Dies ist ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Marcus Antonius Hofmann, der bereits vor einigen Wochen schon einen Kommentar zur elektronischen Unterschrift in Easy Release gegeben hat. Da das Theme nicht uninteressant zu sein scheint, gibt es nun eine Fortsetzung.
Vor einigen Tagen habe ich mich hier mit der Frage beschäftigt, ob Verträge, die mit Easy Release fixiert werden, rechtlich wirksam sind, und was eine Unterschrift mit einem Stylus auf einem Tablet für eine rechtliche Qualität hat. Heute möchte ich das um einige Überlegungen zu den vertraglichen Regelungen ergänzen, die ein Model Release Vertrag enthalten sollte. Wozu genau dient der Vertrag, was ist sein Regelungsinhalt, und warum ist das so wichtig?
Betrachten wir mal den einfachsten Fall eines Shootings. Anwesend sind das Model und der Fotograf. Das Model modelt, der Fotograf fotografiert, und das Ergebnis sind Fotos vom Model. Ist klar.
Diese Fotos berühren nun die Rechte beider Beteiligten. Der Fotograf ist Urheber der Fotos. Jedes noch so triviale Foto ist urheberrechtlich geschützt. Verwerten darf die Fotos damit grundsätzlich nur der Fotograf als Urheber.
Durch eine Veröffentlichung der Fotos werden aber auch Rechte des Models betroffen. Das ist rechtlich etwas komplizierter, im Kern geht es aber um das Recht am eigenen Bild. Danach kann jeder Mensch selbst bestimmen, ob und wie Fotos von ihm veröffentlicht werden dürfen. Natürlich gibt es da Ausnahmen und Zweifelsregelungen. Ist die Person zum Beispiel nur Beiwerk, oder auch bei Bildern von Versammlungen, braucht man keine Einwilligung der abgebildeten Person. Eine Einwilligung gilt auch im Zweifel als Erteilt, wenn das Model eine Entlohnung erhalten hat.
Diese Regelungen führen nun leider nur in den seltensten Fällen zu eindeutigen Ergebnissen. Wann eine Person nur Beiwerk ist, wann überhaupt Zweifel bestehen und was alles eine Entlohnung ist, das und vieles mehr war schon Gegenstand etlicher Gerichtsentscheidungen und ist irgendwie immer eine der berühmten “Fragen des Einzelfalles”. Kann man es vermeiden, sollte man sich darauf besser nicht verlassen.
In einem Model Release Vertrag geht es also darum, dass der Fotograf die Fotos, die in einem Shooting entstehen, später auch verwenden darf. Das Model soll die Fotos freigeben -- “releasen” eben. Damit ist dann auch schon klar, was mindestens geregelt sein sollte: Nämlich der genaue Umfang der Freigabe. Dabei muss man vor allem darauf achten, dass die Einwilligung wirksam ist. Außerdem möchte der Fotograf die Fotos sicher gerne bearbeiten. Ein Model Release Vertrag sollte also als absolutes Minimum folgende Punkte klären:
- Beteiligte
- Umfang und Reichweite der Einwilligung des Models
- Alterszusicherung bzw. Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
- Bearbeitungsrecht an den Fotos
Sehr empfehlenswert ist es, die Vergütung des Models gleich mit zu regeln. Der Fotograf bekommt seine Einwilligung, und das Model bekommt dafür eine Entlohnung. Die Muss nicht in Geld bestehen. Das Model kann, gerade im Amateurbereich sehr üblich, auch dadurch entlohnt werden, dass es die entstandenen Fotos nutzen darf. Man spricht dann von Time for Pictures, “TfP”. Typischerweise darf das Model entstandene Fotos für eigene Zwecke und die Eigenwerbung kostenlos nutzen (Sedcard, Website, Profilfoto usw.). Schließlich bietet sich noch eine Regelung zur Namensnennung des Models und des Fotografen an. Schließlich geht es bei TfP häufig primär um Eigenwerbung. Damit wächst die Liste um:
- Rechtsübertragung an das Model
- Namensnennung
Bei der Gelegenheit werden oft noch viele andere Dinge mitgeregelt. Da findet man Klauseln zu Haftung, Schadensersatz und Vertragsstrafen, zur konkreten Durchführung des Shootings, Wettbewerbsverbote, Kündigungsklauseln und Regeln zu Vertragssprache, Erfüllungsort, Gerichtsstand usw. Das mag manchmal sinnvoll sein, bläht die Verträge aber heftig auf. Alle diese Themen sind auch gesetzlich geregelt, und die gesetzlichen Regelungen sind nicht schlecht. Darauf kann man sich im Amateurbereich bei TfP-Shootings gut zurückziehen und auf vertragliche Regelungen verzichten.
