Ich bin der Meinung, dass man in anständige Optiken investieren sollte, denn davon hängt oft die Bildqualität eines Fotos ab. Ich weiß, dass auch gerne mit alten Optiken experimentiert wird, vor allem weil diese oft einen ganz eigenen Charme besitzen. Sie sind nicht immer die schärfsten, haben dafür aber auch gerne mal ein sehr eigenwilliges Bokeh. Ich war in der Vergangenheit dem Altglas weniger zugeneigt. Es schwingt immer unterschwellig der Gedanke mit, dass ich damit das Bild meines Lebens machen könnte und dann nur irgendwelche Matsche mit schönem Bokeh habe. Wenn da nicht immer das Problem wäre, dass ich zu gerne ausprobiere und rumspiele. So ereignete es sich, dass ich bei Andreas Jorns zu Gast war und er mir erzählte, dass er sich just ein altes Leica Summitar 50 mm f/2.0 ersteigert hatte, von dem er mir nun vorschwärmte. Plötzlich war dann doch der Wunsch da, mal mit alten Objektiven zu spielen. Bei Leica hat man den Vorteil, dass auch die ganz alten Teile tadellos funktionieren. Nun ja, um Autofokus muss man sich ja eh keine Gedanken bei der M machen 😉
Ich schlenderte zu meinem Leica Dealer Meister Camera in der Absicht dort meinen Kameragurt vorzustellen und sollte den Laden mit einem Packen alter 50 mm Scherben verlassen. Mein Spezie im Laden kramte etwas im Altglascontainer und gab mir ein Elmar f/3.5 von 1935, ein Summar f/2.0 von 1937, besagtes Summitar f/2.0 von 1951 und ein Jupiter f/2.0 von 1990 mit. Schöner Spielkram. Dazu gibt es dann auch noch als Dreingabe etwas Hintergrundinfo vom Herrn Bertram, der anscheinend jede alte Linse und ihre Geschichte kennt. Ich war sehr gespannt, wie sich die Dinger schlagen.
Letztendlich habe ich mich auf das Summar und das Summitar beschränkt. Vier Objektive waren doch etwas viel. Man muss ja auch ein paar Bilder machen und ständiges Wechseln bringt mich nur durcheinander. In den Exif-Daten sieht man nämlich leider nicht, welches Objektiv drauf war. Ich setzte beide Objektive bei ersten Testbildern auf einem Workshop ein und war sofort angetan. Natürlich musste Scampi als erstes Testobjekt herhalten, was schon fast Tradition bei neuen Objektiven ist. Da die Blende beim Summitar etwas klemmt, weiß ich auch mit Gewissheit, dass diese immer auf f/2.0 stand.
Beim Punkt Schärfe war ich mehr als überrascht. Mit etwas Nachschärfen in Capture One konnte das Ergebnis sich durchaus sehen lassen. Ich war fast schon etwas enttäuscht. Sollte die olle Gurke etwa besser sein als manch Neuware?
Hier kommen noch weitere Bilder, die ich mit dem Summitar gemacht habe. Ein paar davon auch in der unbearbeiteten Version.
Ich muss sagen, dass mich das Summitar sehr überrascht hat. Bedenkt man, dass das Teil von 1951 ist und an einem modernen Sensor mit relativ hoher Auflösung seinen Dienst tun muss, dann ist das echt gut. Dazu muss man sagen, dass man die Dinger für 200 € bis 400 € bekommt. Ohne weitere Bearbeitung sind die Bilder nicht ganz so knackig, aber da kann man ja was machen, wenn man möchte. Das Bokeh hat diesen ganz leichten Anfall von diesem Swirl-Bokeh, aber nicht ganz so extrem wie z.B. bei einem Petzval-Objektiv. Und am allercoolsten ist natürlich die Optik. Wenn ich mit dem Ding auf der nächsten Hochzeit auftauche, dann wird der ein oder andere bestimmt Augen machen. Zum Rand hin nimmt die Schärfe etwas ab, was für mich aber nicht ganz so relevant ist, da ich eh seltenwichtige Motivteile in den Ecken platziere.
