Canon oder Sigma – welches Telezoom nutze ich für die Autofotografie?

Ihr habt es ja schon bemerkt: Ich foto­gra­fie­re gern Autos, ab und zu auch bei Auto­rennen.  Aus Sicher­heits­grün­den darf man da nicht so nah an die Stre­cke, wie es für man­ches Foto vor­teil­haft wäre, also sind Tele­ob­jek­ti­ve angesagt.

Lan­ge Zeit war für mich bei 200 Mil­li­me­tern Schluss, und die Foto­gra­fen, die aus­schließ­lich Auto­rennen machen, haben manch­mal ein biss­chen komisch geguckt, als ich mit dem klei­nen und recht dün­nen Canon 70/200 f4 auf den Plan trat. Man kann damit wirk­lich nicht alles machen von der Ent­fer­nung her, aber es gibt trotz­dem immer wie­der Mög­lich­kei­ten, mit 200 Mil­li­me­ter Brenn­wei­te und weni­ger aus­zu­kom­men. Und ein Bokeh für Blen­de 2.8 brau­che ich beim Auto­rennen in der Regel nicht: Die wei­te Ent­fer­nung, in der sich die Autos nor­ma­ler­wei­se befin­den, ergibt sowie­so einen gro­ßen Tie­fen­schär­fe-Bereich, da spielt es nicht so eine über­ra­gen­de Rol­le, ob ich eine Blen­de mehr oder weni­ger zur Ver­fü­gung habe.

Aber man macht ja Fort­schrit­te im Leben, also habe ich mir irgend­wann dann doch mal ein grö­ße­res Tele­zoom mit mehr Brenn­wei­te gekauft, infra­ge kamen dafür zwei Objek­ti­ve: das rela­tiv neue Canon EF 100-400 II f 4.5-5.6 (Lis­ten­preis 2379 Euro) aus der L-Fami­lie und das eben­falls recht aktu­el­le Sig­ma 150-600 Sports (2099 Euro) aus der viel beach­te­ten Art-Serie, das qua­li­ta­tiv ähn­lich aus­ge­legt ist wie die kür­ze­ren Brenn­wei­ten der viel beach­te­ten Art-Serie – hier reicht die Licht­stär­ke von 5 bis 6,3.

24-Stundenrennen Daytona 2018: BMW M8 vor Corvette
Ich schrei­be sonst nie die tech­ni­schen Daten von Fotos irgend­wo­hin, weil ich das nicht so wich­tig fin­de, aber da die Fotos hier alle einen Objek­tiv­ver­gleich bebil­dern, nen­ne ich die Daten aus­nahms­wei­se doch: Canon 5D Mark IV, Canon EF 100-400 II. Brenn­wei­te 400 mm, Blen­de 5.6, 1/320 Sekun­de, ISO 6400. Foto ganz oben: 5D Mark IV, Sig­ma 150-600 Sports, Brenn­wei­te 600 mm, Blen­de 7.1, 1/800 Sekun­de, ISO 320.

Sig­ma war so freund­lich, mir Anfang 2017 so ein Objek­tiv für vier Wochen zum Tes­ten zu geben, und ich war damit sowohl bei den 24 Stun­den von Day­to­na als auch bei den 12 Stun­den von Bathurst/Australien, das­sel­be habe ich die­ses Jahr im Januar/Februar wie­der­holt mit dem Canon-Objek­tiv, und über mei­ne Erfah­run­gen mit bei­den Opti­ken will ich nun berichten.

Wenn man von 200 Mil­li­me­tern kommt, dann ist ein Bild mit 600 Mil­li­me­ter Brenn­wei­te ein Kul­tur­schock, ein posi­ti­ver natür­lich. Mei­ne Güte, was kann man alles erwi­schen mit so einer lan­gen Optik. Aller­dings habe ich ziem­lich schnell fest­ge­stellt, dass es etwa an der Stre­cke von Day­to­na nur ganz sel­ten wirk­lich die Not­wen­dig­keit gibt, das Sig­ma-Rohr voll aus­zu­fah­ren. Die Autos spren­gen ein­fach zu oft das For­mat, und selbst wenn ich sie exakt for­mat­fül­lend erwi­sche (was schwie­rig genug ist), bedeu­tet mir das gar nicht so viel – ich habe ganz gern ein biss­chen Kon­text in mei­nen Bil­dern, man soll also sehen kön­nen, was um das Motiv her­um noch so los ist.

Ich habe mich mit zwei erfah­re­nen Kol­le­gen an der Stre­cke bespro­chen, die mei­nen Ein­druck bestä­tig­ten: 600 Mil­li­me­ter sei­en „nice to have“, aber längst nicht über­all wirk­lich nötig. Und tat­säch­lich: Ein Jahr spä­ter habe ich beim Canon mit „nur“ 400 Mil­li­me­tern End-Brenn­wei­te kaum etwas ver­misst. Und wenn doch, habe ich es von der 5D Mark IV (Voll­for­mat) abge­schraubt und auf die 7D Mark II (APS-C) gesetzt. Der klei­ne­re Sen­sor bie­tet mir einen klei­ne­ren Bild­aus­schnitt und lässt das Bild so wir­ken, als sei es mit 400 x 1,6 = 640 Mil­li­me­tern gemacht wor­den. Voi­là, wo ist das Problem?

24-Stundenrennen Daytona 2018: Porsche 911
Canon 5D Mark IV, Canon 100-400 II, Brenn­wei­te 400 mm, Blen­de 5.6, 1/400 Sekun­de, ISO 250. Ich habe hier nur Fotos aus­ge­wählt, die mit der End­brenn­wei­te des jewei­li­gen Objek­tivs gemacht wur­den. Natür­lich foto­gra­fie­re ich nicht nur am Anschlag, aber die Leis­tung am lan­gen Ende war das, was mich vor dem Kauf am meis­ten inter­es­siert hat. War­um? Weil man sich mit der längs­ten Brenn­wei­te eines neu­en und grö­ße­ren Tele­zooms Stand­plät­ze zum Foto­gra­fie­ren erobern kann, die vor­her man­gels Brenn­wei­te nicht attrak­tiv waren.

Okay, es gibt ein Pro­blem: Der Sen­sor der 7D Mark II ist im Dun­keln nur sehr ein­ge­schränkt zu gebrau­chen, und bei­de Ren­nen hat­ten nen­nens­wer­te Nacht-Antei­le: Day­to­na ist das Ren­nen mit der längs­ten Dun­kel­pha­se über­haupt, und Bathurst ist das ein­zi­ge Ren­nen, das bei Dun­kel­heit gestar­tet wird (immer um 5.45 Uhr mor­gens), also braucht man da einen Sen­sor der bei hohen ISO-Wer­ten auch ver­nünf­ti­ge Bil­der macht. Zudem gilt der Trick mit dem APS-C-Sen­sor natür­lich auch für das Sig­ma-Objek­tiv, das dann einen Bild­aus­schnitt wie ein 960-mm-Objek­tiv pro­du­ziert. Aber wer will das wirk­lich haben? Ich habe es exakt für zwei Minu­ten aus­pro­biert und sofort wie­der ver­wor­fen – viel­leicht, wenn man sehr scheue Tie­re in frei­er Natur foto­gra­fiert oder auch den Mond, aber sonst sehe ich den Ein­satz­zweck nicht.

Was ich eher brau­che, sind schnel­le und treff­si­che­re Auto­fo­kus­sys­te­me. Tem­po und Exakt­heit neh­men natür­lich in der Kame­ra ihren Aus­gang, aber die Ultra­schall­mo­to­ren in den Objek­ti­ven müs­sen das ja dann umset­zen. Ich muss sagen, dass ich von bei­den gro­ßen Tele­zooms glei­cher­ma­ßen beein­druckt bin. Obwohl ihre Moto­ren viel grö­ße­re und schwe­re­re Lin­sen bewe­gen müs­sen als der Motor mei­nes 70/200ers, pro­du­zie­ren die bei­den gro­ßen Objek­ti­ve spür­bar mehr brauch­ba­re, also schar­fe Fotos. Auch die Bild­sta­bi­li­sa­to­ren arbei­ten gut: Beim Canon-Objek­tiv gelin­gen mir, wenn es voll aus­ge­fah­ren ist, Bil­der bis hin­un­ter zu 1/60 Sekun­de ziem­lich zuver­läs­sig, und beim Sig­ma sah das ähn­lich aus: Hier habe ich bei 600 mm Brenn­wei­te auch mit 1/125 Sekun­de anstän­dig foto­gra­fie­ren kön­nen. Bei­de bie­ten zudem die Mög­lich­keit, den Sta­bi­li­sa­tor nur ver­ti­kal arbei­ten zu las­sen, so dass das Objek­tiv bei Mit­zieherfo­tos nicht ver­sucht, die Hori­zon­tal­be­we­gung des Foto­gra­fen aus­zu­glei­chen. Ein inter­es­san­ter drit­ter Modus ist im Canon-Objek­tiv zu haben: Auch hier wird die hori­zon­ta­le Aus­gleich­be­we­gung unter­las­sen, zugleich arbei­tet der Sta­bi­li­sa­tor nur, wenn die Kame­ra wirk­lich aus­löst. Das soll bei Objek­ten, die sich eher unbe­re­chen­bar bewe­gen, etwa kreuz und quer lau­fen­de Fuß­ball­spie­ler, die Aus­beu­te erhö­hen – ich muss zuge­ben, dass ich das noch nicht pro­biert habe, beim Auto­rennen war es egal, ob ich im Sta­bil­sa­tor­mo­dus zwei oder drei foto­gra­fiert habe.

24-Stunde-Rennen Daytona 2018, Corvette
Canon 7D Mark II, Canon 100-400 II, Brenn­wei­te 400 mm, Blen­de 5.6, 1/1000 Sekun­de, ISO 500. Durch den klei­ne­ren Sen­sor des 7D Mark II erhält man bei ansons­ten iden­ti­schem Stand­ort und eben­falls voll aus­ge­fah­re­nem Zoom  einen enge­ren Bild­aus­schnitt im Ver­gleich zu dem zuvor abge­bil­de­ten Voll­for­mat­fo­to. Um die­ses Foto hier im Voll­for­mat zu machen, wür­de man ein 640-Mil­li­me­ter-Objek­tiv benötigen.

Ich lie­be ja Zoom-Objek­ti­ve, deren Tubus nicht sicht­bar aus­fährt, son­dern das Zoo­men im Gehäu­se erle­digt, wie es etwa die 70/200er-von Canon machen. Das kann man lei­der weder vom Canon 100/400 noch vom Sig­ma 150/600 ver­lan­gen – wenn die Brenn­wei­te län­ger wird, ver­län­gert sich auch das Objek­tiv. Und damit wird natür­lich die Kame­ra-Objek­tiv-Kom­bi­na­ti­on kopf­las­ti­ger, außer­dem kann das Objek­tiv auch selbst­stän­dig zur vol­len Zoom­stär­ke aus­fah­ren, wenn man die Kame­ra über der Schul­ter trägt. Die­se Unart nervt mich total bei mei­nem ansons­ten sehr schö­nen Stan­dard­ob­jek­tiv Canon 24/105 f4, aber für die gro­ßen Objek­ti­ve haben Canon und Sig­ma immer­hin Vor­sor­ge getrof­fen. Beim Sig­ma gibt es eine Sper­re, die man bei sechs vor­ge­ge­be­nen Brenn­wei­ten (150, 250, 300, 400, 500, 600 Mil­li­me­ter) zuschal­ten kann. Sie hält den Tubus zuver­läs­sig fest – aller­dings auch dann, wenn man die Kame­ra schnell zur Hand nimmt und zoo­men will. Erst­mal ent­si­chern, heißt es dann, und das Motiv ist viel­leicht weg.

An die­ser Stel­le hat mich am 18.5.2018 eine Mail von Sig­ma erreicht: Mei­ne Aus­sa­ge sei falsch. Wört­lich heißt es in der Mail: “Beim 150-600mm | Sports  wie auch 150-600mm | Con­tem­po­ra­ry muss man nicht erst ent­rie­geln. Man darf bei die­sen bei­den Objek­ti­ven ein­fach beherzt den Zoom-Ring dre­hen, was sofort die Ver­rie­ge­lung löst. Oder man zieht oder drückt kurz vor­ne an der dafür vor­ge­se­hen Mul­de den Tubus ein oder aus, was eben­falls sofort die Ver­rie­ge­lung löst. Denn bei­de Objek­ti­ve dür­fen Sie sowohl als Dreh- oder Schie­be­zoom nut­zen. Zwei ordent­li­che Bene­fits, die das SIGMA Objek­tiv doch sehr attrak­tiv für die Action-Foto­gra­fie machen!” Ich kann das jetzt nicht mehr nach­prü­fen, aber ich glau­be natür­lich, was der Sig­ma-Ver­tre­ter mir schreibt. Und war­um habe ich das selbst nicht bemerkt? Weil ich mich davor gescheut habe, “beherzt” über die Ver­rie­ge­lung hin­weg zu dre­hen, und weil ich ein Dreh­zoom nie­mals als Schie­be­zoom benut­zen wür­de, da käme ich gar nicht drauf (sie­he über­nächs­ten Absatz). Und das liegt wahr­schein­lich dar­an, dass ich nicht gut im Lesen von Bedie­nungs­an­lei­tun­gen bin – Asche auf mein Haupt.

Canon regelt das so, dass man mit einem drit­ten Ein­stell­ring am Objek­tiv die Leicht­gän­gig­keit des sich her­aus­dre­hen­den Tubus ver­rin­gern kann. So bewegt sich der Tubus nicht von selbst mit­hil­fe der Schwer­kraft, er ist aber auch nicht völ­lig fest und kann von Hand noch neu ein­ge­stellt werden.

Klam­mer auf: Viel­leicht ist jetzt jemand ein biss­chen ver­wirrt, weil ich nicht vom Schie­be­zoom des Canon-Objek­tivs anfan­ge. Aber ich beschrei­be hier das neue 100/400er, das die römi­sche Zif­fer II im Namen trägt. Gott­lob hat Canon hier vom Schie­be­me­cha­nis­mus auf den Dreh­me­cha­nis­mus gewech­selt – das Schie­ben­müs­sen des frü­he­ren Objek­tivs hat mich zuver­läs­sig vom Kauf abge­hal­ten, weil dabei ers­tens viel Staub ein­ge­saugt wird, und weil das Schie­ben zwei­tens so unwür­dig aus­sieht. Klam­mer zu.

Bei­de Objek­ti­ve kom­men mit einer inte­grier­ten Sta­tiv­schel­le, nur Sig­ma stat­tet aber die­se Schel­le mit vier fes­ten Ein­rast­punk­ten aus, so ist die Kame­ra immer exakt für Hoch- oder Quer­for­mat aus­ge­rich­tet – zumin­dest dann, wenn das Sta­tiv genau rich­tig steht. Das Canon-Objek­tiv muss man per Hand und mit­hil­fe einer Mar­kie­rung ein­stel­len, es ist also nie ganz exakt aus­ge­rich­tet, es sei denn, man ver­fügt über eine sehr gute Hand-Auge-Koor­di­na­ti­on oder setzt zusätz­lich eine Was­ser­waa­ge ein. Viel­leicht hilft auch der Zufall. Für mich ist das aber nicht so ein Pro­blem, da ich mein Sta­tiv meis­tens zu Hau­se las­se und aus der Hand fotografiere.

Und die Bild­qua­li­tät? Ja, bei Blen­de 5.6 (Canon) bzw. 6.3 (Sig­ma) am lan­gen Ende sieht man den Bil­dern schon an, dass sie nicht mit den super­teu­ren Fest­brenn­wei­ten bei­der Her­stel­ler gemacht sind. Es gibt ein 400er mit Licht­stär­ke 2.8 von Canon (11.019 Euro), und Sig­ma hat eine 500er-Fest­brenn­wei­te mit Licht­stär­ke 4 im Pro­gramm, für 6499 Euro. Ein 600er hat nur Canon (Licht­stär­ke 4, 12.639 Euro), glei­che Opti­ken gibt es dann erst wie­der bei den 800er-Fest­brenn­wei­ten. Bei­de bie­ten Licht­stär­ke 5.6, das Sig­ma kos­tet 7499, das Objek­tiv von Canon 14.149 Euro.

12-Stunden-Rennen in Bathurst/Australien 2017: Porsche 911 vor Ford GT
Canon 5D Mark IV, Sig­ma 150-600 Sports, Brenn­wei­te 600 mm, Blen­de 7.1, 1/1000 Sekun­de, ISO 500. Mit Blen­de 7.1 (mög­lich wäre 6.3, also nur eine drit­tel Blen­den­stu­fe offe­ner) wird der Ford GT hin­ter dem Por­sche 911 nicht wirk­lich unscharf, auch die Gebäu­de im Hin­ter­grund der Renn­stre­cke in Day­to­na sind noch recht gut zu erken­nen. Wer aller­dings mehr Licht­stär­ke bei 600 Mil­li­me­ter Brenn­wei­te möch­te, muss sehr viel mehr Geld bezah­len, als das Sig­ma-Objek­tiv kostet.

Ich bin 55 Jah­re alt, und ich wer­de in mei­nem akti­ven Berufs­le­ben nicht mehr so viel Geld ver­die­nen, um Inves­ti­tio­nen in die­se gigan­ti­schen Tele­ob­jek­ti­ve zu refi­nan­zie­ren, des­halb belas­se ich es bei teils nei­di­schen, teils aner­ken­nen­den Bli­cken auf die Kol­le­gen, die die­se Bro­cken mit sich her­um­schlep­pen und dann an eini­gen Stel­len doch über­zeu­gen­de­re Auto­renn­fo­tos machen kön­nen als ich. Wenn ich 30 bis 50 Auto­rennen im Jahr zu doku­men­tie­ren hät­te, dann wür­de ich wahr­schein­lich anders dar­über den­ken, aber da ich nur bei fünf bis maxi­mal zehn Ren­nen erschei­ne, bin ich sehr froh, dass jemand die ver­gleichs­wei­se preis­wer­ten Zooms erfun­den hat.

Aber ich war ja bei der Bild­qua­li­tät: Aus mei­ner Sicht neh­men sich bei­de Objek­ti­ve da nichts. Ich bin bei bei­den sehr zufrie­den mit der Schär­fe­leis­tung. Vom Gefühl her erzeugt das Sig­ma einen etwas eigen­stän­di­ge­ren Farb­look, den ich auch schon an mei­nen bei­den ande­ren Sig­ma-Art-Objek­ti­ven erkannt habe, dem 50er 1.4 und dem 24/35 mit Licht­stär­ke 2. Die Canon-Optik scheint mir die Welt etwas neu­tra­ler abzu­bil­den, aber das sind wirk­lich nur Nuan­cen, die letzt­lich auch unter dem Bear­bei­tungs­stil des jewei­li­gen Foto­gra­fen wie­der begra­ben wer­den kön­nen – unter mei­nem zumin­dest. Ich behaup­te, den kom­plett bear­bei­te­ten Bei­spiel­fo­tos zu mei­nem Bei­trag sieht man nicht an, dass sie mit unter­schied­li­chen  Objek­ti­ven gemacht wurden.

Letzt­lich habe ich dafür ent­schie­den, das Canon-Objek­tiv zu kau­fen, und das schon im Som­mer 2017, ohne es vor­her als Test­mus­ter gehabt zu haben. Für die­se Ent­schei­dung gibt es drei Grün­de. Ers­tens benö­ti­ge ich den Brenn­wei­ten­be­reich zwi­schen 400 und 600 Mil­li­me­tern nur sel­ten wirk­lich (und bei 30 Mega­pi­xel Sen­sor­auf­lö­sung mei­ner 5D Mark IV kann ich not­falls ein Bild auch beschnei­den, ohne dass das nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen hät­te). Zwei­tens liegt die Nah­ein­stell­gren­ze des Sig­ma bei 2,60 Metern, wäh­rend man mit dem Canon bis auf 95 Zen­ti­me­ter ans Motiv her­an­ge­hen kann – das Sig­ma ist also ein rei­ner Tele-Spe­zia­list, wäh­rend das Canon, auch mit sei­ner Start­brenn­wei­te von nur 100 Mil­li­me­tern, doch ein wenig mehr All­round­qua­li­tä­ten bietet.

12-Stunden-Rennen in Bathurst/Australien 2018: BMW M6
Canon 7D Mark II, Canon 100-400 II, Brenn­wei­te 400 Mil­li­me­ter, Blen­de 18, 1/80 Sekun­de, ISO 100. Wie­der mit “vir­tu­el­ler Brenn­wei­ten­ver­län­ge­rung” foto­gra­fiert. Wich­tig ist mir bei die­sem Bild aller­dings nicht der Sen­sor der Kame­ra, son­dern die Sta­bi­li­sie­rungs­leis­tung des Objek­tivs: Hier ist es gelun­gen, den Bild­aus­schnitt eines 640-mm-Objek­tivs mit 1/80 Sekun­de knack­scharf zu belich­ten, und das noch in Bewegung.

Drit­tens und wich­tigs­tens ist das Sig­ma-Objek­tiv so viel län­ger und schwe­rer als das von Canon, dass ich mir das nicht auf Dau­er antun möch­te. Ich habe ja schon mal geschrie­ben, dass ich mir so lan­ge eine drei bis vier Pfund schwe­re Kame­ra-Objek­tiv-Kom­bi­na­ti­on vors Gesicht hal­te, bis es nicht mehr geht, und das habe ich wirk­lich ernst gemeint: Ich lie­be die gro­ße, schwe­re DSLR und das foto­gra­fi­sche Gefühl, das von ihr aus­geht. Aber irgend­wo ist auch mei­ne Gren­ze erreicht. Das Canon 100-400 wiegt laut mei­ner Küchen­waa­ge 1726 Gramm (offi­zi­ell laut Canon 1640 Gramm, gewo­gen ohne Sta­tiv­schel­le), und es ist 21,5 bis 29 Zen­ti­me­ter lang, je nach Zoom­stel­lung. Das Sig­ma dage­gen misst schon im ein­ge­fah­re­nen Zustand 29,2 Zen­ti­me­ter (aus­ge­fah­ren habe ich es lei­der nicht gemes­sen), und mei­ne Küchen­waa­ge zeigt 3210 Gramm an, wenn ich es drauf­stel­le – offi­zi­ell sind es 2850 Gramm.

Die grö­ße­ren Dimen­sio­nen sind natür­lich der län­ge­ren End­brenn­wei­te geschul­det, und man kann dem Objek­tiv das Gewicht gar nicht zum Vor­wurf machen. Ande­rer­seits baut Sig­ma sei­ne Art-Objek­ti­ve wahr­schein­lich aus Pan­zer­stahl, denn die bei­den ande­ren Objek­ti­ve, die ich besit­ze, wie­gen auch ziem­lich viel: 870 Gramm bringt das 50er auf mei­ne Waa­ge, und das 24/35er erreicht fast genau ein Kilo­gramm. In dem Gewicht drückt sich auch eine gro­ße Robust­heit aus, und es macht wirk­lich Freu­de, die aus dem Vol­len gefräs­ten Sig­ma-Opti­ken anzu­fas­sen und zu bedie­nen. In der Ver­ar­bei­tungs­qua­li­tät sind sie min­des­tens auf Canon-Niveau, das ist aller Ehren wert. Am Ende war mir für mei­ne Art der Foto­gra­fie das Sig­ma-Tele­zoom aber ein­fach zu schwer und zu unhandlich.

Wer aller­dings gedul­dig vom Sta­tiv aus Tie­re ins Visier nimmt oder viel­leicht den Mond, der soll­te sich die­se Optik ein­mal genau anse­hen, aus zwei Grün­den. Ers­tens ist das Sig­ma güns­ti­ger zu haben, die unver­bind­li­che Preis­emp­feh­lung liegt bei 2099 Euro, wäh­rend für das Canon 2379 Euro auf­ge­ru­fen wer­den. Auch die Prei­se im Han­del wei­sen einen Unter­schied auf: Das Sig­ma fin­det man meist für ca. 1500 Euro, das Canon für knapp unter 2000.

24-Stunden-Rennen Daytona 2017: Porsche 911 vor AMG GT und Audi R8
Canon 5D Mark IV, Sig­ma 150-600 Sports, Brenn­wei­te 600 Mil­li­me­ter, Blen­de 6.3, 1/2500 Sekun­de, ISO 1000. Man könn­te die­ses Bild auch noch etwas zuschnei­den, der Drei­kampf in der Bus-Stop-Schi­ka­ne von Day­to­na sähe dann immer noch gut aus. Ich habe es aber wie alle Bei­spiel­fo­tos hier unbe­schnit­ten gelas­sen. Nicht nur aus Grün­den der Ehr­lich­keit, son­dern auch, weil ich den klei­nen Nach­züg­ler in der obe­ren rech­ten Ecke so mag. Er fügt dem Bild etwas mehr Kon­text hin­zu – näm­lich die Infor­ma­ti­on, dass bei einem Auto­rennen nicht immer alle Kon­tra­hen­ten im Pulk unter­wegs sind.

Und dann gibt es bei Sig­ma noch eine Spar-Mög­lich­keit, die Canon nicht bie­tet. Wer auf Spritz­was­ser- und Staub­schutz (außer am Bajo­nett) weit­ge­hend ver­zich­ten kann und eine Robust­heits­stu­fe weni­ger braucht, weil er eben ein gedul­di­ger Sta­tiv-Foto­graf ist, der sich nir­gends ins Getüm­mel stürzt, sorg­sam mit sei­nem Equip­ment umgeht und bei Regen ein schüt­zen­des Dach sucht, der bekommt das 150/600er von Sig­ma auch in einer Light-Ver­si­on. Die heißt Con­tem­po­ra­ry, wiegt fast ein Kilo weni­ger, hat auch weni­ger Lin­sen (20 statt 24), die zudem klei­ner sind (Fil­ter­durch­mes­ser 95 statt 105 Mil­li­me­ter). Und das Objek­tiv kos­tet offi­zi­ell nur 1399, im Han­del sogar nur um 900 Euro. Wie sehr sich die Bild­qua­li­tät vom Sports-Objek­tiv unter­schei­det, kann ich lei­der nicht sagen, weil ich die Con­tem­po­ra­ry-Ver­si­on nicht getes­tet habe – sie passt nicht zu mei­nem Arbeitsstil.

Also: Ich bin jetzt hap­py mit mei­nem Canon-Objek­tiv, aber genau­so ver­fol­ge ich die Ent­wick­lung bei Sig­ma mit gro­ßem Inter­es­se. vor allem mit der Art-Serie haben sie es geschafft, dass ich jetzt bei jeder Neu­an­schaf­fung nicht auto­ma­tisch zu einem L-Objek­tiv von Canon grei­fe, son­dern immer auch schaue, was es bei Sig­ma Schö­nes gibt.

Hier geht es zu den ers­ten bei­den Fol­gen mei­ner klei­nen Auto­fo­to­gra­fie-Serie: Teil 1, Teil 2. Und in der nächs­ten und letz­ten Fol­ge dreht es sich dann um etwas, das auch Nicht-Auto­fo­to­gra­fen mögen: das Por­trät.

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13 Gedanken zu „Canon oder Sigma – welches Telezoom nutze ich für die Autofotografie?“

  1. Na ja! Als Auto­fo­to­graf wür­de ich mich an dei­ner Stel­le nicht outen - zumin­dest nicht in die­sem Blog, denn die gezeig­ten Bil­der sind schlicht zu wenig gut! Ich spre­che da nicht die Tech­nik an, son­dern Bild­in­halt und Bildgestaltung.
    Mache dir weni­ger Gedan­ken über die ein­zu­set­zen­den Mar­ken, son­dern inves­tie­re mehr Zeit in neue Ideen: Das Land will nicht mehr vom Glei­chen, son­dern neue Bild­ideen sehen!

    Antworten
    • Falls es dir nicht auf­ge­fal­len ist, geht es hier nicht prin­zi­pi­ell um das The­ma Auto­fo­to­gra­fie son­dern eher um die Foto­gra­fie­tech­ni­ken an der Renn­stre­cke wie z.B. mit­zie­hen. Und solan­ge man als Foto­graf hier nicht wäh­rend des Ren­nens auf die Stre­cke darf, sehe ich hier eher Schwie­rig­kei­ten neue Ideen im Bild­auf­bau umzu­set­zen. Man sitzt eben wei­ter vom Gesche­hen weg als einem lieb ist. Und ich fin­de ganz im Gegen­teil zu dir die Fotos die das Renn­ge­sche­hen abbil­den sehr sehr gut umgesetzt!
      Und zum The­ma Tech­nik. Es gibt eben auch Leu­te die inter­es­sie­ren sich für eben sol­che Ver­glei­che zwi­schen Objek­ti­ven die nicht im Labor gemacht wur­den, son­dern im ech­ten Leben wo die Action ist.
      Da du das gan­ze aber anschei­nend bes­ser kannst, freue ich mich auf einen Gast­bei­trag von dir!

      Antworten
  2. Coo­ler Bericht. Ich habe eine klei­ne Kor­rek­tur: Das Sig­ma ist natür­lich nicht aus der Art-Serie.

    Das lan­ge Zoom gibt es nur als Con­tem­po­ra­ry und als Sports. Letz­te­res ist etwas höherwertiger.

    Das sind die drei neu­en Rei­hen von Sig­ma. Art, Con­tem­po­ra­ry und Sports.

    Die Objek­ti­ve der Art-Rei­he sind eher im Bereich Weit­win­kel oder leich­tes Tele, ganz weni­ge Zooms aber mit sehr hoher Lichtstärke.

    Antworten
    • Lie­ber Frank, dan­ke für den Hin­weis, ich hab’s schon ange­passt. Für mich war “Art-Serie” irgend­wie so ein Ober­be­griff, die meis­ten benut­zen die­ses Wort, und dann wis­sen alle: Ach ja, die ton­nen­schwe­ren und sehr schö­nen neu­en Top-Objek­ti­ve von Sig­ma. Schö­nen Abend 🙂

      Antworten
  3. Super! Ja, ich habe zwei Arts, das 35er und das 14er. Sehr gei­le Linsen.

    Ich schie­le auch zum 150-600 Sports, habe eben­falls die 7D2. Und das alte Canon 100-400L ist am lan­gen Ende nicht mehr so schön scharf. Die zwei­te Ver­si­on ist aber lei­der auch sehr teu­er, soll aber schär­fer als die 150-600 von Sig­ma und Tam­ron sein. 

    Schwie­rig.

    Schär­fe ist in mei­nem Ein­satz­ge­biet lei­der wich­tig. Pfer­de­sport, Hun­de und ande­res Getier.

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    • Tja, ich kann nicht mehr sagen, als ich schon geschrie­ben habe: Bild­qua­li­tät hal­te ich für ver­gleich­bar zwi­schen Canon und Sig­ma, nur im Hand­ling hat das teu­re­re Canon deut­li­che Vor­tei­le. Wenn man unsi­cher ist, emp­feh­le ich immer, die Objek­ti­ve für jeweils einen Tag zu mie­ten (die kos­ten z.B. bei Calu­met jeweils pro Tag 26 Euro plus Mwst plus Ver­si­che­rung) und dann genau die Fotos damit zu machen, die man eben machen will. Das soll­te Auf­schluss geben. Viel Erfolg beim Ent­schei­den, lass mal hören, was es gewor­den ist. 🙂

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  4. Hal­lo Stefan,
    dan­ke für den inter­es­san­ten Vergleich.
    Ich hat­te das 70-300er L Objek­tiv von Canon, das meis­tens unter­schätzt wird. Mei­nes Erach­tens merk­lich schär­fer und die bes­se­re Wahl als das 100-400er (alte Ver­si­on) und dazu rela­tiv leicht und robust. Hab es dann aber gegen das deut­lich bes­se­re Canon 70-200 2,8 L II aus­ge­tauscht und das sind wirk­lich noch mal Wel­ten. Das ist jetzt mein abso­lu­tes Lieb­lings­ob­jek­tiv, da sitzt fast jeder Schuss und der Look und die Schär­fe der Bil­der sind gran­di­os. Für mich noch bes­ser als bei den Sig­mas (hab das 20er, 35er und 50er Art). