Landläufig herrscht ja bei Menschen, die sich nicht intensiv mit der Fotografie beschäftigen, die Meinung, Schnappschüsse wären die besten Fotos. Da höre ich auf der letzten Hochzeit den Papa dem Sohnemann ins Ohr flüstern: “Du musst dann abdrücken, wenn sie es nicht merken”. In den meisten Fällen ist das Ergebnis eher schlecht, denn unbemerkt zu fotografieren bedeutet nicht, dass man wild aus der Hüfte drauf los knipsen soll. Die unbemerkte Fotografie ist eine Kunst für sich. Menschen so abzulichten, dass sie sich völlig unbemerkt und frei bewegen und ihre schönsten Emotionen zeigen. Das ist aber Arbeit und nur selten erreicht man durch sog. Schnappschüsse gute Ergebnisse.
Der eigentliche Punkt ist aber nicht die Frage ob nun Schnappschüsse gut oder schlecht sind, sondern was teilweise durch diese Art von Fotos angerichtet wird. Tagtäglich treffe ich auf Menschen, die nicht gerne fotografiert werden. Kennt Ihr das? Man hat manchmal als Fotograf das Gefühl übermässig zu stinken, da einem die Leute immer bereitwillig Platz machen, wenn man mit der Kamera auf sie zuläuft. Spricht man diese Leute an, kommt meistens ein Spruch wie: “ich sehe auf Fotos immer scheiße aus” oder “da platzt doch die Linse”. Woher kommt das wohl? Diese Leute wurden bisher nie richtig fotografiert und haben sich auch nie die Zeit genommen sich fotografieren zu lassen. Sie kennen sich nur von diesen Schnappschüssen. Zudem besteht ihrerseits wenig Bereitschaft an dem Bild mitzuwirken.
Ein gutes Foto ist kein Zufall
Das ist dann der Einsatz für mich, yeah, eine Herausforderung. Ich soll diesen Frosch zu einem Schwan machen. Und was denkt Ihr? In 99% der Fälle gelingt das, denn jeder Mensch ist fotogen. Fotogen sein bedeutet nicht Model zu sein. Als Fotograf ist es meine Aufgabe diesen Menschen möglichst vorteilhaft darzustellen und das schaffe ich nicht mit einem Schnappschuss. Ein gutes Foto muss man sich erarbeiten. Eine Baustelle ist die Mimik, denn viele Menschen gucken verkrampft oder ziehen diesen komischen Cheese-Mund wenn sie ein Objektiv sehen. Das gilt es zu entkrampfen. Jeder Fotograf hat da sicherlich seine eigenen kleinen Rezepte das hinzubekommen. Ich versuche immer mit den Leuten zu reden, sie abzulenken oder zum lachen zu bringen. Das Posing ist eine weitere Baustelle und ein Foto zeigt gnadenlos jede Körperrundung. Hier gilt es natürliche Bewegungsabläufe zu erreichen und vor allem viel zu probieren. Was bei dem einen funktioniert sieht beim nächsten furchtbar aus.
Man könnte Bände darüber schreiben wie man mit Menschen umgehen kann, um bessere Fotos zu machen. Wichtig ist aber, dass es funktioniert. Jeder (ausser mir) ist fotogen und von jedem Menschen kann man Fotos machen, die er oder sie selbst auch mag. Das muss man sich aber erarbeiten. Also liebe Leute, die Ihr demnächst fotografiert werdet: Gebt dem Fotografen eine Chance und lasst Euch drauf ein. Macht einfach mit, es macht Spaß.
Und für jeden Fotografen ist es eine super Übung sich selbst mal fotografieren zu lassen.
Dann werde ich demnächst mal ein Foto von dir machen.…:-)
Übrigens hast du mit deiner Aussage völlig recht!
