Hier kommt der dritte uns letzte Teil der kleinen Gastbeitragsreihe von Feyzi Demirel über Streetfotografie. Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2. Solltet Ihr Interesse an Feyzis Bildband haben, so schaut mal den folgenden Link an. Der Gutscheincode funktioniert momentan auch noch.
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Im vorerst letzten Beitrag der Serie geht es um meine goldenen Regeln der Street Photography. Diese Regeln beruhen auf meiner jahrelangen Erfahrung in diesem Genre und ich versuche mich so gut wie möglich an diese zu halten. Für mich funktionieren die nun folgenden Punkte ganz gut, natürlich sind sie nicht allgemeingültig und ihr solltet schauen, wie gut sie am Ende auch zu euch passen.
1. Lernt von den Street-Größen
Trial and Error funktioniert häufiger im Leben als man glaubt. Aber es gibt effizientere Wege zum Erfolg zu kommen. In der Fotografie ist der wohl beste Weg zu einem besseren Fotografen das Studium der Meister und ihrer Fotos bzw. Bildbände. So häufig wie es geht versuche ich die Fotos von Henri Cartier Bresson, Robert Frank, Alex Webb etc. zu analysieren, nicht nur auf der Suche nach Inspiration, sondern auch um zu verstehen, wie sie es schaffen konnten einzigartige Momente einzufangen oder exzellente Kompositionen zu kreieren. Und nicht falsch verstehen, es geht ums Verstehen und Lernen, nicht ums Kopieren. Jeder Street Fotograf sollte meines Erachtens versuchen seinen eigenen Stil zu entwickeln.
2. New York ist vor der Haustür
Seien wir mal ehrlich, fotografieren in New York, Tokyo oder Istanbul klingt cooler als die eine oder andere Session in eurer Heimatstadt. Aber macht es euch wirklich zu einem besseren Fotografen die Motive zugeworfen zu bekommen? Lohnt es sich ein Jahr lang auf diese eine Tour zu warten und sonst nur wenig zu tun? Vor einigen Jahren habe ich, zugegebenermaßen etwas provokant, die Aussage getroffen, dass fotografieren in New York wie Löwen jagen im Zoo ist. Gönnt euch so eine Tour, aber glaubt mir, besser werdet ihr, wenn ihr ständig vor die Tür geht und wenn ihr die Herausforderung meistert. Dies war mit einer der Gründe, weshalb ich vor 3 Jahren mein heimatbezogenes Projekt “Mölmsch” gestartet habe. Heute kann ich sehen, wie es mir im Laufe der Zeit geholfen hat.
3. Größe ist nichts
Im ersten Beitrag der Reihe ging es unter anderem um die richtige Kamera für die Street Photography. Meiner Erfahrung nach kommt ihr mit weniger körperlichen Schmerzen nach Hause, wenn ihr eine möglichst kleine und leichte Kamera für eure Sessions nutzt. Natürlich könnt ihr auch mit einer DSLR in die Street Photography einsteigen, aber über kurz oder lang solltet ihr versuchen nicht so stark aufzufallen, damit Momente und Szenen nicht durch eure Auffälligkeit gestört werden. Eine spiegellose Systemkamera, sie muss nicht teuer sein, passt meiner Meinung nach am besten zur Street Photography und seinen Eigenschaften.
4. P-Mode steht nicht für Pannemann
Ihr wisst schon, die beste Kamera ist die, die man dabei hat. Ich gehe aber gerne noch einen weiter und sage, dass die beste Kamera die ist, die ihr sehr gut beherrscht. Street Photography lebt von Momenten, sehr häufig hat man keine Zeit, da man gezwungen ist innerhalb weniger Sekunden diese ungestellten Momente einzufangen. Bevor ihr aus falschem Ehrgeiz zwanghaft versucht ausschließlich mit manuellen Einstellungen zu fotografieren, und unter Umständen an Geschwindigkeit verliert oder gar falsch belichtet, solltet ihr lieber ein paar Automatiken nutzen. Ihr seid relativ frisch in der Materie? Dann legt den P-Mode ein und lasst die Kamera die Einstellung für euch übernehmen. In meinem Freundeskreis diskutieren wir dieses Thema häufiger, aber glaubt mir, ich bin so viel schneller dadurch, dass ich nur die Blende nach meinem Gusto einstelle und die Kamera Verschlusszeit und ISO übernimmt.
5. Eine Kamera, ein Objektiv
Dieser Punkt ist unter Street Fotografen zum Glück einigermaßen verbreitet und ich möchte ihn hier der Vollständigkeit halber aufnehmen. Wenn ich rausgehe, dann immer nur mit einer Kamera und einem bestimmten Objektiv. Ständig wechseln oder mir Gedanken machen? Dafür habe ich keine Zeit und keine spontane Szenerie wartet, bis ich meinen Objektivwechsel vollzogen habe. Zudem trainiert Euch eine feste Brennweite schneller bessere Kompositionen zu wählen, weil ihr von vornherein wisst, welchen Bildwinkel eure Kamera erfasst, wo ihr stehen solltet etc. Die Aussagen gelten für Festbrennweiten, ein Zoom ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber ich schließe mich der oft unter Fotografen geäußerten Aussage an, dass man sich dann weniger mit der Bildkomposition beschäftigt und damit ein schlechteres Training hat.
