Street Photography: Meine 8 goldenen Regeln (Gastbeitrag von Feyzi Demirel)

Hier kommt der drit­te uns letz­te Teil der klei­nen Gast­bei­trags­rei­he von Feyzi Demi­rel über Street­fo­to­gra­fie. Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2. Soll­tet Ihr Inter­es­se an Feyzis Bild­band haben, so schaut mal den fol­gen­den Link an. Der Gut­schein­code funk­tio­niert momen­tan auch noch.

Link zum Bild­band Istanbul’um: https://feyzidemirel.com/produkt/bildband-istanbulum
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Im vor­erst letz­ten Bei­trag der Serie geht es um mei­ne gol­de­nen Regeln der Street Pho­to­gra­phy. Die­se Regeln beru­hen auf mei­ner jah­re­lan­gen Erfah­rung in die­sem Gen­re und ich ver­su­che mich so gut wie mög­lich an die­se zu hal­ten. Für mich funk­tio­nie­ren die nun fol­gen­den Punk­te ganz gut, natür­lich sind sie nicht all­ge­mein­gül­tig und ihr soll­tet schau­en, wie gut sie am Ende auch zu euch passen.

1. Lernt von den Street-Größen

Tri­al and Error funk­tio­niert häu­fi­ger im Leben als man glaubt. Aber es gibt effi­zi­en­te­re Wege zum Erfolg zu kom­men. In der Foto­gra­fie ist der wohl bes­te Weg zu einem bes­se­ren Foto­gra­fen das Stu­di­um der Meis­ter und ihrer Fotos bzw. Bild­bän­de. So häu­fig wie es geht ver­su­che ich die Fotos von Hen­ri Car­tier Bres­son, Robert Frank, Alex Webb etc. zu ana­ly­sie­ren, nicht nur auf der Suche nach Inspi­ra­ti­on, son­dern auch um zu ver­ste­hen, wie sie es schaf­fen konn­ten ein­zig­ar­ti­ge Momen­te ein­zu­fan­gen oder exzel­len­te Kom­po­si­tio­nen zu kre­ieren. Und nicht falsch ver­ste­hen, es geht ums Ver­ste­hen und Ler­nen, nicht ums Kopie­ren. Jeder Street Foto­graf soll­te mei­nes Erach­tens ver­su­chen sei­nen eige­nen Stil zu entwickeln.

Istanbul /Sirkeci-Kadiköy - 2015
Istan­bul /Sirk­e­ci-Kadi­köy - 2015

2. New York ist vor der Haustür

Sei­en wir mal ehr­lich, foto­gra­fie­ren in New York, Tokyo oder Istan­bul klingt coo­ler als die eine oder ande­re Ses­si­on in eurer Hei­mat­stadt. Aber macht es euch wirk­lich zu einem bes­se­ren Foto­gra­fen die Moti­ve zuge­wor­fen zu bekom­men? Lohnt es sich ein Jahr lang auf die­se eine Tour zu war­ten und sonst nur wenig zu tun? Vor eini­gen Jah­ren habe ich, zuge­ge­be­ner­ma­ßen etwas pro­vo­kant, die Aus­sa­ge getrof­fen, dass foto­gra­fie­ren in New York wie Löwen jagen im Zoo ist. Gönnt euch so eine Tour, aber glaubt mir, bes­ser wer­det ihr, wenn ihr stän­dig vor die Tür geht und wenn ihr die Her­aus­for­de­rung meis­tert. Dies war mit einer der Grün­de, wes­halb ich vor 3 Jah­ren mein hei­mat­be­zo­ge­nes Pro­jekt “Mölmsch” gestar­tet habe. Heu­te kann ich sehen, wie es mir im Lau­fe der Zeit gehol­fen hat.

Istanbul / Balat - 2015
Istan­bul / Balat - 2015

3. Größe ist nichts

Im ers­ten Bei­trag der Rei­he ging es unter ande­rem um die rich­ti­ge Kame­ra für die Street Pho­to­gra­phy. Mei­ner Erfah­rung nach kommt ihr mit weni­ger kör­per­li­chen Schmer­zen nach Hau­se, wenn ihr eine mög­lichst klei­ne und leich­te Kame­ra für eure Ses­si­ons nutzt. Natür­lich könnt ihr auch mit einer DSLR in die Street Pho­to­gra­phy ein­stei­gen, aber über kurz oder lang soll­tet ihr ver­su­chen nicht so stark auf­zu­fal­len, damit Momen­te und Sze­nen nicht durch eure Auf­fäl­lig­keit gestört wer­den. Eine spie­gel­lo­se Sys­tem­ka­me­ra, sie muss nicht teu­er sein, passt mei­ner Mei­nung nach am bes­ten zur Street Pho­to­gra­phy und sei­nen Eigenschaften.

