Easy Release und die elektronische Unterschrift - ein Kommentar

Nach­dem ich einen klei­nen Bei­trag über die App Easy Release ver­öf­fent­licht hat­te, kon­tak­tier­te mich Mar­cus Hof­mann, ein Anwalt aus Mün­chen, der sich mit der The­ma­tik der elek­tro­ni­schen Unter­schrift ein wenig beschäf­tigt hat. Wir plau­der­ten ein wenig und kamen schnell zu dem Schluss, dass es doch cool wäre zu dem The­ma einen klei­nen Gast­bei­trag von einem Anwalt zu haben. Ich selbst habe von sol­chen Din­gen wenig bis kei­ne Ahnung und daher fin­de ich es extrem cool, dass Mar­cus sich bereit erklärt hat mal zu dem The­ma Stel­lung zu neh­men. Mar­cus hat sich übri­gens auf Rechts­fra­gen zu “neu­en Medi­en” spe­zia­li­siert. In dem Zuge auch mit Fra­gen zu Bild­rech­ten und -frei­ga­be. Falls Ihr auf dem Gebiet Unter­stüt­zung benö­tigt, dann könn­te er der rich­ti­ge Ansprech­part­ner für Euch sein. Aber nun zum The­ma. Hier kommt der Bei­trag von Mar­cus zur elek­tro­ni­schen Unter­schrift in Easy Release.

Vor ein paar Tagen hat Pad­dy ja die­se schö­ne Model Release App “Easy Release” vor­ge­stellt. In den Kom­men­ta­ren zu dem Bei­trag tauch­te dann die Fra­ge auf, wie das denn recht­lich eigent­lich aus­sieht mit so einer App. Sind die Ver­trä­ge wirk­sam? Ist das eine ech­te Unter­schrift, so mit dem Stylus auf dem Tablet? Da ich die­se Fra­ge schon öfter gestellt bekom­men habe, möch­te ich mich des The­mas kurz annehmen.

Sol­che “digi­ta­len Unter­schrif­ten” sind ja mitt­ler­wei­le recht ver­brei­tet. Beim Bezah­len mit der Maes­tro- oder Kre­dit­kar­te unter­schreibt man regel­mä­ßig auf irgend­wel­chen Touch­pads, und wer ab und zu Paket­post bekommt, der hat vom Zustel­ler schon so ein Mul­ti­funk­ti­ons­dings zum Unter­schrei­ben hin­ge­hal­ten bekom­men. Wenn man sich nach der Unter­schrift auf so einem Teil von dem Schreck über die eige­ne Unter­schrift – im Ste­hen und ohne Hand­auf­la­ge hin­ge­wor­fen – erholt hat, kann man sich schon fra­gen, wie wirk­sam das alles ist.

Aber mal zurück zu Easy Release, und der Rei­he nach. Wir haben es hier recht­lich mit zwei von­ein­an­der völ­lig unab­hän­gi­gen Pro­ble­men zu tun. Ers­tens: Sind Ver­trä­ge mit Easy Release wirk­sam geschlos­sen? Und zwei­tens: Ist die Unter­schrift eine ech­te Unterschrift?

Um die Ver­wir­rung kom­plett zu machen, neh­me ich das Ergeb­nis mal vor­weg: Nein, die “Unter­schrift” ist kei­ne. Und ja, die Ver­trä­ge kom­men wirk­sam zustande.

Fan­gen wir mal mit der Unter­schrift an. Eine eigen­hän­di­ge Unter­schrift des eige­nen Namens auf einer Urkun­de ist das, was das Gesetz in § 126 BGB als “Schrift­form” bezeich­net. Eine der gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ist eine “Urkun­de”, also ein schrift­lich abge­fass­tes Doku­ment. Und die haben wir bei dem Tablet nicht. Was wir haben, ist ledig­lich eine digi­ta­le Kopie. Außer­dem gibt es kei­ne eigen­hän­di­ge Unter­schrift. Auch davon exis­tiert nur ein digi­ta­les Abbild. Für die Schrift­form reicht das nicht aus.

