Wie funktioniert ein Bildstabilisator und was bringt er mir?

Bild­sta­bi­li­sa­to­ren sind nichts neu­es mehr, mitt­ler­wei­le sind sie eigent­lich in allen Kame­ras, bzw. Objek­ti­ven ver­baut. Was tun sie? Ganz ein­fach: sie sta­bi­li­sie­ren das Bild 😉

Um ein unver­wa­ckel­tes Fotos zu schies­sen gibt es die fol­gen­de Dau­men­re­gel: Kehr­wert der Brenn­wei­te als kleins­te Belich­tungs­zeit. D.h. bei 80 mm Brenn­wei­te, soll­te ich min­des­tens 1/80 Sek. Belich­tungs­zeit haben, um das Bild nicht zu ver­wa­ckeln. Was hat das mit der Brenn­wei­te zu tun? Je näher ich an ein Objekt her­an zoo­me, umso stär­ker über­tra­gen sich kleins­te Erschüt­te­run­gen auf das Bild. Habe ich eine 300 mm Lin­se, so muss ich nur mini­mal an der Kame­ra wackeln und habe ein Erd­be­ben im Sucher­bild. Daher muss die Belich­tungs­zeit umso kür­zer sein, je län­ger die Brenn­wei­te. Das ist wie gesagt eine Dau­men­re­gel. Ein aus­ge­bil­de­ter Scharf­schüt­ze wird län­ge­re Belich­tungs­zei­ten ohne Ver­wa­ckeln hal­ten können.

Der Bild­sta­bi­li­sa­tor (IS = Image Sta­bi­li­zer bei Canon, VR = Vibra­ti­on Reduc­tion bei Nikon) beru­higt, bzw. sta­bi­li­siert das Bild nun deut­lich. Das funk­tio­niert über Bewe­gungs­sen­so­ren, wel­che die hori­zon­ta­le und ver­ti­ka­le Erschüt­te­rung mes­sen. Ein ein­ge­bau­ter Pro­zes­sor berech­net on the fly wie Stark die Erschüt­te­rung kom­pen­siert wer­den muss und steu­ert dann ein beweg­li­ches Lin­sen­ele­ment im Objek­tiv an, wel­ches der Erschüt­te­rung ent­ge­gen wirkt. So ist zumin­dest das Grund­prin­zip. Eini­ge Her­stel­ler wie z.B. Sony oder Olym­pus bau­en den Sta­bi­li­sa­tor nicht in die Objek­ti­ve, son­dern in die Kame­ra ein. Das hat natür­lich den Vor­teil, dass dadurch die Objek­ti­ve grund­sätz­lich güns­ti­ger sind, da sie alle kei­nen Sta­bi­li­sa­tor ent­hal­ten. Der Vor­teil eines Sta­bi­li­sa­tors im Objek­tiv ist die genaue Abstim­mung auf den Objek­tiv­typ. Was bes­ser ist, kann ich Euch nicht sagen.

Viel wich­ti­ger ist jedoch zu wis­sen was der Sta­bi­li­sa­tor mir bringt. Die Mar­ke­ting­ex­per­ten schrei­ben natür­lich ger­ne “bis zu 4 Blen­den­stu­fen”. Ver­such macht aber bekannt­lich klug. Dazu habe ich ein­fach mal mit mei­nem Nik­kor 70-200mm f/2,8 VRII einen simp­len Ver­such gemacht. Drei Ver­gleichs­bil­der, alle bei 200mm mit unter­schied­li­chen Belich­tungs­zei­ten. 1/200, 1/50 und 1/25 Sek, jeweils mit und ohne Bild­sta­bi­li­sa­tor. Schaut Euch das Ergeb­nis am bes­ten selbst an.

1/200 Sek.

1/50 Sek.

1/25 Sek.