Aber gehen wir doch noch einen Schritt zurück in der Entwicklung. Das Summar 50 mm f/2.0 war meines Wissens nach das erste 50 mm mit Blende 2.0, das Leica gebaut hat. Wie auch das Summitar hat es ein Schraubgewinde, so dass man an der M einen Adapter benötigt. Das Fokussieren über den Messsucher funktioniert aber auch hier einwandfrei. Schaut Euch einfach die Bilder an und urteilt selbst:
Nun ja, ich bin nicht derjenige, der Bilder bis ins kleinste Detail auf ihre technische Perfektion untersucht und beurteilen kann. Aber was ich auf den ersten Blick sehe, erstaunt mich. Warum verdammt noch mal gebe ich so viel Kohle für moderne Linsen aus? Angesichts des Alters von über 80 Jahren ist das eine reife Leistung. Dazu muss ich aber anmerken, dass beiden Linsen das Gegenlicht nicht besonders mögen. Da machen sich dann doch die Vergütungen neuerer Objektive bemerkbar. Aber ansonsten nicht so verkehrt. Wie oben angedeutet bin ich fast ein klein wenig enttäuscht, dass die Dinger so gut sind. Das Summar scheint dazu ein sehr ungeliebtes Kind zu sein und ist daher auch schon mal unter 200 € zu bekommen. Legt man 400 € hin, so kann evtl. noch eine Kamera hinten dran sein. Ich hoffe, dass sich das nach diesem Post nicht ändert 😉
Mir machen die beiden alten Linsen richtig Spaß. Mal sehen welche ich davon behalten werde. Am liebsten ja beide. Da muss ich mal mit meinem Verkäufer-Spezi schachern. Wenn Ihr in Hamburg seit, dann stattet Meister Camera ruhig mal einen Besuch ab. Die haben einiges an alten Schätzchen rumliegen und beraten Euch da auch gerne.
Falls Ihr mögt, schreibt auch gerne mal in die Kommentare Eure Erfahrungen mit alten Linsen rein. Ich bin hier ja auf Leica beschränkt, aber es gibt ja Möglichkeiten ohne Ende.
Sorry, großer Meister, aber was mich in diesem Beitrag viel mehr flashed, ist die Vorschau Vorher/Nachher. Deine Bilder haben mich immer schon beeindruckt (kein Geschleime) und ich würden jedem ein Portrait mit dir sofort empfehlen (hab ich auch schon). Doch wären fast alle der Originalbilder bei mir in der Tonne gelandet. Besonders krass das Foto mit der farbigen Schönheit. Ich muß da wohl meine Denke der Dunkelkammerarbeit am Rechner neu auf den Prüfstand stellen. Ist doch mein fertiges Foto zu großen Teil schon im Originalzustand fertig oder wird nur noch ein bissel aufgehellt oder kontrastet … und das wars. Egal wie, aber Danke für den Impuls.
Altglas liebe ich. Zum Sammeln einfach; schön über die Flohmärkte schlendern und hier und da ein Schnäppchen machen. An der spiegellosen Sony passt auch praktisch alles.
Habe mittlerweile um die 20 Linsen. Darunter auch ein paar Schätze wie Schneider-Kreuznach, Meyer-Görlitz und viel von Zeiss. Aber auch Vergrößerungslinsen, Russenlinsen, etc… Damit schon auf Arbeit fotografiert wie auch in der Freizeit z.B. ein Konzert.
Manuell fotografieren, also fokussieren und Blende einstellen, macht auch viel Spaß. Klar, kann man nicht überall und immer machen, aber selbst Sport funktioniert damit. Entschleunigt die Fotografie ungemein. Und von der Schärfe können manch aktuelle Linsen nicht mit Altglas mithalten. Nur gegen das Licht wird es oft flau; hier helfen Standard Gegenlichtblenden falls keine beim Objektiv dabei ist.
Bestes Schnäppchen war ein 55mm mit 1.2 Blende für 20 Euro bisher… Marktwert eher 250 Euro.
Ich muss gestehen, auch mich hat in den letzten Monaten ein wenig die Altglas-Sucht gepackt. Ich beschränke mich da zur Zeit auf die Objektive mit M42 Anschluss, die ich an meine Canon adaptiere. Dies ist sehr einfach, mit einem Adapter für wenige Euro möglich. Ich mag einfach die Haptik alter Objektive, man hat noch etwas in der Hand, was nicht nur aus Plastik besteht. Natürlich muss man hier und da recherchieren, ob die alten Optiken auch wirklich kompatibel sind, was das Auflagenmaß und damit die Fokussierung auf unendlich betrifft, aber zu dem meisten Optiken findet man eine Menge im Netz.
Für mich hat sich da außerdem ein weiterer Vorteil ergeben, ich fotografiere bewusster, durch das manuelle Fokussieren bin ich ruhiger, mache mir mehr Gedanken.
Moin!
An die neueren A Mount Sonys passen ja problemlos die alten Eisen von Minolta. So baut sich dann mein Fuhrpark vor allem mit dem 50mm 1.4 und dem 100mm Macro 2.8 und ich muss sagen, dass es sich nicht zwingend gelohnt hätte, auf die modernen Varianten von Sony zu setzen.
