Wenn man mit hübschen Models zusammen arbeitet, die sich auch noch gekonnt vor der Kamera bewegen können, bekommt man häufig zu hören: “So eine tolle Frau zu fotografieren ist ja keine große Kunst”. Ich finde aber schon.
Ein gutes Model nimmt einem natürlich Arbeit ab. Das ist auch die Aufgabe eines Models und daher ist “Model” auch eine Berufsbezeichnung. Bei einem Fashion-Shooting ist klar, dass das Model die Klamotten präsentieren soll. Da möchte der Fotograf sich nicht damit beschäftigen dem Model beizubringen, wie es zu gucken oder zu stehen hat. Jeder bekommt dafür Geld, das er oder sie den jeweiligen Job macht. Eine klassische Arbeitsteilung.
Etwas anderes ist es jedoch, wenn man Bilder mehr oder weniger zum Spaß macht, bzw. für das eigene Portfolio. Auch da nimmt einem das Model vermeintlich Arbeit ab. Das führt aber möglicherweise dazu, dass das Model seine “Signature Moves” auspackt. Jedes gute Model weiß, wie es sich zu bewegen hat und welche Blicke und Posen gut wirken. Auch hat jedes Model natürlich Vorlieben, wie es sich am liebsten auf Fotos sieht. Wenn man als Fotograf genau diese Bilder machen möchte, dann hat man es in der Tat einfach. Man hält einfach drauf und bekommt schöne Bilder von schönen Menschen. Wenn man sonst selten mit professionellen Models zusammen arbeitet, dann ist man natürlich froh, dass man ausnahmsweise mal nicht die ganze Energie darauf verwenden muss, den Menschen vor der Kamera überhaupt locker zu machen. In dem Fall kann man sich dann zum Beispiel viel mehr dem Lichtsetup widmen.
Ich finde aber, dass genau da die Herausforderung liegt. Denn wenn ich es mir auf diese Art einfach mache, dann bekomme ich Bilder, wie sie viele andere Fotografen von diesem Model auch machen. Für mich sind manchmal die Bilder zwischen den Bildern viel interessanter. Dann, wenn das Model sich mal für einen kleinen Moment fallen lässt, mal nicht die Situation kontrolliert und ein echter Moment entsteht, dann bekommen die Bilder dieses gewisse Knistern. An diesen Momenten muss man genauso hart arbeiten, wie bei unerfahrenen Menschen, um überhaupt mal einen gescheiten Ausdruck zu erhalten. Es ist nur eine andere Art von Arbeit oder auch ein anderes Level, wenn man es so nennen will.
Ein Bild wird nur so gut, wie das schwächste Glied in der Kette. Wenn ich beginne Menschen zu fotografieren und immer nur unerfahrene Modelle vor der Kamera habe, dann ist mein “Model” das vermeintlich schwächste Glied. Hat man es dann aber plötzlich mit Profis zu tun, dann wird möglicherweise der Fotograf selbst zum schwachen Glied, was sich darin ausdrückt, dass er oder sie einfach nur abdrückt und sich mit diesen “Signature Moves” des Models zufrieden gibt. Am Anfang freut man sich natürlich über die Ergebnisse, da sie zumindest bestätigen, dass man die Kamera halbwegs bedienen kann. Ist man aber der Meinung, dass das hübsche Model einem die Arbeit erleichtert, dann ist man meiner Meinung nach auf der Überholspur zu austauschbaren Bildern unterwegs. Man lässt sich das Foto aus der Hand nehmen. Ein wirklich gutes Foto ist Teamwork. Da haben sowohl Model als auch Fotograf ihren sichtbaren Beitrag zu geleistet. Erst wenn beide alles geben, dann werden es WOW-Bilder. Mir gelingt es auch nicht immer Bilder mit diesem gewissen Etwas zu schießen. Es sind aber die Bilder, die ich auch meistens noch nach sehr langer Zeit gerne ansehen mag.
Also denkt mal darüber nach, ob es wirklich soooo einfach ist, ein hübsches Model zu fotografieren. Etwas provokant möchte ich sagen, dass die Antwort wohl vom Anspruch des Fotografen abhängt.
Es war gar nicht so einfach ein paar passende Bilder für diesen Blogpost herauszusuchen. Da schwingt eine ordentliche Portion Subjektivität mit. Die gezeigten Fotos haben aber alle gemeinsam, dass es sich um superhübsche Frauen handelt, von denen man mit Leichtigkeit klasse Bilder bekommt. Dennoch sind es ganz wenige, die es in meine Favoritenliste von Bildern mit persönlicher Bedeutung geschafft haben.
Das letzte Bild von Louisa ist übrigens aus einer Serie, die im ersten Hashtag-Magazin erschienen ist. Da gibt es mehr davon 😉
Du sagst hier ein paar Wahrheiten sehr lässig. “Model ist ein Beruf” wird gerne deutlich weiter gefaßt. Vielen reicht es, wenn sie manchmal vor der Kamera stehen. Und der “fotografische Anspruch” bei den Kollegen läßt mich so manches Mal zweifeln, ob der Begriff Fotograf nicht doch wieder eine geschützte Bzeichnung sein sollte.
Ein gutes (wirklich gutes) Foto ist immer ein Geschenk. Sei es die Landschaftsaufnahme - oder auch ein Portrait. Doch in beiden Fällen bedeutet es viel Arbeit - grad mit einem geübten Gegenüber. Du hast Recht - wie so oft. 🙂
Hallo Paddy,
damit hast Du vollkommen recht! Gerade die Standard-Moves sind sehr gefährlich und man macht dieselben Bilder wie Dutzende Fotografen vorher und danach…
Aber auch selbst muss man aufpassen, damit man nicht immer denselben Einheitsbrei macht.
Ich glaube jeder Fotograf hat ’seine Ecke’ und weiß, wie er da ein Model positioniert um ein ’nettes’ Foto zu bekommen. Das geht schnell und effizient und so einfach, so Mancher vergisst darüber mal zu experimentieren und mehr herauszuholen als das ’nette’ Bild 😉
Viele Grüße
Martin
geht mir genauso, je professioneller ein Model desto schwerer von ihr Seiten zu sehen, wie sie wirklich ist. Da stellt sich mir die Frage dann auch immer wieder, wer ist der Mensch überhaupt, wo ist ER / SIE. Diese Models identifizieren sich in ihrer Rolle so “perfekt” dass sie es schon fast Automatisch nicht zulassen ein anders ICH zu zeigen. Das macht auch meiner Meinung nach den Unterschied zu Fotograf und Bildermacher. Eine Gratwanderung da eine Antwort zu finden. Jeder hat seinen Blick und seinen Anspruch ohne dass der eine gut oder der andere schlecht ist, er ist anders. Heute, bei dieser Überschwemmung an Bildern findet jeder irgendwo seinen Abnehmer.
Danke für das Thema, das beschäftigt mich auch immer stärker, zwingt es aber doch einen zu seiner eigenen Bildsprache und Position, wenn man sich darauf ein lässt.
Volltreffer! So isses in der Praxis wohl … wo Du recht hast, hast Du recht 🙂
Hallo Paddy, toller Artikel! Es ist tatsächlich schwer das Repertoire zu durchbrechen und anstatt Posen die tatsächlichen Emotionen zu erwischen. Eine Herausforderung die ich persönlich noch nicht immer zu meistern in der Lage bin. Viele Grüße, Patrick
Hallo Paddy,
ich bin kein Profi, hatte noch nie ein hübsches Profi-Model vor der Kamera und muss dennoch sagen, dass mir jedes Wort von Dir einleuchtet. Sehr sympathisch geschrieben und eine äußerst vernünftige Grundhaltung.
Es hat schon seinen Grund, dass ich gerne und viel von Dir lerne. Freue mich auf das nächste Hashtag mit Bildern, die einen hohen Anspruch in sich tragen, auf beiden Seiten der Kamera.
Liebe Grüße
Axel
Ich würde sogar behaupten, dass nicht nur Models ihre „Signature Moves“ haben. Ich fotografiere nicht professionell und fast nur im Bekanntenkreis, aber auch da werden feste Posen eingenommen, sobald jemand merkt, dass er fotografiert wird. Die Gesichtszüge frieren meist zu einem künstlichen Grinsen oder einem unterdrückten Augenrollen ein (Frauen) oder man geht in die Herrscher- oder Angriffspose (Männer). Mir gelingen Fotos am besten, wenn das menschliche Motiv nicht merkt, dass es fotografiert wird. Entweder weil es die Kamera noch nicht bemerkt hat oder weil etwas anderes die Aufmerksamkeit auf sich zieht und die Kamera vergessen lässt. Dann wirkt es nicht nur natürlich, dann ist es natürlich. Danach sehen auch deine ausgewählten Fotos aus.
Danke, Paddy, dass Du soviel von Deinem Wissen weiter gibst!
So einen tollen Beitrag wie diesen findet man auch in vielen angesehenen Fotozeitschriften selten!
Es ist eine Wahrheit, bei der man merkt, wie viel Erfahrung da dahinter steckt!
Liebe Grüße
Josef