Bei 1/200 Sek. ist kaum ein Unter­schied vor­han­den, was zumin­dest die Dau­men­re­gel “Kehr­wert der Brenn­wei­te als Belich­tungs­zeit” belegt. Bei 1/50 Sek. ist dann schon ein Ver­wack­ler ohne Sta­bi­li­sa­tor zu sehen. Rich­tig krass ist der Unter­schied dann bei 1/25 Sek und da leis­tet der Sta­bi­li­sa­tor dann auch wirk­lich gan­ze Arbeit. 1/25 Sek bei 200mm aus der Hand ist doch schon ganz ordent­lich. Spe­zi­ell bei den lan­gen Brenn­wei­ten macht sich der Bild­sta­bi­li­sa­tor also rich­tig bemerkbar.

Aber Vor­sicht: Wer nun meint, er kön­ne ein­fach den Sta­bi ein­schal­ten und wird zum Sport­fo­to­gra­fen, der sei gewarnt. Gegen die Bewe­gung der Sport­ler kann der Sta­bi­li­sa­tor nichts aus­rich­ten 😉 Immer wenn Ihr mit Bewe­gung zu tun habt, muss die Ver­schluss­zeit run­ter, was bei wenig Licht nur über eine gros­se Blen­de und höhe­re ISO-Zahl zu errei­chen ist.

Noch ein Tipp: Es wird oft dazu gera­ten, den Sta­bi aus­zu­schal­ten, wenn man mit einem Sta­tiv arbei­tet. Auf dem Sta­tiv ist die Kame­ra schon total tie­fen­ent­spannt und soll­te nicht wackeln. Die beweg­li­chen Tei­le des Sta­bi­li­sa­tors kön­nen sich nun auf den Sta­tiv­kopf und das Sta­tiv über­tra­gen und so Schwin­gun­gen her­vor rufen, die wie­der­um zu Ver­wack­lern füh­ren können.
Das ist grund­sätz­lich rich­tig. Ich ver­ges­se jedoch stän­dig den Sta­bi aus­zu­schal­ten und mir ist dadurch noch kein Bild ver­saut wor­den. Das liegt aber auch dar­an, dass ich ein sehr sta­bi­les Sta­tiv ver­wen­de, das so schnell nichts erschüt­tert. Bei einem 30€-Stativ aus dem Elek­tro-Dis­coun­ter kann das schon wie­der anders aussehen.

Letz­ter Tipp: Vie­le Objek­ti­ve mit Sta­bi­li­sa­tor haben einen wei­te­ren Schal­ter. Bei Nikon steht dort “Nor­mal” und “Acti­ve”. Acti­ve ver­wen­det man, wenn nicht nur die eige­ne Bewe­gung aus­ge­gli­chen wer­den muss, son­dern Ihr Euch selbst auf einem beweg­li­chen Unter­satz befin­det. Foto­gra­fie­ren aus dem Auto her­aus ist ein gutes Bei­spiel dafür.

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9 Gedanken zu „Wie funktioniert ein Bildstabilisator und was bringt er mir?“

  1. “Schö­ne” Beispielbilder!

    Ich stel­le, wie du, den Sta­bi aber auch auf dem Sta­tiv nicht aus. Sogar auf einem klei­nen 7 Euro Pocket-Sta­tiv konn­te ich dabei noch kei­ne künst­li­chen Ver­wan­de­lun­gen feststellen.

    Und jetzt weiß ich auch, was das Acti­ve auf den Nikon-Tüten bedeutet.

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  2. Schö­ner Bericht.
    Ich bin froh einen Bild­sta­bi in mei­ner DSLR zu haben.
    Da kann man mit ruhi­ger hand auch mal bil­der mit “län­ge­ren” ver­schluss­zei­ten hinbekommen.

    PS: ich schal­te den bild­sta­bi auf dem sta­tiv immer aus 😉

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  3. Wie immer ein sehr sehr guten uns aus­führ­li­cher Bericht. Danke.
    Wenn ich die Zeit fän­de, ghät­te ich tie­risch Lust mit nach Mal­le zu flie­gen und sehr sehr viel zu lernen.