Neeiiiiiin, da platzt doch die Linse 😉
Ich betreibe die Fotografie als Hobby. Mit einem kleinen Studio und Shootings zum Selbstkostenpreis für Freunde, Bekannte und sonstige Interessierte. Es ist in der Tat erstaunlich, wie viele Modelle sich für nicht fotogen halten. Kein Wunder, wenn man sich nur von Schnappschüssen auf der Busreise nach Mallorca kennt 🙂
Die Kommunikation ist das A und O. Ich beziehe die Modelle von Anfang an mit ein und zeige ihnen auf, was wie wirkt. Als “Eisbrecher” nutze ich ab und zu in den Vorgesprächen ein kleines Fotoalbum, bei denen es jeweils einen Schnappschuss und drei finale Portrait-Fotos gibt. Kaum einer erkennt, dass auf diesen drei Bildern, ein und die selbe Person abgebildet ist. Damit schaffe ich von Anfang an ein Vertrauen darin, dass ich weiß, wie das Modell in Szene zu setzen ist.
Die Aussage ist mir zu absolut, denn ein gutes Foto kann trotzdem Zufall sein und der Schnappschuss ist nicht zu verachten.
Es kommt doch sehr stark auf das Genre an - sprechen wir über die Portrait- / Hochzeitsfotografie o.ä. mag das zu 99,x% stimmen. Sprechen wir über das gerade ach so populäre Thema Street sieht das meiner Meinung nach schon anders aus…
Dann bist du wohl der 1 %, der NICHT fotogen sein sein “will”!? 😉
Vielen Dank für diesen Beitrag…Ich ziehe ja die Methode vor, mich kurz mit vor die Kamera zu stellen, das lockert die Beziehung zwischen Model und Kamera enorm. Einfach paar blöde Fratzen gezogen, gemeinsam drüber gelacht und schon geht´s los =)
Das habe ich nicht behauptet - ich bin so oder so fotogen. Sicherlich erwarte ich von bezahlter Fotografie eine bestimmte Qualität, die unterstellt, dass der Fotografierende im Regelfall weiss was er tut und keine Schnappschüsse macht. Im Artikel wurde aber nicht klar, dass die Aussage sich grundsätzlich auf eine bestimmte Art der Fotografie beschränkt.
Per se zu sagen, der Schnappschuss taugt nicht, ist nicht richtig. Ein gutes Foto “kann” Zufall sein.
@boris: Nicht du, sondern der Autor des Beitrages war gemeint! ;D
alles klar;)
Jeder (außer Dir) - herrlich!!!
Und Du sprichst mir so was von aus der Seele …
Ein Problem ist meines Erachtens häufig auch, das viele Menschen ein völlig unrealistisches Bild von sich selbst haben. Ein gutes, vorteilhaftes Foto, dass dem Fotografen und so ziemlich jeder anderen Person gefällt, wird von der fotografierten Person abgelehnt, weil sie von sich selbst eine völlig andere Wahrnehmung hat. Unser Gehirn ist schließlich ziemlich perfekt darin, uns zu bescheißen und Aspekte der Realität zu verbiegen, ohne das wir das merken.
Ich empfehle dazu das Buch “Ins Glück stolpern”. Der furchtbare Titel klingt nach esoterischen Lebenshilfe-Gesülze. Es ist aber ein für Laien verständliches, launig geschriebenes aber trotzdem eher wissenschaftliches Psychologiesbuch des Harvard-Professors Daniel Gilbert.
