Review der Capture One Film-Styles

Bei Ligh­t­room hei­ßen sie Pre­sets, bei Cap­tu­re One sind es Styl­es. Es sind gespei­cher­te Bear­bei­tungs­ein­stel­lun­gen, die einer­seits Zeit und Arbeit spa­ren kön­nen, aber ande­rer­seits auch ermög­li­chen einen Bild­look wei­ter­zu­ge­ben. Bei der Dis­kus­si­on über Sinn und Unsinn von Pre­sets gibt es ver­schie­de­ne Ansich­ten. Die einen ver­teu­feln sie und bestehen dar­auf, dass die Bear­bei­tung fes­ter Bestand­teil ihrer foto­gra­fi­schen Krea­ti­vi­tät ist, ande­re wie­der­um sehen in ihnen eine ein­fa­che Mög­lich­keit ans Ziel zu kommen.

Bei aller Lie­be und dem Spaß an der Bild­be­ar­bei­tung steht für mich die Zeit­er­spar­nis im Vor­der­grund. Zwar lie­be ich es, immer wie­der selbst neue Farb­looks zu erar­bei­ten und mich mit den Mög­lich­kei­ten der Bild­be­ar­bei­tung zu beschäf­ti­gen, aber oft muss es schnell gehen und ob man an einem Job gut oder schlecht ver­dient, ent­schei­det sich auch in der Effi­zi­enz der Nach­be­ar­bei­tung. Das Pre­set bil­det bei mir die Grund­la­ge für einen Look, der dann mit etwas Hand­ar­beit ver­fei­nert wird.

Der Ver­kauf von Pre­sets und Styl­es ist längst zu einem lukra­ti­ven Geschäft gewor­den. Die Ver­lo­ckung beim User mit nur einem Klick den Bild­look der foto­gra­fi­schen Vor­bil­der nach­ah­men zu kön­nen ist ein­fach zu groß. Vie­le Foto­gra­fen haben das erkannt und ver­die­nen sich ein net­tes Bei­brot  mit dem Ver­kauf ihrer Pre­sets. Lei­der ist auch viel Schrott auf dem Markt. Für Ligh­t­room sta­chen in der Ver­gan­gen­heit vor allem die Pake­te von VSCO und die Clas­sic Pre­sets von André Duh­me posi­tiv her­vor. Die­se Pake­te zeich­nen sich vor allem durch die Hohe Detail­ver­liebt­heit und die unter­schied­li­chen Kame­ra­pro­fi­le aus. Die Ent­wick­ler haben sehr viel Zeit in die Abstim­mung inves­tiert, so dass die Ergeb­nis­se auch mit ver­schie­dens­ten Kame­ra­mo­del­len gut sind. Das ist auch der Grund, war­um ich bis­her kei­ne eige­nen Pre­sets her­aus­ge­bracht habe. Zu groß ist die Gefahr, dass es nur bei mir gut aus­sieht und bei den Käu­fern die Ergeb­nis­se eher beschei­den sind.

Im Zuge mei­nes Umstiegs auf Cap­tu­re One habe ich anfangs mei­ne Ligh­t­room-Pre­sets schmerz­lich ver­misst. Das ist halt auch die Gefahr, man wird irgend­wann abhän­gig von den Din­gern. Das hat mich rich­tig genervt und daher habe ich mich vor allem mit der Farb­ge­stal­tung in Cap­tu­re One beschäf­tigt. Das ist die Stel­le an der ich auf mein Tuto­ri­al zu Cap­tu­re One hin­wei­sen darf 😉 Obwohl ich behaup­te, dass ich das Pro­gramm mitt­ler­wei­le gut im Griff habe, woll­ten man­che Looks aber nicht so rich­tig gelin­gen. Es ist halt das Zusam­men­spiel aus den ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten. Eine Kur­ve kann allei­ne beschis­sen aus­se­hen und im Zusam­men­spiel mit der Farb­ba­lan­ce plötz­lich grandios.

