Leica SL (Typ 601) - meine Meinung

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Vor eini­gen Wochen konn­te ich für die Zeit­schrift Pho­to­gra­phie die Lei­ca SL für eini­ge Tage tes­ten. Was gab es nicht an herr­li­chem Spot für die­se Kame­ra im Inter­net. Zu schön die Wit­ze­lei­en über die Grö­ße der Spie­gel­lo­sen, die in der Hand von klei­nen Frau­en­hän­den irr­wit­zig groß aus­sieht. Ach da mach­te ich doch ger­ne mit. Das muss ein Her­stel­ler wie Lei­ca abkön­nen. Auch wenn die Kame­ra nicht in mein Beu­te­sche­ma passt, inter­es­sier­te sie mich den­noch. Ich fin­de Kame­ras immer dann inter­es­sant, wenn sie irgend­wie anders sind und der Her­stel­ler sich etwas traut. Bei der SL hat Lei­ca sich offen­sicht­lich etwas getraut. Ob die Rech­nung auf­geht, muss sich noch zeigen.

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Ich bekam die Kame­ra gemein­sam mit dem 24-90mm f/2,8-4,0. Ein Mons­ter von Objek­tiv, irgend­wie schon von absur­der Grö­ße. Nix für mich, egal was das Ding für Bil­der macht. Gemein­sam mit die­sem Objek­tiv ist die SL ganz schön groß und ich fra­ge mich, ob das wirk­lich sein muss­te. Ich bin davon über­zeugt, dass die­ses Objek­tiv von der Abbil­dungs­leis­tung her­vor­ra­gend ist, aber es passt nicht zu mei­ner Art von Foto­gra­fie. Ich arbei­te viel mit vor­han­de­nem Licht und nut­ze ger­ne die Unschär­fe weit geöff­ne­ter Blen­de aus. Daher bevor­zu­ge ich Fest­brenn­wei­ten. Das 24-90 habe ich auch nur rela­tiv kurz ver­wen­det, um den hoch gelob­ten Auto­fo­kus der SL anzu­tes­ten. Lei­ca hat den Mund voll genom­men, ich zitie­re von der Web­sei­te: “Im Zusam­men­spiel mit dem LEICA APO-VARIO-ELMARIT-SL 1:2,8–4/90–280mm ver­fügt die Lei­ca SL über den schnells­ten Auto­fo­kus aller pro­fes­sio­nel­len Kame­ras – ein­schließ­lich Spie­gel­re­flex­ka­me­ras.” Ein 90-280mm stand mir nicht zur Ver­fü­gung und es ist mei­nes Wis­sens auch (noch) nicht ver­füg­bar. In Zusam­men­spiel mit dem 24-90 konn­te mich der Auto­fo­kus nicht so rich­tig begeis­tern. Er ist gut, aber nicht der schnells­te. Beson­ders mit dem kon­ti­nu­ier­li­chen AF habe ich extrem viel Aus­schuss bei einem Model gehabt, das auf mich zu ging (gehen, nicht lau­fen oder ren­nen). Ich mag es nicht, wenn man mit Super­la­ti­ven um sich wirft und die­se offen­sicht­lich in irgend­wel­chen Labor­um­ge­bun­gen erzielt wur­den. Dem­entspre­chend ließ die Begeis­te­rung für die SL auf sich warten.

Glück­li­cher­wei­se lag der Kame­ra ein Adap­ter für M-Objek­ti­ve bei und so konn­te ich sie zusam­men mit einem Sum­mi­lux 50mm f/1.4 tes­ten. Irgend­wie blöd, da man auf den Auto­fo­kus ver­zich­tet, aber immer­hin eine Fest­brenn­wei­te, die bes­ser zu mei­ner Art von Fotos passt. Nun hat­te die SL plötz­lich nicht mehr die­se mons­trö­se Grö­ße. Ja, der Body ist groß, aber er liegt den­noch ganz gut in der Hand. Wahr­lich kein Winz­ling, aber dafür wur­de ihm nun nicht mehr von dem Objek­tiv die Show gestoh­len. Die Kame­ra mit dem klei­nen M-Objek­tiv woll­te mir viel bes­ser gefal­len. Eini­ge fin­den die SL häss­lich, ich mag das Design grund­sätz­lich aber, denn es ist von kla­ren Lini­en und Mini­ma­lis­mus bestimmt. Immer­hin hat sich hier über­haupt jemand Gedan­ken über Design gemacht.

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Der elek­tro­ni­sche Sucher des Lei­ca SL hält, was der Her­stel­ler ver­spricht. Die­ser ist in der Tat her­vor­ra­gend und spielt ganz weit vor­ne mit. Das manu­el­le Fokus­sie­ren mit dem Sum­mi­lux geht mit etwas Übung ganz gut. Das Sucher­bild wird ver­grö­ßert und ermög­licht eine prä­zi­se Fokus­sie­rung. Das mach­te nach kur­zer Ein­ge­wöh­nung sogar rich­tig Spaß. Auch wenn mich die Puris­ten sicher lyn­chen wer­den, so wür­de ich mir so einen Sucher an der M wünschen.

