Vor kurzem bin ich auf das “Leica Manual” von dem Streetfotografen Eric Kim gestoßen. Bevor Ihr nun wegklickt, weil Ihr eh nichts mit Leica am Hut habt, lasst Euch gesagt sein, dass es auch für Fotografen anderer Hersteller interessant ist.
Eric ist beim Thema Leica erfrischend unaufgeregt und bodenständig. Er mag die Kameras zwar, räumt aber gleich am Anfang des Buches mit ein paar Mythen auf. Eine Leica ändert nicht Dein Leben, sie macht Dich nicht zu einem besseren Fotografen und sie wird Dich auch nicht bis ans Ende Deines Lebens glücklich machen. Irgendwann wird sie im Regal genauso zum Staubfänger, wie jede andere Kamera auch, schreibt Eric. Gute Einstellung. Bei aller Vorliebe zu einem Produkt, sollte man nicht das Wesentliche aus dem Auge verlieren. Verdammt, nun zitiere ich auch noch ungewollt den Markenslogan von Leica. 😉
Interessant wird es aber in dem Teil wo Eric Tipps für die Wahl von Objektiven und die Art zu fotografieren mit einer M gibt. Um es zusammenzufassen: Da Du keinen Autofokus hast, schließe die Blende auf f/8 und schätze die Entfernung. Dann musst Du auch nicht viel Geld für die teuren lichtstarken Objektive ausgeben. Diese Vorgehensweise empfiehlt er speziell für die Streetfotografie, wo es darauf ankommt schnell zu sein. Ich habe eine ähnliche Herangehensweise bei meinen letzten Streetfotos ausprobiert und muss sagen, dass man sich mit der Zeit an die Schätzung der Entfernung gewöhnt und tatsächlich ständig besser wird. Die Strategie geht auf.
Allerdings muss ich auch sagen, dass ich trotzdem gerne zu den lichtstarken Optiken greifen, vor allem das 35mm f/1.4 oder die Q mit 28mm f/1.7 gehören zu meinen Favoriten. Auch auf der Straße versuche ich mit offener Blende zu arbeiten, was natürlich den Ausschuss deutlich erhöht und mich leider auch den ein oder anderen Moment verpassen lässt. Aber ich liebe den Look von Weitwinkel bei offener Blende. Das war auch der Grund, warum ich vor einiger Zeit von der OM-D mit dem kleinen Microfourthird-Sensor zur Leica Q umgeschwenkt bin. Diesen Look bekomme ich mit dem kleinen Sensor einfach nicht hin. Würde ich mit der f/8-Strategie von Eric fotografieren, so könnte ich auch mit einer Kamera mit kleinem Sensor arbeiten, was unter Umständen noch unauffälliger wäre als eine Leica. Auch wenn Ihr Kameras mit Autofokus bevorzugt, solltet Ihr durchaus mal den manuellen Fokus ausprobieren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Autofokus oft auch nicht schnell genug ist, wenn man aus der Bewegung heraus einen Moment erwischen möchte.
Hinzu kommt, dass ich mich nicht zu 100% auf sie Streetfotografie versteift habe, es ist mehr wie ein Hobby, dass ich auf Reisen betreibe. Sowohl bei Portraits, als auch bei den Reportagen, bevorzuge ich lichtstarke Objektive. Auf Hochzeiten in der Kirche oder nachts auf der Brücke eines Containerschiffes muss ich rausquetschen was geht an Licht.
Wie dem aber auch sei. Ich wollte Euch das PDF ans Herz legen, weil es eine gesunde Einstellung zugrunde legt und kurzweilig zu lesen ist. Das PDF ist zwar nur auf Englisch, aber doch recht leicht zu verstehen und das dort beschriebene regt an über die eigene Fotografierstrategie nachzudenken. Es muss nicht immer “Blende offen und hoffen” sein. Auch mit f/8 kann man tolle Bilder machen.
Hier noch mal der Link zu Erics Leica Manual.
Wie geht Ihr an die Sache ran? Was ist Eure Strategie in der Streetfotografie. Würde mich mal interessieren.