6. Gute Bedingungen sind da wo du bist
Für Street Photography gibt es meines Erachtens nicht die eine perfekte Lichtsituation. Im Prinzip kann man auch fast sagen, dass Licht keine Rolle spielt, auch wenn sie ja für die Fotografie elementar wichtig ist. Wenn der Himmel bewölkt ist, dann braucht ihr Euch keine großen Gedanken zu machen, was vielleicht gut ist, aber in der Mittagssonne könnt ihr dafür wunderbar Schatten in eure Fotos einbauen und Akzente setzen. Das ist doch das schöne an der Street Photography, die relativ große Unabhängigkeit von Lichtsituationen, Blitzen, Modells, peripherem Equipment etc. Wichtiger als eine spezielle Lichtsituation ist meiner Erfahrung übrigens der eine Augenblick und eine unter Zeitdruck gut gelungene Komposition.
7. Schwarzweiss und Farbe
Auch ich war eine Zeit lang ziemlich dogmatisch in meiner Einstellung dazu, ob Street Fotos schwarzweiss oder farbig sein müssen. Da war ich einfach fehlgeleitet, da ich im Studium der Street Meister wie Cartier Bresson für mich die falschen Schlüsse gezogen habe. Erst als ich mich mit William Eggleston auseinandergesetzt habe, konnte ich für mich erkennen, dass es Fotos gibt, die Farbe brauchen, man muss diese halt nur gut in die Bildkomposition einbeziehen. Schwarzweiss hilft in einigen Fotos die Konzentration auf die Szene zu lenken, Farbe kann andererseits gut eingesetzte besondere Akzente setzen. Heute entscheide ich von Foto zu Foto oder von Projekt zu Projekt, ob ich die Fotos in schwarzweiss oder Farbe möchte, aber ich lege mich ganz sicher nicht auf eine der Richtungen fest. Mir geht es heute noch nicht anders als vielen anderen Kollegen da draußen, es ist schwerer in Farbe zu fotografieren, aber man kann auch das trainieren.
8. Projekt, Projekt, Projekt
Wir haben uns heute hier bei Paddy auf dem Blog eingefunden, weil die Fotografie uns, egal ob Amateur oder Profi, begeistert und voraussichtlich eine große Leidenschaft ist. Manchmal ist es nur der Vorgang des Fotografierens oder das Klick-Geräusch der Kamera, leider viel zu häufig die Kamera selbst, die Emotionen und Glück auslösen. Es ist das eine gelungene Foto, welches mit viel Hingabe bearbeitet wird und über das wir uns reichlich freuen können. Das ist auch gut so! Immerhin habe ich vorhin noch geschrieben, dass ihr so häufig wie nur möglich rausgehen solltet, um zu fotografieren. Aber fragt euch manchmal auch, warum ihr das tut und mit welchem Ziel? Vielleicht hört sich das sehr abgehoben an, wenn ich das so schreibe, aber haben nicht gerade wir Street Fotografen die Pflicht Geschichten zu erzählen? Zu dokumentieren?
Ich habe mir diese Fragen irgendwann auch gestellt und bin für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass ich Serien produzieren muss, um dies zu erreichen. Ich erzähle euch dies, weil mich meine Projekte dazu bringen mehr über meine Fotos nachzudenken und zielgesteuert und nicht wahllos zu fotografieren. Projekte beflügeln die eigene Kreativität auf einer anderen Ebene und wenn ihr es noch nicht gemacht habt, dann glaubt mir, es ist eine ganz andere Art von Glücksgefühl eine Serie als Output zu generieren. Denkt euch etwas aus, was euch reizen könnte und legt einfach mal los.
Zu guter letzte möchte ich mich gerne wiederholen und nahelegen nicht so viel auf die Meinung anderer zu geben, so dass ihr euch in eurer eigenen Kreativität beschränkt und womöglich nur eine Kopie von anderen Fotografen darstellt. Auch in der Street Photography ist nichts Voodoo. In dieser kleinen Serie wollte ich euch hier und da einen kleinen Antrieb geben, meinen Style, meine Erfahrungen und Gedanken näher bringen. Wenn ich es ansatzweise geschafft habe, dann freut es mich.
Mehr über Feyzi:
Webseite: www.feyzidemirel.com
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Ich erlaube mir am Ende noch den dezenten Hinweis auf mein Videotutorial Kreative Streetfotografie
Danke für diese tollen Gastbeiträge über Streetfotografie. Klasse geschrieben. Für mich ein Motivations-Schub mit Lust auf mehr. Jetzt ist erstmal ausprobieren und üben angesagt. Und in meinem Fall auch etwas ‘Mut’ mit einem 35er auf die Menschen zuzugehen.
Schöne Tipps, vielen Dank!
Vielen Dank für diese informative Serie und die Tipps zur Streetfotografie!
Drei lesenswerte Beiträge, die direkt Lust aufs Ausprobieren machen.
Vielen Dank für drei gelungene Blogbeiträge zum Thema “Streetfotografie”. Die Artikel waren hervorragend beschrieben und schön bebildert. Gerne mehr davon!
@Volker @Hendrik @Marco @Thomas Danke Euch! Freut mich sehr zu hören.
VG Feyzi
Super Tipps! Vielen Dank 🙂