Neben die­ser Schrift­form gibt es noch ande­re “For­men”, zum Bei­spiel die Text­form. Sie erfor­dert vor allem eine dau­er­haf­te Wie­der­ga­be in Schrift­zei­chen. Es gibt auch die elek­tro­ni­sche Form durch eine digi­ta­le Signa­tur nach dem Signa­tur­ge­setz, die nota­ri­el­le Beur­kun­dung oder die Eigen­hän­dig­keit, bei der die gesam­te Erklä­rung eigen­hän­dig geschrie­ben sein muss. Die Hür­den für die Erfül­lung der ver­schie­de­nen For­men sind unter­schied­lich hoch, und der Gesetz­ge­ber macht die Wirk­sam­keit bestimm­ter Erklä­run­gen von der Ein­hal­tung einer bestimm­ten Form abhän­gig. Die Wider­rufs­be­leh­rung beim Online-Han­del zum Bei­spiel muss der Text­form genü­gen. Des­halb reicht es, dass man sie per Email zuge­schickt bekommt. Ein Kauf­ver­trag über eine Immo­bi­lie muss vom Notar beur­kun­det sein, eben­so eine Schen­kung, und ein Tes­ta­ment muss man ent­we­der kom­plett eigen­hän­dig schrei­ben oder nota­ri­ell beglau­bi­gen las­sen. Je bedeut­sa­mer also die Rech­te sind, um die es geht, des­to stren­ger die Form.

Wich­tig ist jetzt aber: die­se ver­schie­de­nen For­men braucht man nur dort, wo das Gesetz es vor­schreibt. Alle ande­ren Ver­trä­ge kann man auch “ein­fach so” schlie­ßen. Münd­lich, per Hand­schlag, durch schlüs­si­ges Ver­hal­ten – alles recht­lich abso­lut wirk­sam. Man muss sich nur über die wesent­li­chen Punk­te wirk­lich einig sein. Für ein Model Release braucht man des­halb kei­ne beson­de­re Form. Theo­re­tisch wür­de es also rei­chen, wenn man mit dem Model kurz ratscht, die wich­tigs­ten Punk­te klärt und sich die Hand dar­auf gibt. Alles wirksam.

Wel­che Vor­tei­le hat also eine App wie Easy Release, recht­lich betrach­tet? Sie hat zwei wesent­li­che Vor­tei­le. Ers­tens ver­mei­det man, anein­an­der vor­bei zu reden. Die Eini­gung ist als Text nie­der­ge­legt, das Model muss den Text lesen, bevor es unter­schrei­ben kann. Der Ver­trag wird dann direkt als PDF per Email an bei­de ver­sen­det. Das ver­mei­det Miss­ver­ständ­nis­se. Nach mei­ner Erfah­rung ist das der wich­tigs­te Vor­teil eines schrift­li­chen Vertrages.

Zwei­tens führt es dazu, dass sich spä­ter im Fall des Strei­tes nicht plötz­lich einer nicht mehr erin­nern kann oder will, oder alles ganz anders gewe­sen sein soll. Es geht also um die Mög­lich­keit, im Streit­fall einen Beweis zu füh­ren. Da dürf­te die Email mit dem PDF, die an bei­de ver­sen­det wird, schon ein sehr hilf­rei­ches Indiz sein. Natür­lich ist der Beweis­wert einer Email ein­ge­schränkt, immer­hin ist die recht leicht fälsch­bar. So eine “Unter­schrift” des Models (oder des Foto­gra­fen) auf dem PDF stärkt dann die Beweis­füh­rung noch ein­mal. Jeden­falls dann, wenn die­ses digi­ta­le Abbild der Unter­schrift auch so aus­sieht, wie die Unter­schrift von dem Model in Wirk­lich­keit. Schon des­halb bie­tet sich an, mit einem Stylus zu unter­schrei­ben, auf einem mög­lichst gro­ßen Tablet, am Tisch, im Sit­zen. Sonst hat man ganz schnell das ein­gangs erwähn­te Post­zu­stel­ler-Phä­no­men, und die “Unter­schrift” ist nichts als ein unko­or­di­nier­tes Gekrakel.

Die Beweis­füh­rung wird mit Easy Release im Streit­fall aber noch­mal erleich­tert. Im Ide­al­fall hat man näm­lich vor Ort ein Foto von dem Model gemacht, das in Easy Release gespei­chert und in das PDF ein­ge­bun­den wird. Ein Foto vom Ver­trags­part­ner am Ort und zur Zeit des Ver­trags­schlus­ses, nicht schlecht; das hat man doch eher sel­ten. Außer­dem bie­tet Easy Release die Mög­lich­keit, einen Zeu­gen hin­zu­zu­zie­hen. Das dürf­te im Nor­mal­fall gar nicht mehr nötig sein, emp­fiehlt sich aber natür­lich trotz­dem immer. Kom­men alle die­se Indi­zi­en zusam­men, dürf­te der Beweis eines Ver­trags­schlus­ses zu den ver­ein­bar­ten Kon­di­tio­nen prak­tisch immer gelin­gen. Auf jeden Fall kommt die Gegen­sei­te, wenn sie etwas ande­res glaub­haft behaup­ten will, da schon ganz schön ins Schwit­zen. Easy Release hilft einem hier, kei­ne Feh­ler zu machen.