Pha­se One hat erkannt, dass sich mit Styl­es rich­tig Koh­le machen lässt. Vor allem die Umstei­ger von Ligh­t­room zu Cap­tu­re One ver­mis­sen oft ihre lieb gewon­ne­nen Pres­tes. Seit eini­ger Zeit bie­tet der Her­stel­ler von Cap­tu­re One daher auch eige­ne Pre­set Sty­le­pa­ke­te an. Alle nicht gera­de bil­lig, aber auch nicht viel teu­rer als z.B. die VSCO-Pake­te für Ligh­t­room. Ich habe mir jetzt mal das aktu­ell erschie­ne­ne FL-Pack gekauft und möch­te dazu ein klei­nes Review abgeben.

 

Für 69,- € zzgl. MwSt. bekommt man 15 ver­schie­de­ne Styl­es in jeweils drei Aus­füh­run­gen. Die Aus­füh­run­gen sind unter­schied­li­che Inten­si­täts­ge­ra­de, was sich in ers­ter Linie im Kon­trast äus­sert. Die Styl­es sind ein­fach durch­num­me­riert. Da die­ses Paket ver­schie­de­ne Ana­log­fil­me simu­lie­ren soll, hät­te ich mir gewünscht, dass man die Namen den Fil­men anpasst, die als Vor­la­ge her­hiel­ten. Aller­dings kann es auch sein, dass die Styl­es gar nicht spe­zi­el­len Film­looks nach­emp­fun­den sind, son­dern ihnen nur ähneln. Grund­sätz­lich fin­de ich es ein­fa­cher mit Namen statt mit Num­mern. So kann man sich eher dar­an erin­nern, wel­cher Style der per­sön­li­che Favo­rit ist.

Wie das so ist bei sol­chen Pake­ten, gefal­len meis­tens nur weni­ge Styl­es rich­tig gut. Aber das ist auch ok so, denn letzt­end­lich benö­tigt man ja nicht vie­le ver­schie­de­ne, son­dern nur eins, das einem gefällt. So ein Paket muss man wohl eher als eine Art Schau­fens­ter anse­hen, aus dem sich jeder ein oder zwei Pro­duk­te aussucht.

 

Bei mei­nen Test­bil­dern habe ich mal die Styl­es ohne wei­te­re Anpas­sung über die Bil­der gelegt. Auch wenn es juckt und ich oft noch ein wenig an den Reg­lern spie­len wür­de, habe ich mich zusam­men geris­sen. Die Anpas­sun­gen sind teil­wei­se mode­rat, manch­mal aber auch auf­fäl­li­ger. Für wel­che Abstu­fung eines Styl­es ich mich jeweils ent­schie­den habe, war rei­ne Bauch, bzw. Geschmacksache.

 

Schaut man mal etwas genau­er hin, so fällt auf, dass an gar nicht so vie­len Reg­lern gezo­gen wur­de. In fast allen Styl­es wur­den ledig­lich die Gra­da­ti­ons­kur­ve und die Farb­ba­lan­ce ange­packt. Hin und wie­der noch etwas High­lights und Schat­ten. Was gemacht wur­de, ist aber ganz gut abge­stimmt. Die Ergeb­nis­se sehen rela­tiv natür­lich aus und gehen auch als Ana­log­look durch ohne dabei zu Hips­ter-retro­mä­ßig zu wir­ken. Ich muss sagen, dass sich zu jedem mei­ner Bil­der auch ein Style fand, der sofort recht brauch­bar aussah.

 

Der Vor­teil an den Styl­es ist, dass man davon auch ler­nen kann. Man schaut sich die Ein­stel­lun­gen an und kann sie ein­zeln deak­ti­vie­ren, um zu sehen was genau mit die­sem Werk­zeug erreicht wur­de. Das ist manch­mal ernüch­ternd, wenn man sieht, wie wenig teil­wei­se gemacht wur­de. Da ist man natür­lich geneigt zu sagen: “Was, so viel Koh­le für drei­mal am Reg­ler zie­hen?”. Der Gedan­ke kommt auf, aber ande­rer­seits öff­net es natür­lich auch die Augen, bzw. zeigt die Mög­lich­kei­ten von Cap­tu­re One. Spe­zi­ell beim The­ma Far­ben ist es mei­ner Mei­nung nach Ligh­t­room überlegen.