Gewöh­nungs­be­dürf­tig sind die Tas­ten neben dem Dis­play, die nicht beschrif­tet sind. Je nach aktu­el­lem Sta­tus der Kame­ra sind sie näm­lich unter­schied­lich belegt. Was anfangs etwas befremd­lich ist, macht nach der Ein­ge­wöh­nung aber Sinn und Spaß. Ins­ge­samt ist die Bedie­nung der Kame­ra etwas unge­wohnt, aber den­noch durch­dacht. Man muss sich drauf ein­las­sen und dann löppt es auch.

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Bei der Bild­qua­li­tät erlaubt sich Lei­ca kei­ne Aus­rut­scher. Die ISO-Leis­tung ist für mei­ne Zwe­cke voll­kom­men aus­rei­chend. Im fol­gen­den eine klei­ne Test­rei­he. Die JPGs kom­men so direkt aus der Kame­ra und zei­gen ISO 6400 - 50.000.

L1020070-LEICA SL (Typ 601) 1-100 Sek. bei f - 4,0 ISO 6400 L1020071-LEICA SL (Typ 601) 1-200 Sek. bei f - 4,0 ISO 12500 L1020072-LEICA SL (Typ 601) 1-200 Sek. bei f - 5,6 ISO 25000 L1020073-LEICA SL (Typ 601) 1-400 Sek. bei f - 5,6 ISO 50000

Auch mei­ne Test­fo­tos, die am Ende des Arti­kel fol­gen, machen einen anstän­di­gen Ein­druck. Unzu­läng­lich­kei­ten sind eher auf den Foto­gra­fen zurück­zu­füh­ren. Was mir aber irgend­wie auch fehlt ist eine eige­ne Cha­rak­te­ris­tik. Bei einer Lei­ca möch­te ich mir ein­bil­den, dass die Bil­der anders aus­se­hen. Bei der M ist es so, dass die JPGs einen eige­nen Charme haben. Ich sage extra JPGs, weil man die RAW-Datei­en durch Nach­be­ar­bei­tung ja mehr oder weni­ger belie­big opti­mie­ren kann und es dann fast egal ist. Ich kann es schwer beschrei­ben, aber mir fehlt den­noch irgend­wie der Kick bei den Bil­dern aus der SL, ohne dass ich wirk­lich etwas nega­ti­ves sagen könnte.

Erstes Fazit

Mein Test war nicht lang und so mag ich auch kein wirk­li­ches Urteil fäl­len. Es ist mehr ein Ein­druck, eine ers­te Mei­nung. Ich fin­de, dass Lei­ca mit der SL den rich­ti­gen Weg ein­schlägt. Der Sucher ist super, der AF macht auch sei­nen Job, das Gehäu­se ist zwar groß, aber auch schick und gerad­li­nig. Ein Grund für den netz­wei­ten Spot ist sicher­lich die Grö­ße. Wenn jemand “Spie­gel­los” sagt, dann asso­zi­iert man damit eine klei­ne Kame­ra und nicht ein Gehäu­se in der Liga einer D810. Fotos von klei­nen Frau­en­hän­den mit der SL tun ihr übri­ges. Lei­ca woll­te aber nie eine klei­ne Kame­ra bau­en, sie wol­len direkt gegen die Flagg­schif­fe von Canon und Nikon antre­ten. Was mir dabei abso­lut unver­ständ­lich ist, ist wie man so eine Kame­ra und ein neu­es Sys­tem auf den Markt brin­gen kann mit nur einem Objek­tiv. Man muss doch das Anfangs­in­ter­es­se mit­neh­men. Ich fin­de das SL-Sys­tem durch­aus inter­es­sant, aber erst mit zwei bis drei Fest­brenn­wei­ten und einem wei­te­ren Body, der viel­leicht doch etwas klei­ner ist. Da hilft es auch nicht, dass man per Adap­ter so ziem­lich jedes Lei­ca-Objek­tiv ver­wen­den kann. Wer eine SL kauft, möch­te sicher­lich auch den AF nut­zen. Daher bin ich gespannt, was sich wei­ter tut bei Lei­ca. Auf jeden Fall ist mal Bewe­gung drin.

L1010962-LEICA SL (Typ 601) 1-160 Sek. bei f - 3,9 ISO 500 L1020086-LEICA SL (Typ 601) 1-125 Sek. bei f - 1,4 ISO 800 L1020097-LEICA SL (Typ 601) 1-100 Sek. bei f - 2,0 ISO 400 L1020127-LEICA SL (Typ 601) 1-125 Sek. bei f - 2,8 ISO 200 L1020148-LEICA SL (Typ 601) 1-250 Sek. bei f - 1,4 ISO 200 L1020154-LEICA SL (Typ 601) 1-200 Sek. bei f - 2,8 ISO 200 L1020175-LEICA SL (Typ 601) 1-100 Sek. bei f - 2,0 ISO 400 L1020202-LEICA SL (Typ 601) 1-100 Sek. bei f - 1,4 ISO 400 L1020247-LEICA SL (Typ 601) 1-80 Sek. bei f - 2,0 ISO 400