Grade das 50er lebt von seinem Charme und der Tatsache eben nicht ganz scharf zu sein. Dafür schmeißt die Optik ne ganze Portion magischen Feenstaub auf den Sensor (siehe: https://www.instagram.com/p/BSIy-pvDAF0/) und das gefällt mir außerordentlich. Das 100er dagegen ist was Schärfe und Zeichnung betrifft echt eine Bank und in nichts zu bemängeln. Nur, da stimme ich Dir zu, das mit dem Gegenlicht ist ein echtes Thema für die alten Optiken. Hat aber auch seinen Charme!
LG,
Stephan
Hallo Paddy,
wie immer ein sehr interessanter Post, obwohl ich “normaler” D750 Nutzer bin. Aber - und da muss ich Holger Reich zustimmen - am meisten bin ich dir für deine Vorher/Nachher Bilderschau dankbar. Ich bin diese “ach, du BEARBEITETST deine Bilder”-Diskussion sooo leid, dass ich meistens nur noch lakonisch auf derlei Fragen mit: “Alles out of cam, nur bisschen Kontraste.” antworte. Um so mehr erfreut es mich, auch bei dir als Profi mal den Vergleich zu sehen. Wie immer coole Bilder.
Danke dafür
Schön zu sehen, dass “Altglas” auch bei dir angekommen ist und sogar Begeisterung auslöst. Meine Erfahrungen Altglaserfahrungen habe ich in einem E-Book zusammengefasst, was bei Amazon für 7.99 Euro erhältlich ist: “Digital fotografieren mit alten Objektiven”. Selbstvertsändlich gibt es auch umfangreichen Blick ins Buch vorab.
Erst einmal dieses zu den Fotos :
die Farbfotos aus den Leicas( vor allen der M10) fallen mir immer wieder durch eine un-natuerliche Hautfarbe auf.. Rotbrauenlich ‚fast einen Roststich. Offensichtlich ist dem auch nicht per Nachbearbeitung bei zu kommen..
Aber nun zum Thema , Paddy:
Angeregt durch einige Deiner Artikel in denen Du von der Magie des manuellen Fokussieren (MF)schwaermst, wollte ich es wissen. Dieses habe ich erlebt :
MF bei digitalen CPU AF linsen bringt keinen Spass da der Fokusring einen zu leichten ( labberigen )
Gang hat. Ungenaue Sache.
Habe mir ein Objetiv aus den siebziger Jahren zugelegt : Nikor 50 mm f 1.2 AI-S .MF . Bin schnell damit
klar gekommen.Denn Nikon hat in seinen neuen Vollformat DSLR die Nutzung auch “antiker” Glaeser zu verwenden, vorgesehen..Die Schaerfeanzeige im Sucher erfolgt schnell und genau elektronisch und in den Displays wird sogar die eingestellte Blendenzahl angezeigt. Da die Kameras wie immer weiterhin den Bajonetverschluss auweisen passen die Linsen auch mechanisch.
Ich muss Dir recht geben . Auch ich bin nunmehr ins Schwaermen geraten. So sehr das der MIH-Virus mich zur Anschaffung weiteren AI-Prime Linsen ; 85 f2 u. einer 135 f2.8 gezwungen hat . Eine 180 f2.8 ist in Planung.
Was macht den Unterschied zum AF aus : Man erlebt das fotografieren Neu.Die Haptik .. (was immer das auch ist). Scheinbar wird der sensible ‚gebremste Gang der Blenderinge dieser( mechanisch hochpraezisen Linsenkoerper) ‚ueber den linken Daumen u. Zeigfinger an den sehen-Sinn weitergemeldet . Man fotografiert “sinniger”.
Zu den Abbildungseigeschaften: Die ” Alten “sind besser in der Schaerfe , der Farbwiedergabe und den Bokehs. Die kurzen Brennweiten weisen allerdings bei O-Blende etwas CA auf.
Ich besitze die gleichen Objektive als digitale CPU-AF Modelle und habe die jeweilgen Fotos als RAW Format mit einer RAW - Viewer SW ( RAW Digger ) verglichen. Da sieht man was die Linsen real auf den Sensor bringen : Die ” Neuen ” weisen in allen Blendenstufen von sich aus keine akzeptable Schaerfe auf .
Die Hersteller der neuen Generation stellen ( wohl auch aus Kostengruenden ) schon gar keine Objektive her, die ohne Nachbearbeitung mittels Illusations-SoftWare wie zB. Photoshop u. Konsorten, auskommen.
