Wenn über Brennweiten diskutiert wird, dann spricht man oft über Bildausschnitte, wie nah man an etwas heran kommt, die Schärfentiefe, die Bildkompression oder auch Verzerrungen. Was meiner Meinung nach oft vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass man mit der Brennweite den späteren Abstand des Betrachters bestimmt. Verwende ich 35 mm für ein Portrait, so muss ich mit der Kamera sehr nah an mein Model heran. Na klar kann es da zu Verzerrungen kommen, die nicht immer Vorteilhaft sind. Aber der spätere Betrachter des Fotos sieht, dass die Kamera nah am Geschehen war und nimmt quasi die Position der Kamera ein.
Je länger die Brennweite, umso leichter fällt die Freistellung. Mit 135 mm kann ich mein Motiv sehr schön vom Hintergrund trennen. Es fällt leicht eine geringe Schärfentiefe zu erzeugen und ich habe verhältnismäßig wenig Hintergrund auf dem Bild. Bei 24 mm hingegen, hat man schon verdammt viel Umgebung mit drauf. Spätestens dann muss man sich auch mal über Bildaufbau Gedanken machen, denn der Hintergrund wird zu einem wichtige Element des Bildes. Man erhält plötzlich viel mehr Kontext und es ist nicht mehr so egal, wo das Bild gemacht wurde. Bei 85 mm f/1.4 habe ich einen krassen Schärfeverlauf. Ich liebe das, wenn der Hintergrund so verschwimmt und dadurch der Fokus auf mein Model gerichtet wird.
Aber ebenso liebe ich es mit Weitwinkel zu arbeiten. Dann bekomme ich diese extreme Unschärfe nicht mehr so einfach hin, man wird unweigerlich die Location erkennen. Um hier eine geringe Schärfentiefe zu erzeugen, muss ich verdammt nah an mein Motiv heran gehen und das wird der Betrachter auch sehen. Solche Bilder haben oft mehr Emotion und Nähe. Na klar läuft man Gefahr, dass es lange Nasen gibt. Daher sollte man auch nicht zu sehr übertreiben. 24 mm ist nicht unbedingt die erste Wahl für ein Close Up. Dafür ist man mittendrin.
Denkt bei der Wahl der Brennweite mal nicht nur darüber nach, welchen Bildausschnitt Ihr haben möchtet, sondern auch wie nah der Betrachter später am Bild dran sein soll. Ich hatte schon mal einen Beitrag über Portraits mit 35 mm geschrieben, wo man die Nähe sehr gut sieht. Hier gibt es jetzt noch ein paar Bilder mit anderen Brennweiten, um mal ein wenig vergleichen zu können. Wer Geschichten erzählen möchte, ist meiner Meinung nach bei 24 und 35 mm besser aufgehoben. Die langen Brennweiten eignen sich dagegen besser, wenn man den Fokus uneingeschränkt aufs Motiv lenken möchte. Natürlich kann man sich auch Nähe durch Brennweite erkaufen. Grundsätzlich finde ich sehr eng geschnittene Bilder viel intensiver. Aber im direkten Vergleich bei identischer Abbildungsgröße des Vordergrunds, fühle ich mich bei kürzeren Brennweiten näher am Geschehen. Wie seht Ihr das?
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Wenns passt mag ich die kurzen Brennweiten sehr aber wie du schon sagst - da muss man sich dann auch ein paar mehr Gedanken zum Bildaufbau machen.
Vielen Dank für Ihren Bericht, sehr gut und einleuchtend erklärt! VG, Jürgen Lorei
Schöner Vergleich. Interessant wäre aber zu wissen, mit welcher Blende die Bilder gemacht wurden. Übrigens gefällt mit die Perspektive vom 35mm am besten.
Ich mag die langen Brennweiten mehr (zumindest zur Zeit).
Ich bin ein Fan von Reportage mit diesen. Ich fotografiere öfter Kinder, da ist es ganz gut finde ich, wenn ich etwas mehr Abstand habe. Die vergessen so schnell das man da ist, dass das Kinderlachen echt und nicht gestellt ist. Meiner Meinung nach wirken die dann natürlicher, dass mag ich einfach mehr.
Zur Zeit passen die kurzen Brennweiten nicht wirklich zu mir, ich verwende sie auch eher selten. Eigentlich traurig, weil ich den look echt mag. Mehr Gedanken machen ist ja nicht unbedingt schlecht 😉
Ich mag mein 35mm auch bei Portrais. Aber ja, es ist immer ein innerer Kampf. 35 / 50 / 85 oder 105. Und nein, ich möchte auf keines Verzichten, denn jedes hat seine Berechtigung. Meistens packe ich allerdings nur das 35er und das 85er ein.
ich finde alle Varianten haben was für sich. Die 24 er Serie zeigt, wie du schon schreibst mehr Umgebung was ja auch sehr reizvoll ist. Wenn ich auf die Person ausschließlich abfahre nehme ich auch automatisch mehr Brennweite um eben genau diesen Effekt zu erreichen wie du es zeigst.
Interessante Anordnung der Bilder machen es so doch sehr deutlich, danke dafür auch.
Schön zu sehen in deinem Bildervergleich, wie die einzelnen Brennweiten wirken. Es zeigt sich einmal mehr, dass es sich lohnt, sich die richtige Brennweite auszusuchen.