Also für mich kommen bei Schnappschüssen oft die besten Bilder raus. Ich Fotografier noch nicht sonderlich lange und oft macht man irgend etwas “falsch” und dabei kommen die interessantesten Bilder raus. Absicht? Keineswegs:)
Schuss aus der Hüfte um die Belichtung zum testen und auf einmal genau der richtige Moment mit super Perspektive…
Das faszinierende ist aber auch, dass viele Leute irgendwie der Meinung sind, dass es nur zwei Arten gibt Privatpersonen zu fotografieren, entweder Schnappschüsse oder in die Kamera grinsen. Echt schade, vor allem auch weil genau diese Bilder dann meistens auf Parties entstehen und dann sehen die Leute nur bedingt vorteilhaft aus so mit diesen leicht alkoholbedingt glasigen Augen 😉
Echt schade. Daher gebe ich dir voll recht: Es macht meistens mehr Sinn was zu erarbeiten, mit dem Model zu reden, sich Zeit zu lassen und das Motiv zu perfektionieren als wie ein Gespenst durch die Leute zu schweben und (hoffentlich) im richtigen Moment abzudrücken. Und stimmt der Moment aber im Hintergrund kratzt sich grad jemand den Hintern und leicht unscharf ist auch und die Komposition an sich… Ah die tollen Schnappschüsse 🙂
Schön wie du mit deinen Artikeln immer den Nagel auf den Kopf triffst!
Interessant ist auch “Man muss immer drei Schnappschüsse hintereinander machen, weil bei zweien ja eh immer irgendwas nicht stimmt und dann hat man wenigstens einen!” Das dachte ich “früher” auch mal, aber inzwischen bin ich froh, dass ich verstanden habe, dass man ein Bild planen und gestalten kann und durch viel Übung wird das auch so langsam besser 🙂
Danke für den guten Artikel!
Jeder außer Dir und mir *g*
aber vielleicht kann man es ja irgendwann mal versuchen :-))
Viele Grüße von Katja, da hast Du sowas von Recht, soll ich Dir sagen!
Viele Grüße Gregor
Ich kann Dir nur zustimmen: es ist unheimlich lehrreich und spannend, sich auch mal als Modell vor der Kamera zu bewegen. Aber am besten, mit dem ganzen Programm, also mit Visa, Assi usw. So bekommt man einen Eindruck, wie es ist, wenn man dem Modell vor der Kamera Anweisungen gibt.
Ich selbst bin Fotograf, aber wechsel sehr gerne mal die Seite. Schöner Nebeneffenkt: ich bekomme auch mal Bilder von mir. 😉
Den Grundtenor kann ich nur unterstützen allerdings muss ich betonen, dass viele meiner liebsten Aufnahmen Schnappschüsse sind.
Dann allerdings mit 200mm Tele und aufgenommen, ohne dass es die “Modelle” mitbekommen haben.
Z. B. dies hier: http://tinyurl.com/3vroto3
Sicherlich technisch nicht perfekt aber schön 😉
Auf einer Feier mit viel vorhandenem Licht und einem Tele auf die Pirsch zu gehen, kann für super “Schnappschüsse” sorgen.
In dem Moment wo Du bewusst auf Pirsch gehst, ist das meiner Meinung nach kein Schnappschuss mehr.
Ja da kann man sicherlich drüber streiten 😉
Der Moment und das Foto ist dennoch Zufall und nicht choreographiert…
Wenn jemand auf einer Hochzeitsfeier mit dem Handy “Schnappschüsse” macht, dann tut er das ja auch bewusst. Evtl auch mit guten Ergebnissen.
Wo fängt also das “gute Foto” an und hört der Schnappschuss auf?
Wenn du mit 200mm geplant “auf die Pirsch” gehst, lässt sich das doch aber nicht mit nem Handyfoto, was man mal eben so aus der Nähe macht, vergleichen, oder? 😉
Ja ich sag ja, die Definition ist schwierig.
Wenn man den Zufall schon dadurch rausstreicht, dass man höherwertigeres Equipment benutzt, trifft das sicherlich zu.
Unterstütze Paddy ja auch voll und ganz bei seinen Ausführungen, nur möchte ich nicht, dass der Eindruck entsteht, ein gutes Foto muss immer mit viel Fotografen Arbeit verbunden sein 😉
Wenn ich so drüber nachdenke ist in meiner kopfeigenen Definition ein Schnappschuss schon per se ein gutes Foto.