Das konnte diese sich im Zeitalter der analogen Fotografie nicht leisten Damals gab es keine Unsharp
Mask-Schieber.
Ich bin hier fotografisch viel in der freien Natur unterwegs ( Wild u. Landschaft) und benutze die MF-Glaeser allerdings fast nur fuer Portraits.
Gruss aus Asuncion Paraguay.
Uwe Stolten.
” Da haengt noch ein Mann im Mast ; is Uns Uwe “.
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Ich habe in den letzten Wochen drei ältere Objektive für die Leica verkauft (75/35er Canada Summiluxe und ein Canon 50/0.95 aus den 60er Jahren). Da sich meine Motive meistens spontan ergeben, waren die Objektive nicht dabei, wenn ich sie brauchte oder umgekehrt. Und dann blieben sie nur noch zu Hause und machten mir ein schlechtes Gewissen.
Für die Leica habe ich jetzt nur noch aktuelle Objektive und ein 30 Jahre altes 1er Noctilux, das bleibt.
Für den richtigen Swirl solltest Du mal das 50/1.5 Summarit ausprobieren, das hat der Meister regelmäßig im Angebot.
Es gibt inzwischen eine Menge an “Altglas”-Fans, die alle Möglichen Kombinationen ausprobieren und sogar selbst gebaute Adapterlösungen nutzen, um mit Objektiven zu fotografieren, mit denen es eigentlich gar nicht möglich ist. Ich selbst habe (seit etwa 2005) mit über 250 unterschiedlichen “alten” Objektiven an diversen digitalen Systemkameras (DSLRs, Spiegellose, Leica M…) fotografiert und dabei so manches Juwel entdeckt. Eine Liste würde hier aber definitiv den Rahmen sprengen.
Als sehr gute deutschsprachige Informationsquelle zu diesem Thema eignet sich übrigens der Digicamclub.de.
(Ach ja, bei Meister Camera habe ich auch schon einige Dinge gekauft. Die sind echt gut!)
Hallo Paddy,
finde das ganze auch sehr interessant. Ich kann da allerdings nicht zu 100% meinen Vorrednern zustimmen.
Gerade das Bild der blonden Schönheit mit dem Summitar finde ich in der unbearbeiteten Version viel viel schöner! Oder hast du da die beiden Bilder verwechselt?
Leica hat ähnlich wie Nikon den Vorteil das gerade ältere Objektive auch auf aktuellen Digitalkameras
weiterverwendet werden können.
Für mich bestärkt das nur wieder einmal den Anspruch dieser Marken professionelles Equipment zu liefern.
Das Canon, Sony, Fuji und andere die durch ihre Massenware den Markt dominieren haben mir nie imponiert.
Sehr schöner Artikel,
die alten Gläser haben einen gewissen Charme, der je nach Situation/Motiv einfach nicht zu schlagen ist.
Bei der Verwendung von alten Leica-Linsen kannst Du auch noch die 6Bit Kodierung verwenden, um die Kamera interne Korrektur zu nutzen. Eine Liste mit den Codes findest Du z. B. hier http://berndmargotte.com/technical/objektivcodierung_de.html.
VG
Detlef
Ich habe ein 3,5cm 3,5 Summitar M39 Bj. 50er Jahre von einen Bekannten geliehen bekommen.
Focus etwas schwergängig. Ich habe es in einer Fachwerkstätte reparieren lassen und mir einen Original Adapter dazu gekauft. Herr Redl meinte bei der Abholung das es sich um ein sehr gut erhaltenes Glas handelt und bei der Überprüfung der Linien (Gitter) auch sehr gut ist. SW Bilder und auch Farbe bin ich sehr zufrieden.
Bei Gegenlicht hat es natürlich schwächen. Ich verwende es an meiner 240 und mit Zonenfocus. Natürlich kommt es an den Rändern zu violetten Farben wenn ich es nicht als 35er einstelle. Im Vergleich zu meinen 35 2,5 VL Pancake ist es um ein vielfaches besser. Warum sollte ich da über 2T € für ein Cron ausgeben.…
Tipp ist das 7Artisans. LG Thomas
Moin Paddy,
ein toller Beitrag
Welche Linse hast du behalten?
VG
Kai
Hallo,
ich bin erst jetzt per Zufall auf diesen Beitrag gestoßen. Als großer Fan von analogen Objektiven hat mich dieser besonders interessiert und gefallen.
ich bin mehr im Billigsegment zu hause. Warum? Weil ich erst einmal Fotografieren lernen muss, denn bei teueren Optiken produziere ich nur teueren Ausschuss 🙂
LG Bernhard