Ich lege vorher den Fokuspunkt fest und versuche dann zu schätzen wo er liegt wenn ich aus der Hüfte fotografiere 😀
Bin auch eher ein Freund der offenen Blende, aber manchmal hat es eben auch Vorteile die Blende zu schließen und den Fokus vorher schon auf eine bestimmte Entfernung zu legen. In diesem Video sieht man wie ich in Seoul mit meiner Leica M246 unterwegs bin:
https://www.youtube.com/watch?v=joCvlgHJySI
Das Leica Manual gehört wohl zum besten, was der Vielschreiber und Vieldenker Eric Kim geschrieben hat und hat Deine Empfehlung aus meiner Sicht wirklich verdient. Ich fotografiere kein “Street”, habe aber das Manual für die Familiefotografie studiert. Ich stelle die Kamera auf Vollautomatik (Fuji xm1,18 mm) und drücke so oft ab wie es toleriert wird, um über die Menge zu ein paar brauchbaren Ergebnissen zu kommen. Das ist mehr oder weniger Schrotflinte im Dauerfeuer, wobei ich mich natürlich bemühe so unauffällig wie immer zu sein. 🙂 In der Familie bin ich daher ungefähr so beliebt wie Bruce G., aber ich weiß mein Archiv wird überleben.
Stimmt, auch ohne Leica ein wirklich tolles E-Book.
Vielen Dank fürs Teilen.
Jan
Mir gefallen die eBooks von Eric Kim sehr gut.
Alles was ich bis jetzt von ihm gelesen hat mir super gefallen und war auch klasse geschrieben und hilfreich
Das ist noch “alte Schule”.
Das “Leica Manual” kannte ich noch gar nicht.
Werde ich mir gleich mal anschauen.
Pro: Die Universalität - perspektivisch von “WW-Lock” bis “normal” spielen zu können.
Pro: Der beste Kompromiss um “WW--Look” mit Freistellung kombinieren zu können.
Pro: Ideale Brennweite für indoor, people, lowlight.
Herausfordernd: Weil man Hauptmotiv mit Raum (Linien, Fluchten) verheiraten muss.
Wünschenswerte Add on’s: Bouquet, kompakte Kombi, AF.
Peter
Bevor ich in’s Grass beiße, wird’s vernutlich eine Nikon (historisch bedingt) mit Sigma 35/1.4 (Bouquet).
Tolle Idee, dieses LEICA Manual zu teilen.
Sehr interessant.
Peter
Ich wusste bis ich deinen Artikel gelesen hab gar nicht, dass man die Blende auch verstellen kann… ‘Danke für den “Buch-Tipp”
Hallo Paddy,
vielen Dank für den Hinweis auf Eric Kim. Ich habe von ihm schon ein paar Berichte gelesen, aber diesen kannte ich noch nicht.
Was macht die Entwicklung des Kameragurtes?
Viele Grüße Werner
Danke für den Tipp. Immer wieder gut, geerdet zu werden, bzw. sich an das Wesentlich zu erinnern. Er beschreibt die Basics, wie ich sie bereits vor 40 Jahren an meiner Rollei 35 angewendet habe. Ich muss in diese kleine Kamera mal wieder einen Film einlegen. 😉
Ja, danke für den Hinweis auf das Buch! Der Tipp mit F8 für Street ist allerdings tatsächlich schon mindestens 40 Jahre alt…
Interessant finde ich den erst 30 Jahre alten Tipp, bei Street auf 1/30 oder 1/20 zu gehen und mitzuziehen. Da entsteht zwar immer auch Ausschuss, jedoch auch das eine oder andere tolle, lebendige “Unikat”.
Auch von mir vielen Dank für den Buchtipp. Informativ und unterhaltsam geschrieben. Somit auch interessant für Leute, die bereits ähnlich arbeiten wie Eric Kim.
Ich benutze auf der Straße auch häufig den Zonenfokus. Im Februar diesen Jahres habe ich auf diese Weise sogar “Sportfotos” mit einer Leica M in einer Boxschule in Havanna gemacht. Meine Erfahrungen habe ich auf dieser Seite beschrieben: https://spark.adobe.com/page/2Rjd47fUUJhFB/