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  4. Ein Vor­teil eines Bild­sta­bi­li­sa­tors im Objek­tiv ist auch, dass man dadurch auch ein sta­bi­les Sucher­bild hat. Mei­nes Wis­sens wird beim Sta­bi im Kame­ra-Body der Sen­sor bewegt, daher wackelt es im Sucher weiterhin.

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  5. Erlau­be mir dar­auf hin­zu­wei­sen, dass bei den kur­zen Belich­tungs­zei­ten die Sport­fo­to­gra­fie benö­tigt ein Bild­sta­bi nicht wirk­lich Sinn macht - er hilft, wie Du ja rich­tig schreibst, bei län­ge­ren Belich­tungs­zei­ten. Dar­über hin­aus macht VR beim kur­zen Belich­tungs­zei­ten Bil­der unscharf. Ach­te mal drauf.
    BTW: neben einem VR oder IS hilft auch die rich­ti­ge Kame­ra­hal­tung. Dazu hat­te ich erst kürz­lich einen klei­nen Wett­be­werb ver­an­stal­tet: http://www.stefangroenveld.de/tipps-tricks/wie-kann-ich-langer/

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  6. bei aller lie­be zu lan­gen belich­tungs­zei­ten… einen sta­bi nut­ze ich grund­sätz­lich nicht. ste­fan hat es schon ange­deu­tet… rich­ti­ge kame­ra­hal­tung sowie kör­per­hal­tung bei guter atem­tech­nik lässt so gut wie jeden ohne sta­bi aus­kom­men. nach­teil des sta­bi ist lei­der auch das selbst wenn er aus­ge­schla­tet ist… also in null posi­ti­on im objek­tiv… er trotz­dem zwi­schen den lin­sen liegt und die qua­li­tät beein­träch­tigt. das mag recht vie­len nicht so wiech­tig sein, aber ich hal­te es für mei­ne eige­ne arbeit für extrem wichtig.

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  7. Sehr guter Arti­kel. Eine Sache möch­te ich jedoch anmmer­ken. Du schreibst:

    Die beweg­li­chen Tei­le des Sta­bi­li­sa­tors kön­nen sich nun auf den Sta­tiv­kopf und das Sta­tiv über­tra­gen und so Schwin­gun­gen her­vor rufen, die wie­der­um zu Ver­wack­lern füh­ren können.

    Es geht nicht dar­um, dass Bewe­gun­gen des Sta­bi­li­sa­tors auf das Sta­tiv über­tra­gen wer­den, es geht eher dar­um, dass der Sta­bi­li­sa­tor nicht von einer voll­stän­dig ruhi­gen Kame­ra aus­geht und auch dann leicht “krei­sen” kann. Beson­ders bei Lang­zeit­auf­nah­men z.B. von Ster­nen vom Sta­tiv aus, kannst Du die Bewe­gun­gen des Sta­bis begut­ach­ten, wenn Du ihn nicht aus­schal­test. Das glei­che Phä­no­men kann man bei Video­ka­me­ras mit Sta­bi fest­stel­len, wenn man damit ver­sucht stand­bil­der auf­zu­neh­men. Das Bild ist nie ganz ruhig, da der Sta­bi leicht “oszi­liert”.

    @jan: der Sta­bi­li­sa­tor liegt i.d.R. nicht optisch “zwi­schen den Lin­sen” son­dern besteht in der Regel aus 2 Ser­vos, die die Lin­sen ent­spre­chend Ver­schie­ben oder Kip­pen. Eine opti­sche Ver­schlech­te­rung ent­steht dadurch nicht. Mei­ner Erfah­rung nach kann man selbst mit noch so guter Atem­tech­nik und Hal­tung einen Sta­bi­li­sa­tor nicht erset­zen. Die Din­ger leis­ten schon eine Men­ge, wenn man weiß, sie einzusetzen.

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