Wich­tig ist noch, dass man in Easy Release auch ver­nünf­ti­ge Ver­trags­tex­te hin­ter­legt. Denn auch ein wirk­sam geschlos­se­ner Ver­trag, in dem das “Fal­sche” steht, nützt einem nicht viel. Der bei Easy Release mit­ge­lie­fer­te Ver­trag ist zwar so schlecht gar nicht, bil­det aber vie­le Sze­na­ri­en, in denen der Foto­graf nicht allei­ne alle Rech­te und das Model nicht nur Geld bekom­men soll, nicht ab. Hier kann man in Easy Release nun selbst Hand anle­gen und die Ver­trä­ge anpas­sen. Je nach Situa­ti­on ver­wen­det man dann ein­fach die pas­sen­de Vertragsvorlage.

Bedenkt man dann noch die gan­zen ande­ren prak­ti­schen Vor­tei­le einer App wie Easy Release, dann ist das Alles in Allem also eine wirk­lich fei­ne Sache.

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18 Gedanken zu „Easy Release und die elektronische Unterschrift - ein Kommentar“

  1. Vie­len Dank Pad­dy & Marcus!
    Ich werd’ wohl Easy Release auch mal testen 🙂

    Übri­gens fin­de ich die Schrei­be von Mar­cus auch sehr schön und gelun­gen: Locker, leicht wit­zig und trotz­dem infor­ma­tiv - bit­te wei­ter­ma­chen, passt gut zum Stil von Pad­dys Blog 🙂

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  2. Das ist ja mal eine fei­ne Sache. Pad­dy ich dan­ke dir und natür­lich Herrn Hof­mann für die inter­es­san­ten Ein­bli­cke in einem doch sehr durch­wach­se­nen Rechts­ge­biet. Also Dau­men hoch für Easy Release!

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  3. super Bei­trag, vie­len Dank Pad­dy für die
    Initia­li­sie­rung. Gro­ßes Lob und Dank an Mar­cus, ein doch tro­cke­nes The­ma so
    grif­fig und span­nend zu umreißen.

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  4. Super, dan­ke.
    Dann war ich ja schon auf dem rich­ti­gen Wege.
    (Schon län­ger auf dem iPad, jetzt noch den Stylus besorgen…)

    Vie­len Dank für die Mühe.

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  5. guter Bei­trag. Schön ver­ständ­lich erklärt, wozu man sonst ewig lang sucht 🙂
    Was ich noch ergän­zen möch­te, das Bild­agen­tu­ren, wie zum Bei­spiel IStock­pho­to mit­ler­wei­le sol­che Ver­trä­ge aner­ken­nen, hier­zu muss jedoch der “ori­gi­nal” Ver­trag von denen ver­wen­det wer­den. Die sind aber sehr genau bei der Art der APP. Also gene­rell am bes­ten bei Easy Release blei­ben. Die­se ist auch mei­nes Wis­sens einer der weni­gen, wo man nach­träg­lich nichts mehr ändern kann, ohne das nicht noch­mal erneut Unter­schrie­ben wer­den kann.
    An Mar­cus Hof­mann hät­te ich noch eine Fra­ge. Ich habe eini­ge Ver­trä­ge für Nor­ma­le Shoo­tings gefun­den. Gibt es auch gute Bei­spie­le für TFP Shootings?
    Danke

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  6. Dan­ke für den aus­führ­li­chen und infor­ma­ti­ven Arti­kel! Ich nut­ze Easy Release seit län­ge­rer Zeit und hat­te nie bezwei­felt das kei­ne gül­ti­gen Ver­trä­ge zustan­den kom­men. Das Pho­to ist ein sehr guter Beweis, wie ich fin­de. Ich nut­ze einen guten Stylus, so dass die Unter­schrif­ten auch “les­bar” sind. So sind jetzt schon weit mehr als 100 Releases ver­ar­bei­tet und ich bin das gan­ze Papier los. Eine güns­ti­ge und sinn­vol­le App.

    Gruss kal­le

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  7. Wer von § 126 BGB spricht, soll­te auch § 126a BGB erwäh­nen. Am Ende ist es aller­dings abso­lut Schnup­pe, denn Easy Release trägt dazu bei das man im Streit­fall bewei­sen kann, dass ein Ver­trag geschlos­sen wur­de und mit wel­chen Inhalt.

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