Ich empfehle immer, einen Vertragstext dem Vertragspartner bereits einige Tage vor Vertragsschluss zur Verfügung zu stellen, damit der andere sich in Ruhe damit beschäftigen kann. In dem Amateur-TfP-Szenario, das wir hier betrachten, geht das aber oft nicht. Darum sollte man hier besonderen Wert darauf legen, den Vertrag kurz und leicht verständlich zu halten. Kurze Sätze, saubere thematische Gliederung und einfache Sprache sind da hilfreich. Nur abraten kann man übrigens von “trickreichen” Formulierungen, die das eigentlich Gewollte verschleiern sollen; da ist späterer Streit praktisch vorprogrammiert.
Als Beispiel, wie das aussehen kann, könnt Ihr Euch den folgenden Model Release Vertrag für ein TfP-Shooting anschauen. Der Vertrag hat einen Regelungsinhalt, den ich mit Paddy abgestimmt habe und der unserer Meinung nach einen fairen Ausgleich darstellt zwischen den Interessen eines ambitionierten Amateurfotografen und einem Model, das noch unbekannt ist, aber schon etwas Erfahrung hat, den Schritt in die Professionalität wagen möchte und dafür gute Fotos von sich braucht. Kurz zusammengefasst sieht das so aus: Beide dürfen alle entstehenden Bilder uneingeschränkt für eigene Zwecke nutzen, der Fotograf für sein Marketing, das Model für ihres (Website, Sedcard usw.). Der Fotograf darf als Urheber die Fotos auch kommerziell verwerten (also auch an Dritte verkaufen und ihnen die Nutzung bzw. Veröffentlichung gestatten). Erhält der Fotograf eine Lizenzgebühr, bekommt das Model davon einen Anteil. Ausgeschlossen ist natürlich eine Verwendung im Erotikbereich sowie in einer Art, die das Model herabwürdigt, entehrt oder in einen anderen, ähnlichen negativen Kontext setzt.
Der Vertrag ist übrigens speziell für die Verwendung mit Easy Release optimiert. Ihr müsst den Text nur irgendwie auf Euer Tablet bzw. Smartphone schaffen (z.B. per Email an Euch selbst oder via Dropbox) und dann als neuen Vertragstext in Easy Release hinterlegen (Copy & Paste). Alle Easy Release Variablen sind so verwendet, dass man das Customization Pro-Pack nicht benötigt. Wenn Ihr den Vertrag normal verwenden wollt, müsst Ihr einfach nur die Variablen durch entsprechenden Text ersetzen.
Den Vertragstext habe ich unter eine Creative Commons CC BY-SA Lizenz (Weitergabe zu gleichen Bedingungen) gestellt. Ihr dürft den Vertrag kostenlos verwenden, auch kommerziell, und Ihr dürft ihn bearbeiten. Ihr müsst dann aber die bearbeitete Version auch weitergeben, dürft das aber nur zu denselben Bedingungen tun, insbesondere auch nur kostenlos. Namensnennung ist nicht erforderlich.
Genau danach habe ich heute gesucht. Herzlichen Dank dafür!
Julia
Toller Blog. Meine Arbeit ist zwar nicht betroffen, aber der Beitrag trägt viel zum “strukturierten Dialog” bei.
Vielen Dank an Herrn Hofmann für die gemachte Mühe diesen Vertrag aufzusetzen.
vielen Dank euch beiden !
lg
Vielen Dank für den super Beitrag.
Kann Marcus da vielleicht noch was zum österreichischen Recht sagen? Wird wahrscheinlich nicht grob abweichen oder?
Würde mich auch interessieren.
Der Standardvertrag, den ich einmal aus dem Web gefischt und in Verwendung habe, enthält im Wesentlichen die gleichen Punkte und basiert auf österreichischem Recht. Ich vermute deshalb, dass man den Vertragstext so übernehmen kann und einfach “deutsch” gegen “österreichisch” austauscht.
Was das betrifft, lasse ich mich aber gerne belehren. 😉
Mit österreichischem Recht kenne ich mich leider nicht aus. Da es aber letztlich bei der Einwilligung um Persönlichkeitsrecht geht, und der Grundrechtsschutz in Österreich dem in Deutschland zumindest ungefähr gleichkommen dürfte, sollte es da keine großen Unterschiede geben. Das ist aber nur Bauchgefühl. Bitte einen österreichischen Juristen fragen.
Letzter Nachtrag: Der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) sich gerade zur Frage der Rechtmäßigkeit der Anfertigung von Personenbildnissen geäußert (Az. 6Ob256/12h) und dabei im Wesentlichen die Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs aufgegriffen. Mein Lieblingssatz in dem Urteil: “Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des deutschen Bundesgerichtshofs an.” 🙂
Quelle: https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20130227_OGH0002_0060OB00256_12H0000_000
Evtl. sollte noch der Hinweis ergehen, daß die im Text aufgeführten Platzhalter für IPhone- Benutzer gelten.
Android- User müssen den Text etwas umbasteln und können (noch) nicht so viele Variablen im Text übernehmen.
Seite des App Herstellers:
http://www.applicationgap.com/apps/easyrelease/#.UaII69gs264
Ansonsten: Super Beitrag!
LG,
Michael.
Danke für diese Ergänzung. Leider hat sich da deutlich weniger getan als für IOs
Kam genau zur richtigen Zeit 🙂
Danke dafür.
Hilft einem als Anfänger ungemein.
Wie bereits auf Facebook erwähnt: Vielen Dank !
Mir ist gerade noch etwas aufgefallen: Wie schaut es eigentlich im Falle der nicht Volljährigkeit aus? Beispielsweise wenn das Modell schon alt genug ist (Teenager), Entscheidungen zu treffen, diese sehrwohl im Zuge ihrer Rechtsgültigkeit aber noch die Unterschrift der Eltern bedürfen?
Könntest du hierzu bitte noch eine kleine Ergänzung schreiben? Wäre dufte 😉
Minderjährige Models sind ein ganz schwieriges Thema. Wer auf der sicheren Seite sein will, holt sich sowohl für das Anfertigen der Fotos wie auch für die Veröffentlichung die Einwilligung von minderjährigem Model und gesetzlichem Vertreter, also von beiden.
Hallo,
erstmal vielen Dank für den Beitrag 🙂
Zu der Formulierung “herabwürdigenden oder ehrverletztenden Weise” habe ich eine Frage. Ist das nicht sehr schwammig? Und ist das nicht auch wieder in jedem Einzelfall u.U. anders zu bewerten bzw. unterliegt dem subjektiven Empfinden eines jeden Einzelnen?
Was, wenn das Modell da (vlt. auch erst nachträglich) ein anderes hat als der Fotograf? Manchmal fühlt man sich schon herabgewürdigt, wenn man nicht von seiner Schokoladenseite gezeigt wird…
Mir wollten Modells schon eine Veröffentlichung verbieten, weil sie sich “nur” selber nicht gefallen haben, haben mehr oder auch weniger EBV angemahnt.
Und was ist mit Shootings im Bereich Fetisch, freizügigem Akt, Pink Shoot etc.? Oder auch mit bestimmten Themen wie Schmerz, Trauer, Angst, Panik, Armut, Verelendung, Krankheit, Tod. Sind die nicht alle schon prinzipiell als “herabwürdigendend oder ehrverletztend” interpretierbar?
Bitte nicht falsch verstehen: ich weiss sehr wohl, was mit dieser Formulierung bezweckt werden soll. Nur sehe ich hier ein Einfallstor für das, was eigentlich mit einem solchen Vertrag verhindert werden soll. Denn egal, was die wirklichen Beweggründe sein mögen: “ich fühle mich durch dieses Bild herabgewürdigt und/oder in meiner Ehre verletzt” kann man sehr leicht sagen.
vg, stefan
Das Release ist wie gesagt für den Fotografen Typ “ambitionierter Amateur” gedacht. Da dürften 99% der Shootings nicht Akt, Fetisch usw. sein. Begibt man sich in solche eher sensiblen Bereiche, sind ausführlichere Regelungen durchaus sinnvoll.
Die Verwendung der entstandenen Fotos richtet sich nach der Bildaussage. Die Beurteilung, ob ein Bild herabwürdigend o.ä. ist, erfolgt objektiv, nicht aus Sicht des Models, und ist weniger eine Frage des Bildinhalts selbst (kann aber auch sein) als mehr des Kontexts.
Bei EBV denke ich übrigens erstmal an Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Three letter acronyms are bad. Soviel zum Thema “TfP”… 🙂
Vielen Dank für den Vertragstext, habe halt umsonst die Erweiterung gekauft 🙂
Hallo,
Kann man diesen Vertrag noch verwenden ist davon eher abzuraten?
Bin Hobbyfotograf.
Ich habe kürzlich Easy Release Pro erstanden und versuche gerade, eine vernünftige Vertragssammlung anzulegen. Insbesondere geht es um die Vereinbarkeit des Standardvertrages (integriert in Easy Release) mit TFP-Klauseln.
Shutterstock und andere Stock-Agenturen akzeptieren gem. ihrer Website Modelreleases von Easy Release. Dafür muss aber wohl der Standard-Vertrag verwendet werden. Abweichungen und andere Texte müssten ausschliesslich in englisch vorgelegt werden. Der Standardvertrag geht allerdings nicht auf die TFP-Eigenheiten ein und lässt das Model “erfolgte Bezahlung” akzeptieren. Hast Du Erfahrung mit damit? Wie kann ein Vertrag gestaltet werden, dass er TFP-Klauseln beinhaltet und von Stockagenturen akzeptiert wird?