Italien / Anghiari - 2015
Ita­li­en / Ang­hia­ri - 2015

4. P-Mode steht nicht für Pannemann

Ihr wisst schon, die bes­te Kame­ra ist die, die man dabei hat. Ich gehe aber ger­ne noch einen wei­ter und sage, dass die bes­te Kame­ra die ist, die ihr sehr gut beherrscht. Street Pho­to­gra­phy lebt von Momen­ten, sehr häu­fig hat man kei­ne Zeit, da man gezwun­gen ist inner­halb weni­ger Sekun­den die­se unge­stell­ten Momen­te ein­zu­fan­gen. Bevor ihr aus fal­schem Ehr­geiz zwang­haft ver­sucht aus­schließ­lich mit manu­el­len Ein­stel­lun­gen zu foto­gra­fie­ren, und unter Umstän­den an Geschwin­dig­keit ver­liert oder gar falsch belich­tet, soll­tet ihr lie­ber ein paar Auto­ma­ti­ken nut­zen. Ihr seid rela­tiv frisch in der Mate­rie? Dann legt den P-Mode ein und lasst die Kame­ra die Ein­stel­lung für euch über­neh­men. In mei­nem Freun­des­kreis dis­ku­tie­ren wir die­ses The­ma häu­fi­ger, aber glaubt mir, ich bin so viel schnel­ler dadurch, dass ich nur die Blen­de nach mei­nem Gus­to ein­stel­le und die Kame­ra Ver­schluss­zeit und ISO übernimmt.

Italien / Montepulciano - 2015
Ita­li­en / Mon­te­pul­cia­no - 2015

5. Eine Kamera, ein Objektiv

Die­ser Punkt ist unter Street Foto­gra­fen zum Glück eini­ger­ma­ßen ver­brei­tet und ich möch­te ihn hier der Voll­stän­dig­keit hal­ber auf­neh­men. Wenn ich raus­ge­he, dann immer nur mit einer Kame­ra und einem bestimm­ten Objek­tiv. Stän­dig wech­seln oder mir Gedan­ken machen? Dafür habe ich kei­ne Zeit und kei­ne spon­ta­ne Sze­ne­rie war­tet, bis ich mei­nen Objek­tiv­wech­sel voll­zo­gen habe. Zudem trai­niert Euch eine fes­te Brenn­wei­te schnel­ler bes­se­re Kom­po­si­tio­nen zu wäh­len, weil ihr von vorn­her­ein wisst, wel­chen Bild­win­kel eure Kame­ra erfasst, wo ihr ste­hen soll­tet etc. Die Aus­sa­gen gel­ten für Fest­brenn­wei­ten, ein Zoom ist natür­lich nicht aus­ge­schlos­sen, aber ich schlie­ße mich der oft unter Foto­gra­fen geäu­ßer­ten Aus­sa­ge an, dass man sich dann weni­ger mit der Bild­kom­po­si­ti­on beschäf­tigt und damit ein schlech­te­res Trai­ning hat.

Istanbul / Karaköy - 2017
Istan­bul / Kara­köy - 2017

6. Gute Bedingungen sind da wo du bist

Für Street Pho­to­gra­phy gibt es mei­nes Erach­tens nicht die eine per­fek­te Licht­si­tua­ti­on. Im Prin­zip kann man auch fast sagen, dass Licht kei­ne Rol­le spielt, auch wenn sie ja für die Foto­gra­fie ele­men­tar wich­tig ist. Wenn der Him­mel bewölkt ist, dann braucht ihr Euch kei­ne gro­ßen Gedan­ken zu machen, was viel­leicht gut ist, aber in der Mit­tags­son­ne könnt ihr dafür wun­der­bar Schat­ten in eure Fotos ein­bau­en und Akzen­te set­zen. Das ist doch das schö­ne an der Street Pho­to­gra­phy, die rela­tiv gro­ße Unab­hän­gig­keit von Licht­si­tua­tio­nen, Blit­zen, Modells, peri­phe­rem Equip­ment etc. Wich­ti­ger als eine spe­zi­el­le Licht­si­tua­ti­on ist mei­ner Erfah­rung übri­gens der eine Augen­blick und eine unter Zeit­druck gut gelun­ge­ne Komposition.

Istanbul / Karaköy - 2017
Istan­bul / Kara­köy - 2017

7. Schwarzweiss und Farbe

Auch ich war eine Zeit lang ziem­lich dog­ma­tisch in mei­ner Ein­stel­lung dazu, ob Street Fotos schwarz­weiss oder far­big sein müs­sen. Da war ich ein­fach fehl­ge­lei­tet, da ich im Stu­di­um der Street Meis­ter wie Car­tier Bres­son für mich die fal­schen Schlüs­se gezo­gen habe. Erst als ich mich mit Wil­liam Egg­le­s­ton aus­ein­an­der­ge­setzt habe, konn­te ich für mich erken­nen, dass es Fotos gibt, die Far­be brau­chen, man muss die­se halt nur gut in die Bild­kom­po­si­ti­on ein­be­zie­hen. Schwarz­weiss hilft in eini­gen Fotos die Kon­zen­tra­ti­on auf die Sze­ne zu len­ken, Far­be kann ande­rer­seits gut ein­ge­setz­te beson­de­re Akzen­te set­zen. Heu­te ent­schei­de ich von Foto zu Foto oder von Pro­jekt zu Pro­jekt, ob ich die Fotos in schwarz­weiss oder Far­be möch­te, aber ich lege mich ganz sicher nicht auf eine der Rich­tun­gen fest. Mir geht es heu­te noch nicht anders als vie­len ande­ren Kol­le­gen da drau­ßen, es ist schwe­rer in Far­be zu foto­gra­fie­ren, aber man kann auch das trainieren.

