­ze super anstren­gend, aber dann auch wie­der total ent­span­nend. Es ging alles so beschau­lich und har­mo­nisch zu. Foto­gra­fisch kam ich voll auf mei­ne Kos­ten und hat­te am Ende des Tages so vie­le Fotos, dass ich damit allei­ne ein Maga­zin fül­len könn­te. Wie war das aber nun mit dem ver­meint­li­chen Thea­ter des Living Muse­ums? Nach kur­zer Zeit hat­te ich das voll­kom­men ver­ges­sen. Es war ein extrem authen­ti­sches Erleb­nis und ich hat­te zu kei­ner Zeit das Gefühl, dass die Leu­te uns etwas vor­spiel­ten. Wir waren aller­dings an dem Tag auch die ein­zi­gen Besu­cher, wodurch es uns wohl noch ein­mal ech­ter vor­kam, als wenn auch noch ande­re Besu­cher anwe­send gewe­sen wären. Ich den­ke, dass die Living Muse­ums eine super Ein­rich­tung sind, um die Tra­di­ti­on am Leben zu hal­ten und Besu­chern einen Ein­blick zu geben. Ohne die Living Muse­ums wür­de es das Leben der Busch­leu­te hier so nicht mehr geben.

Falls Ihr es noch nicht gese­hen habt, es gibt ein Maga­zin über mei­nen Nami­bia-Trip. Wenn Ihr Freu­de an gedruck­ten Bil­dern habt und wei­ter Geschich­ten lesen möch­tet, dann schaut es Euch doch ein­mal an.

Zum Abschluß noch ein Mini­vi­deo mit ein paar Ein­drü­cken aus dem Busch.

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3 Gedanken zu „Namibia Reisebericht Teil 3 - Ein Tag im Busch“

  1. Hi Pad­dy,
    vie­len Dank für den tol­len Bericht.
    Das weckt die tota­le Erin­ne­rung. 2013 hat­ten wir das gro­ße Glück, in ähn­li­cher Wei­se, ein paar Stun­den mit den San im Eron­go Gebiet ver­brin­gen zu dür­fen und waren total beein­druckt von die­sen Men­schen. Ein­fach irre fas­zi­nie­rend, wie sie uns inner­halb kur­zer Zeit in ihre (ver­meint­lich) stein­zeit­li­che Welt ver­set­zen kön­nen und wie­viel Wis­sen die­se Men­schen besit­zen von dem wir nicht ein­mal etwas ahnen. Für mich ein wirk­lich unver­gess­li­ches Erleb­nis und im Nach­hin­ein hat­te ich das Gefühl, dass ich ihnen dafür ger­ne ein paar Gast­ge­schen­ke mehr zurück­ge­ge­ben hätte.
    Grüße
    Frank

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