Sehr cool die Aufnahmen mit dem 24er…
Es kommt wie immer auf die Intention des Fotografen und die Bildaussage an:
Lange Brennweiten ästhetisieren, kurze Brennweiten dramatisieren.
Zunächst mal Lob für diesen Beitrag. Es freut mich, dass du nun auch hier in deinem Blog mit dem weit verbreiteten Vorurteil aufräumst, gute Portraits seien nur mit längeren Brennweiten möglich und/oder gut. Die Wahrheit ist, dass mit einem 200mm-Objektiv jeder Dilettant ein Gesicht gefällig und vom Hintergrund gelöst ablichten kann, aber eben auch um den Preis einer gewissen Verflachung, nicht nur der Gesichtszüge.
Weitwinkel sind da schon deutlich anspruchsvoller. Sie verlangen Aufmerksamkeit in der Komposition, für die Vorgänge im Hintergrund und Gespür für möglicherweise unvorteilhafte Verzerrungen bzw. deren Vermeidung.
Portraits, die sich also nicht nur auf enge Ausschnitte von Köpfen beschränken, die theoretisch überall entstanden sein können, sondern etwas zu erzählen vermögen, haben eine ganz andere Intensität und spielen oft - sofern sie gut gemacht sind, in einer anderen Liga. Deine Bildbeispiele zeigen das sehr anschaulich. Da sie aber auch mehr Fehler-und Frustpotential bieten, sind die kürzeren Brennweiten nicht bei allen Fotografen sonderlich beliebt. Vor allem nicht bei denen, die mit ihren Modellen - aus welchen Gründen auch immer - lieber aus 7 Meter Entfernung kommunizieren - oder gar nicht.
Toller Beitrag! Nur, es wäre interessant zu wissen mit welchen Objektiven die Fotos gemacht wurden, denn die “Bildanmutung” wird nicht nur durch die Brennweite und die Blende, sondern auch die konkrete “Rechnung” bestimmt. Beim 24mm weiß ich vom anderen Beitrag, dass es die neue FBW von Sigma ist. Wie sieht’s mit den anderen Brennweiten aus?
Hallo Felix,
unter Navigation, ”meine Fototasche” oben, findest du alle Objektive die Paddy nutzt. Hier Die Objektive:
Sigma 24mm F1,4 DG HSM,
Nikon AF-S 35mm 1,4G
Sigma 50mm F1,4 DG HSM,
Nikon AF-S 85mm 1,4G
Carl Zeiss 135mm 2 T APO Sonnar ZF 2.0
Ich hoffe ich konnte helfen.
Ich tendiere auch sehr zum 35er. Mir gefällt dieses intensive und sehr persönliche. Nur gibt es das neue Nikon AF-S 35mm 1.8g ED (FX, nicht das DX) das Nikon AF-S 35mm 1.4G und das Sigma 35mm 1.4 DG HSM. Hat jemand von euch Erfahrungen sammeln können? (abgesehen von den unterschiedlichen Preisen) Nutzen würde ich das Glas auf der Nikon D750. Vielleicht hat jemand Erfahrungen gemacht?
Grüße aus NRW
Ich fühle mich mit ner längeren brennweite dafür etwas mehr abstand wohler. mit 35 mm “in your face” zu fotografieren, da muss dann schon ein vertrauensverhältnis da sein…
Vielen Dank für diesen Artikel. Mit Festbrennweiten habe ich mich bisher wenig beschäftigt. Bisher bin ich im Portrait-Bereich mit meinem 50mm Objektiv immer gut ausgekommen. Teilweise habe ich das 24-105mm f4 eingesetzt. Der Artikel verschafft mir einen tollen Überblick über die Abbildungsmöglichkeiten anderer Objektive.
Lars
Servus,
ich hätte mir gewünscht, dass gleiche Photos mit unterschiedlichen Brennweiten und Freistellungen sehen zu können. Ich persönlich nutze das 35mm 2.0 für die Streetphotos mit mehr Hintergrund und das 85mm, 1.8, wenn es mir um die Personen direkt geht und ich den Blick fokusieren möchte. Das werde ich aber jetzt auch mal mit dem 35er ausprobieren.
Gute Anregung, Danke.
Die Bilder sind alle aus echten Shootings. Da mache ich keine Vergleichsfotos mit unterschiedlichen Brennweiten. Das hätte zu viel Laborcharakter für mich.
Danke für den tollen Beitrag.
Super! Vielen Dank für den Tipp. Da werde ich mich mal daran versuchen… 😉
Wow, was für ein klasse Beitrag. Meine (neue) Kamera beherrsch ich noch nicht so wirklich. Dank Gunthers Erfahrungserichten hab ich mir (nach analog und bridge) ein Vollformatspielgelteil angeschafft, was alles bietet, was ich brauche, und die Objektive - so nach und nach für das, was ich will. Durch die bridge war ich aber schon gut vorbereitet…
Deine Bilderserie hat mir sehr gut gefallen, vor allem, dass sich in den Bereich bis 24 mm Portraits machen lassen. Ich komm von dem Theorie-gedöhne daher wieder runter (Verzeichnung bei Portraits unter 85 mm etc.) und mache nur noch was ich kann: eine Idee, sie im Sucher finden und “shot” (wie in den guten alten anaolog-Zeiten). Danke dafür !