Istanbul / Karaköy - 2017
Istan­bul / Kara­köy - 2017

8. Projekt, Projekt, Projekt

Wir haben uns heu­te hier bei Pad­dy auf dem Blog ein­ge­fun­den, weil die Foto­gra­fie uns, egal ob Ama­teur oder Pro­fi, begeis­tert und vor­aus­sicht­lich eine gro­ße Lei­den­schaft ist. Manch­mal ist es nur der Vor­gang des Foto­gra­fie­rens oder das Klick-Geräusch der Kame­ra, lei­der viel zu häu­fig die Kame­ra selbst, die Emo­tio­nen und Glück aus­lö­sen. Es ist das eine gelun­ge­ne Foto, wel­ches mit viel Hin­ga­be bear­bei­tet wird und über das wir uns reich­lich freu­en kön­nen. Das ist auch gut so! Immer­hin habe ich vor­hin noch geschrie­ben, dass ihr so häu­fig wie nur mög­lich raus­ge­hen soll­tet, um zu foto­gra­fie­ren. Aber fragt euch manch­mal auch, war­um ihr das tut und mit wel­chem Ziel? Viel­leicht hört sich das sehr abge­ho­ben an, wenn ich das so schrei­be, aber haben nicht gera­de wir Street Foto­gra­fen die Pflicht Geschich­ten zu erzäh­len? Zu dokumentieren?

Ich habe mir die­se Fra­gen irgend­wann auch gestellt und bin für mich zu dem Ergeb­nis gekom­men, dass ich Seri­en pro­du­zie­ren muss, um dies zu errei­chen. Ich erzäh­le euch dies, weil mich mei­ne Pro­jek­te dazu brin­gen mehr über mei­ne Fotos nach­zu­den­ken und ziel­ge­steu­ert und nicht wahl­los zu foto­gra­fie­ren. Pro­jek­te beflü­geln die eige­ne Krea­ti­vi­tät auf einer ande­ren Ebe­ne und wenn ihr es noch nicht gemacht habt, dann glaubt mir, es ist eine ganz ande­re Art von Glücks­ge­fühl eine Serie als Out­put zu gene­rie­ren. Denkt euch etwas aus, was euch rei­zen könn­te und legt ein­fach mal los.

Zu guter letz­te möch­te ich mich ger­ne wie­der­ho­len und nahe­le­gen nicht so viel auf die Mei­nung ande­rer zu geben, so dass ihr euch in eurer eige­nen Krea­ti­vi­tät beschränkt und womög­lich nur eine Kopie von ande­ren Foto­gra­fen dar­stellt. Auch in der Street Pho­to­gra­phy ist nichts Voo­doo. In die­ser klei­nen Serie woll­te ich euch hier und da einen klei­nen Antrieb geben, mei­nen Style, mei­ne Erfah­run­gen und Gedan­ken näher brin­gen. Wenn ich es ansatz­wei­se geschafft habe, dann freut es mich.

Mehr über Feyzi:

Web­sei­te: www.feyzidemirel.com
Insta­gram: https://www.instagram.com/feyzi_demirel/
Twit­ter: https://twitter.com/FeyziDemirel

Ich erlau­be mir am Ende noch den dezen­ten Hin­weis auf mein Video­tu­to­ri­al Krea­ti­ve Streetfotografie

Istanbul / Beyoglu - 2017
Istan­bul / Beyo­g­lu - 2017

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6 Gedanken zu „Street Photography: Meine 8 goldenen Regeln (Gastbeitrag von Feyzi Demirel)“

  1. Dan­ke für die­se tol­len Gast­bei­trä­ge über Street­fo­to­gra­fie. Klas­se geschrie­ben. Für mich ein Moti­va­tions-Schub mit Lust auf mehr. Jetzt ist erst­mal aus­pro­bie­ren und üben ange­sagt. Und in mei­nem Fall auch etwas ‘Mut’ mit einem 35er auf die Men­schen zuzugehen.

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  2. Vie­len Dank für drei gelun­ge­ne Blog­bei­trä­ge zum The­ma “Street­fo­to­gra­fie”. Die Arti­kel waren her­vor­ra­gend beschrie­ben und schön bebil­dert. Ger­ne mehr davon!

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