 

Dem direk­ten Ver­gleich mit VSCO kön­nen die Film­styl­es nicht stand­hal­ten, was aber in ers­ter Linie dar­an liegt, dass es ein­fach viel weni­ger Styl­es sind. VSCO bie­tet deut­lich mehr Pre­sets an, bedeu­tet aber auch mehr Koh­le für die ver­schie­de­nen Pake­te auf den Tisch zu legen. Wenn ich beden­ke, dass ich letzt­end­lich nur drei oder vier der VSCO-Pre­sets benutzt habe, dann ist das auf jeden Fall ein Hau­fen Koh­le. Aber es geht ja auch dar­um für jeden etwas anzu­bie­ten. Viel­falt ist hier wohl das Stich­wort. Denn wir wol­len ja auch nicht Gefahr lau­fen, dass irgend­wann alle Bil­der einem Bear­bei­tungs-VSCO-Ein­heits­brei entsprechen.

 

Sowie­so emp­feh­le ich Pre­sets und Styl­es nie­mals blind ein­fach über die Fotos zu bügeln. Das funk­tio­niert nur sel­ten. Ich sehe sol­che Pake­te ein wenig wie einen Look-Bau­kas­ten an.

Kann ich eine Emp­feh­lung für die Film­styl­es von Pha­se One geben? Ich kann nur für mich spre­chen und sagen, dass es sich um einen halb­wegs brauch­ba­ren Satz an Styl­es mit Film­looks han­delt und die­ses Paket wohl am ehes­ten für Umstei­ger von Lightroom+VSCO geeig­net ist. Der Preis geht für mich per­sön­lich zwar in Ord­nung, aller­dings sehe ich so ein Paket als ein­ma­li­ge Inves­ti­ti­on in eine Tool­box, die mir hof­fent­lich die Arbeit erleich­tert. Von Pha­se One hät­te ich erwar­tet, dass sie die­se Pake­te deut­lich güns­ti­ger anbie­ten oder mehr Styl­es ent­hal­ten sind. Daher bin ich mir auch sicher, dass sich da noch eini­ges bei Dritt­an­bie­tern tun wird.

 

Ob die­se Styl­es für Euch funk­tio­nie­ren, kann ich schwer vor­her­sa­gen. Sie sind auf jeden Fall ein guter Start. Ich hof­fe, dass die Bei­spie­le in die­sem Post ein klein wenig bei der Beur­tei­lung hel­fen, denn auf der Her­stel­ler­sei­te bekommt man meist ja nur die top Ergeb­nis­se präsentiert.

 

 

 

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9 Gedanken zu „Review der Capture One Film-Styles“

  1. Hal­lo Pad­dy, bevor Cap­tu­re one eige­ne Styl­es ange­bo­ten hat, konn­te man und kann man hier sehr gute Styl­es bekom­men: http://alexonraw.com ( hiess frü­her cap­tu­re one blog, muss­te sich umbe­nen­nen). Hier sind die Styl­es nach den ent­spre­chen­den Farb und s/w Fil­men benannt.
    Son­ni­ge Grü­ße aus Gel­sen­kir­chen Raymond

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  2. Hal­lo Patrick,
    Vie­len Dank für das Tes­ten der Styl­es. Im Augen­blick bin ich im aus­tes­ten von Cap­tu­re One. Bei Ligh­t­room nut­ze ich als Aus­gangs­punkt sehr ger­ne die VSCO Pre­sets. Dort ist der gro­ße Vor­teil das eine kame­ra­spe­zi­fi­sche Kali­brie­rung gemacht wird. Ist dies auch bei C1 der Fall? Und kennst du die Pre­sets von RNI All Films 4? Ein Umstieg von Ligh­t­room auf C1 ist ein wich­ti­ger Schritt. Falls ich mich dafür ent­schei­de, freue ich mich auf dein Tuto­ti­al. Dein Ligh­t­room Tuto­ri­al hat­te mir damals viel gehol­fen. Herz­li­chen Dank, Roland

