In der Fotografie gibt es kein richtig oder falsch, sondern nur “gefällt mir” oder “gefällt mir nicht”.
Das ist einer meiner Leitsätze und ich habe durchaus einige Zeit gebraucht bis ich das verstanden hatte. Zu Beginn kopiert man viel, man versucht das nachzufotografieren was man woanders sieht. Man versucht auch sich ein Regelkorsett zu basteln welches es erlaubt ein Foto als gut oder schlecht einzuordnen.
So gibt es auch die seltsame Regel, dass man auf einem Foto sämtliche Details sehen muss, es also keine ausgebrannten Lichter und abgesoffenen Tiefen geben darf. Ja, das habe ich auch versucht und bin dabei sogar so weit gegangen, dass ich extremste HDR-Fotos gemacht habe.
Mit der Zeit merkte ich aber, dass ich total auf Schwarz/Weiss stehe und vor allem auf richtiges Schwarz/Weiss und nicht so ein Hellgrau/Dunkelgrau. Mittlerweile sind viele meiner Bilder extrem kontrastreich und es ist mir egal ob da was ausbrennt. Seitdem ich das erkannt habe, kann ich zum ersten mal behaupten, dass das sowas wie ein Stil von mir ist. Nicht dass ich die kontrastreichen Fotos erfunden hätte, aber ich mache sie aus dem Gefühl, weil ich sie mag und nicht weil ich irgendwo gelesen habe wie ich das machen soll.
Ich schreibe das weil ich ständig Kommentare bekomme, wie “Deine Lichter sind ausgefressen, da hast Du nicht aufgepasst” oder “da sind keine Details mehr in den Tiefen”. Hallo? Was für eine gequirlte Krümelkacke. Ja denkt Ihr denn, dass ich zu doof bin ausgebrannte Lichter zu sehen? Da gibt es Lightroom sogar eine Taste (j) für. Diese Kommentare hören sich immer so an, als wenn man einen Fehler gemacht hat. Der Schreiberling möchte vielleicht auch nur die Gelegenheit nutzen um darauf hinzuweisen, dass er diesen Fehler ja niemals begehen würde. Ich müsste bei dem aktuellen Analog-Trend unter jedes Foto schreiben, dass es voller Fehler ist. Aber das ist totaler Blödsinn, ich mag es nur einfach nicht.
Und jetzt kommt der Gipfel: Der eigene Geschmack kann sich urplötzlich ändern. Hättet Ihr das geglaubt? Plötzlich findet man die Bilder von letztem Jahr ganz gruselig und plötzlich kann man dem Analog-Kram doch etwas abgewinnen. Ist das falsch? Dinge ändern sich, Geschmäcker ändern sich, der eigene Stil ändert sich. Aber nur wenn Ihr darauf hört was Euch gefällt, dann werdet Ihr auch von einem eigenen Stil sprechen können.
Regeln brechen ist der nächste Schritt.
Als Trainer und Autor weisst du natürlich, dass man am Anfang Regeln braucht, um sich einzuarbeiten. Und da kopiert man sicher auch mal den Stil anderer Fotografen und probiert aus, ob er zu einem passt.
Nach einiger Zeit wird das Experimentieren mit fremden Stilen weniger und man entwickelt seinen eigenen. Und mit jedem eigenen Stilwechsel müssen sich auch die Betrachter der Bilder wieder umstellen, und es wird einige geben, die den Wechsel doof finden und dafür kommen andere dazu, denen das gefällt.
Entscheidend finde ich aber, dass man sich als Fotograf wohl, frei und authentisch fühlt und nicht Fotos für den (vermeintlichen) Mainstream macht, die einem selber nicht gefallen.
Ich gebe dir vollkommen recht. Es ist mir auch oft egal, ob ich ausgebrannte Stellen in einem Bild habe oder nicht. Schwierig wird dies allerdings, wenn man das Bild auch tatsächlich drucken lässt. An den Stellen, wo keine Farbwerte mehr vorhanden sind, kann logischerweise auch nichts gedruckt werden und das Weiß des Papieres kommt durch. Und je nach Eigenfarbe des Papieres kann das schon mal komisch aussehen, bzw. Fotopapier dunkelt an diesen Stellen mit der Zeit nach. Daher kann es schon Sinn machen, wenigstens noch wenigstens 3 % Farbe zu haben. Das ist dann immer noch extrem hell, aber das Papierweiß kommt nicht mehr durch. Aber, wie gesagt, grundsätzlich hast du absolut recht.
Hey Volker,
absolut legitimer Einwand. Danke dafür, das macht Sinn.
Kennst Du den Spruch „Der Meister zerbricht die Form†?
Erst sollte man den Weg gehen, das alles mal gelernt und verstanden zu haben, bevor man erst so richtig schön drauf pfeifen kann…
Hallo Paddy, hab gerade deinen Anreißer auf G+ gelesen und jetzt den ganzen Artikel hier.
Das ich mich gerade in genau der Phase befinde, die du beschreibst kann ich mich sehr gut wiederfinden. Ich kann dem Ganzen geschrieben hier nur zustimmen. Ich komme auch immer mehr zu S/W-Bildern mit hohen Kontrast zurück und ich arbeite Leidenschaftlich gerne noch mit einem kleinen feinen Plugin. Manche mögen es andere nicht. Ich merke mir gefällt es und erste Leute kommen auf mich zu und fragen mich nach meinem Still. Was will ich mehr. Aber vielleicht gefällt der mir nächsten Jahr nicht mehr. 😉
Auf den Fotos sind die Lichter ausgefressen und die Tiefen saufen total ab! Da hast Du nicht aufgepasst!;-)
Da gebe ich Dir vollkommen recht.
Problematisch wird es nur, wenn Dein Kunde andere Ansichten hat. Wenn man sich also als Fotograf über das wunderbare Bokeh freut, aber der Kunde moniert, das Bild sei ja ganz unscharf …
Ist eben auch eine Frage, ob man sich als Dienstleister oder als Künstler sieht bzw. ob man das Standing hat, zu sagen: Wenn meinem Kunden mein Stil nicht gefällt, soll er woanders hingehen.
Gruß Michael
Michael, mich buchen die Leute ja weil sie meine Bilder gesehen haben und genau das wollen. Daher bin ich in der komfortablen Situation, dass fast alle Anfragen genau das wollen. Die wenigen anderen kann ich dann ablehnen.
Schwierig wird das erst, wenn du deinen Stil änderst und die Leute noch wegen deiner alten Sachen kommen.
Als Hobbyfotograf konntest du darauf pfeifen. Als Profi… auch, aber es ist viel schwieriger…
… hat da einer Bilder bei pixelpeeker’s delight à la fc, DSLR-Forum oder G+ ? *ggg*
Don Quichote und sein Auftrag : Volk, lern sehen. Danach reden wir drüber.
H
der aus genau diesem Grund in keiner Beweihräucherungs- und Besserwissercommunity mehr aktiv ist.
“Da hast du nicht aufgepasst?” Also mir fehlen die Worte ehrlich?
In unserem Berufsalltag passt man auf so viel auf. Aufs Licht, auf die Ausrüstung (den ohne gehts ja nicht), darauf niemanden zu stören, man passt auf, dass man der fröhlichen Verwandtschaft nicht ins Bild läuft und man passt (z.B.) auf der Braut nicht aufs Kleid zu treten. Kann ja schneller gehen als man gucken kann.
Und dann kommt so ein Kommentar “Du hast nicht aufgepasst.”
Dreist, ehrlich. Und absolut unüberlegt. Pfff.
Fotografie ist Kunst und über Kunst kann man zwar diskutieren aber, wie du schon schreibst keine richtig oder falsch finden.
Ich mag deinen Post, der ist nicht falsch und gut aufgepasst hat du auch. *Fleißbiene geb*
😉
Fotografie ist erst einmal Handwerk, liebe Franzi.
Bis zur Kunst brauchts noch einen langen Weg!!!
Hast Recht, aber ich persönlich sehe es eben auch als Kunst. 🙂
@Hauke: So wahr! So gut! So richtig!
Gefällt mir - gefällt mir nicht, darum geht es mir nicht nur bei Fotos, sondern auch bei Musik, Büchern .….
Hallo Paddy, du sprichst mir aus der seele. Ich hatte auch immer versucht den Grundsätzen gerecht zu werden, bis ich gemerkt habe das mir Bilder so nicht gefallen und es einfach so machen sollte wie es ein selbst gefällt. Da gehören die ausgefressenen Lichter und abgesoffenen tiefen ebenso dazu.
Weiter so!
Dnke, danke, danke! 🙂
Hey Paddy,
klasse Artikel. Diese Dinge wurden schon oft erwähnt, doch verlieren sie nie ihre Gültigkeit und Brisanz.
Ich denke der Haken ist, dass es mittlerweile unzählige Fotografen gibt, die man zum Teil besser als “HAdnwerks-Fotografen” betiteln sollte. Also eben jene, die ihr Wissen nur aus Büchern ziehen und sich strikt daran halten.
Auch die machen gute Bilder - keine Diskussion - allerdings fehlt Ihnen dann der Weitblick zu erkennen, dass es noch gute Fotos abseits handwerklicher Regeln gibt. Dabei treten dann eben die von Dir angeführten Bildbeurteilungen auf.
Ich mache auch nur Bilder die mir gefallen. Ich freue mich, wenn sie anderen Gefallen, bin aber auch nicht traurig wenn jemand einen anderen Geschmack hat.
Ich zieh hier immer gerne einen Vergleich mit der Musikindustrie:
Es gibt den Mainstream und den Underground. Die beste Musik kommt meist nicht aus dem perfekt produzierten und nach allen Regeln der Kunst arrangierten Mainstream…
Gruß Frank
Kenn ich. Das ist die typische Denke, die neuen Hobbyfotografen gleich am Anfang in den typischen Fotoforen anerzogen wird, alle Fotos schön nach Checkliste zu entwickeln. Und die “Profis” , die dann kommentieren, werden auch nicht müde die Fotos nach dieser Checkliste zu bewerten und kritisieren.
Aber du hast Recht - will man weg vom Einheitsbrei und hin zum eigenen Stil muss man sich vom techn hundertprozentigen Foto verabschieden. Und das versteht halt nicht jeder.…
einer der besten artikel die ich bis jetzt von dir gelesen habe, danke
Das mit dem eigenen Geschmack kann ich absolut bestätigen. Ich habe mal nur in HDR fotografiert und dachte, dass ich nie wieder anders arbeiten würde. Nach einem halben Jahr habe ich das meiste davon gelöscht, weil ich es (immer noch) total beschissen finde.
Mit Überbelichtungen arbeite ich ganz gern - Unterbelichtungen (abgesoffene Schatten) versuche ich zu vermeiden.
Grüße aus Rissen
Jörn
Guter Beitrag, der so ziemlich meine Denkweise wiederspiegelt. ich mache Fotos, welche mir gefallen müssen und sekundär erst weiteren Personen. Dazu gehört für mich nun einmal auch, dass ich die Bilder so bearbeite, wie es mir und meinem Stil gefällt. Inklusive fehlenden Bildinformationen. Genau jene fehlenden Bildinformationen machen für mich erst ein Bild interessant, da man als Betrachter mit seiner Fantasie spielen kann, was wohl hinter den fehlenden Bildinformationen sich befinden könnte.
Es ist für mich auch ein gewisses Spiel mit der heute in vielen Bereichen immer perfekter werdenden Technik. Perfektion wird aller Orten verlangt und gibt es quasi überall. Nun mit Absicht Fehler in das Bild einzubauen (was anderes sind fehlende Bildinformationen im Prinzip nicht), heißt für mich, eben jenen Perfektionisten den Spiegel vor zu halten. Sollen sie doch motzen & mosern. Zumindest beweisen sie mir eines mit diesen ‘hier hast du Unsauber gearbeitet’ Kommentaren. Sie haben sich länger als 2 Sekunden mit dem Bild abgegeben. Ergo muss das Bild per se nicht komplett schlecht sein, denn dann währen diese Perfektionisten vom Dienst gleich komplett am Bild vorbeigerauscht. Man sollte diesen Personen trotzdem ihre Meinung lassen, denn sonst ist man selbst kaum besser als diese selbsternannten Perfektionisten vom Dienst.
Ja, ja - die Sprüche kenne ich zur genüge. Was sind denn das für ausgefranste Fotos ? Ja leck mich doch am Arsch - macht Fotos, Fotos, Fotos - und ihr entwickelt euch von ganz alleine. Diese ewig schlauen Dummschwätzer bei diversen Foren, Blogs, etc. gehen mir jedenfalls derartig auf den Sack. Haben die eigentlich noch Zeit zum Fotografieren ? Eher nicht - sonst würden die ihre gequirlte Kacke nicht am Dampfen halten können. Wann wird endlich bei denen der ‘Gefällt mir nicht’-Knopf eingeführt ?
Lg Christian
Kann man irgendwo unterschreiben…dass einem der Artikel aus der Seele spricht 😉
“Falsch” oder “Richtig” sind für mich Begriffe, die sehr viel mit dem zu tun haben, was ich in einem Bild erreichen will. Wenn ich etwas ganz bestimmtes erreichen wollte und es gelingt mir nicht, weil ich das technische Fundament nicht besitze, dann sehe ich das als Fehler.
Wenn etwas, dass offiziell als Fehler gilt von mir gewollt ist oder meine Bildaussage nicht stört ist es mir aber sowas von egal, was ein fotografischer Erbsenzähler davon hält…aber sowas von…
Konventionen wurden erschaffen um die einfachen zu leiten und um von denen die mehr erreichen wollen gesprengt zu werden 🙂
lg Annette
Ich kenne das Problem und bin teils selbst noch in der Kennenlernphase, obwohl ich schon seit rund 2 Jahren fotografier.
Mal klappt etwas super, mal ists irgendwie Mist oder Müll.
Ganz besonders ists bei mir davon abhängig, wie meine Laune ist und ob ich mir vorgenommen habe, zu fotografieren oder das alles spontan ist.
Ich muss eine feste Idee im Kopf sitzen haben, um etwas wirklich gutes zu machen.
Auf meiner Seite (http://finnsownfotoblog2.blogspot.com/) habe ich jetzt auch “gefällt mir!” und “gefällt mir nicht!” Knöpfe eingesetzt, weil sich bei mir niemand so recht traut, zu kritisieren oder auch zu Loben.
Mir selbst gefällt dein Stil.
Es ist etwas anderes als diese ständigen frontal, mit dem Licht von da und dann musst du das und das und das beachten Zeug.
Alles langweilig, wenn man genau drauf achtet.
Hier bleibt einem Fantasie oder man lässt es so wie es ist und genießt den schönen, einfachen Aufbau der Bilder.