Ein Bild wo jemand z. B. unvorteilhaft aussieht, würde unsereins ja gar nicht erst veröffentlichen.
Vllt. sollte man einfach das Zeigen von “schlechten” Fotos verbieten. Dann hätten die Leute wieder deutlich mehr Lust am fotografiert werden 😉
Wobei aus eigener Erfahrung würde ich jetzt sagen, hat die “Ich seh auf Fotos immer dooooof aus” Denke meist mehr mit mangelndem Selbstbewusstsein, als mit dem vorhandensein von schlechten Fotos der betroffenen Person zu tun.
Im Umkehrschluss können gute Fotos allerdings deutlich zur Selbsbewusstseinssteigerung beitragen!
Womit wir wieder bei Paddys Beitrag wären:
“Also liebe Leute, die Ihr demnächst fotografiert werdet: Gebt dem Fotografen eine Chance und lasst Euch drauf ein. Macht einfach mit, es macht Spaß.”
Des Öfteren konnte ich auch folgendes Verhalten bei abzulichtenden Personen beobachten - Meine Theorie: Manche Menschen wollen Ihre eigenen Bilder im Shooting sabotieren, damit sie sich nicht hässlich fühlen.
Sie lassen sich leicht ablenken (von vorbeilaufenden Hunden oder Menschen, Kommentaren von Unbeteiligten .. eigentlichen von allem) und gehen absichtlich auf die Ablenkung ein, damit die Bilder “schlecht” werden. Oder schmeissen sich in doofe Posen und reden ununterbrochen. “Da habe ich blöd geguckt” oder “Ach mein Mund”, “Der Arm, wie schrecklich!” oder was auch immer.
Die unbewusste (oder bewusste?) Hampelei vor der Kamera wird meines Erachtens angewendet, damit sich die abzulichtenden Personen sich vor einer Enttäuschung schützt. Enttäuschung deshalb: Mühe gegeben, alles gemacht was der Fotograf sagt, lieb geschaut, gehofft auf ein tolles Foto etc. und trotzdem kein Foto, auf dem man sich als schön oder gutaussehend empfindet. Dann lieber “Schade, da schaue ich nach unten mit Schlafzimmerblick, aber da war ja auch ein Hund.”
Zwar etwas sehr sozialpsychologisch, aber irgendwie begegnet mir das hin und wieder. Ich habe mich letztens getraut einem Pärchen zu sagen, sie seien keine Models. Sie waren zu empört, um wutentbrannt wegzurennen. Aber nach dem die das verstanden haben, haben die auch damit aufgehört, den Cheese-Mund und die Posen zu machen, von denen man denkt, dass man die beim Fotografen machen muss.
Wer auf einer Party mit dem Tele hockt und die Leute unbeobachtet fotografiert, macht keine Schnappschüsse, sondern hat bestimmte Bilder im Kopf, die er umsetzen will. Und das ist Arbeit, wie ich selber schon zu meiner Überraschung feststellen musste.
Mmmh nachdem jeder scheinbar weiß, was KEIN Schnappschuss ist, hätte ich doch gerne noch gewusst, was für euch einer ist.
Bemüh ich Wikipedia:
“Der Begriff der Schnappschussfotografie bezieht sich in der Fotografie auf eine weite Palette von Arbeiten, die sich mit der Darstellung von Motiven ohne gesondertes vorheriges Arrangement sowie offensichtlicher Spontaneität auseinandersetzen.
Das Gegenteil der Schnappschussfotografie ist die fotografische Inszenierung.”
Passt das zu dem, was ich mir persönlich unter Schnappschüssen vorstelle und weswegen der Titel meiner Meinung nach nicht ideal ist.
Fairerweise muss ich sagen, mir fällt grad auch kein besserer Begriff ein, um die Art von Foto zu beschreiben, die Patrick meint 😉
Also ich hab da ja noch das ein Öde andere schöne Bild von dir 😛