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  3. Hi Pad­dy. Dan­ke für’s Tes­ten. Dei­ne ers­te Reak­ti­on ob der Prei­se war ja ziem­lich spöt­tisch, umso mehr freue ich mich, dass Du es gewagt hast und uns dran teil­neh­men lässt.
    Ich wer­de mich für den Mat­te-Satz ent­schei­den, mal sehen, was das bringt.
    Zwei Anmer­kun­gen noch: In den Ord­nern, in denen die Styl­es lie­gen kann man sie nach Gus­to umbe­nen­nen, das schlägt sich dann auch gleich im Pro­gramm nieder.
    Das Pha­seO­ne immer noch kei­ne Tas­ta­tur-Short­cuts für die Styl­es anbie­tet, habe ich mir mit einem Work-around geholfen:
    Im Styl­es-Ord­ner einen Unter­ord­ner erstel­len, den so benen­nen, dass er bei der Sor­tie­rung oben steht (z.B. 01-oft_­ge­nutzt) und dar­in die meist genutz­ten Styl­es ver­sam­meln (kann man auch kopie­ren). Auch die­se Styl­es habe ich wie­der so umbe­nannt, dass die meist­ge­nutz­ten ganz oben stehen.
    So kann ich nach Auf­klap­pen der ent­spre­chen­den Werk­zeug-Ord­ner (Benut­zer-Stil/01-oft_­ge­nutzt) schnell auf mei­ne Favo­ri­ten zugreifen.

    VG Frank

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  4. Hal­lo Paddy,

    eine ehr­li­che und neu­tra­le Beur­tei­lung von dir als Nut­zer. Find ich sehr gut. Ich selbst hade­re z. Zt. eben­falls mit Ligh­t­room. Wie du habe auch ich ein Mac­Book Pro und habe bei Ado­be Ps und LR im Bund­le gemie­tet. Nach­dem LR CC2015 bei mir oft abge­stürzt ist und kei­ne Feh­ler­be­he­bung sei­tens Ado­be kam habe ich das Betriebs­sys­tem upge­gra­det und dann die neu­es­ten Ver­sio­nen von PS und LR installiert.
    Da ich auch Nik Plug­gins benutzt habe, vor allem Sil­ver Efex Pro, war ich doch sehr ver­är­gert dar­über, dass die­ses unter LR CC 2018 nicht mehr läuft, obwohl es unter PS CC 2018 funktioniert.
    Die Mie­te zah­len und nur noch PS nut­zen fän­de ich blöd.
    Wie gehst du damit um?

    Ich wünsch dir jeden­falls wei­ter­hin ein gutes Vor­ran­kom­men in C1.

    Grü­ße aus dem wil­den Süden

    Bernd Gan­tert

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  5. Super Sache die Styl­es, ich den­ke das wird C1 sicher auch noch ein­mal einen Schub geben. Ich nut­ze die Styl­es auch ger­ne als Inspi­ra­ti­ons­quel­le für einen eige­nen Look. Evtl. bewegt mich Dein Test ja sogar das Film-Sty­le­pack zu kau­fen, denn eini­ge Ergeb­nis­se sehen ja schon recht schick aus. Ein Hau-Drauf á la Insta­gram Fil­ter wird aber wohl kaum ein Nut­zer von C1 machen, da wird den meis­ten die Soft­ware zu teu­er dafür sein :-).

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  6. Oh ja, den Weg der Pre­sets bei LR bin ich auch gegan­gen und habe fest­ge­stellt: was nix kos­tet taugt auch nix. Nur bei mir ist es eher so, dass die meis­te Zeit bei der Bild­be­ar­bei­tung nicht die Farb­ein­stel­lung aus­macht son­dern die selek­ti­ve Bear­bei­tung und da kann mir kein Preset/Style hel­fen. Denn woher soll ein sol­che Vor­ga­be wis­sen, was nun mein eigent­li­ches Motiv ist - mal steht die Per­son links mal rechts mal in der Mit­te. Kurz, ich arbei­te viel damit selek­tiv im Bild die Kontraste/Helligkeiten/Sättigungen run­ter oder hoch zu dre­hen. Um mir die­se Arbeit abzu­neh­men bräuch­te ich was - Presets/Styles waren es bis­lang lei­der nicht.

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  7. Ich dach­te auch immer, ich müs­se alles sel­ber machen - aber im Sin­ne eines eige­nen Bild­sti­les sind Styl­es dann doch recht nütz­lich. Man wird ein­fach schnell wie­der­erkannt. Den eige­nen Touch in den Style und schon sind Fotos inner­halb des­sel­ben Looks möglich.
    Über­ra­schung: Ich bin lern­fä­hig 🙂 und Du hast (mal wie­der) Recht. 😉

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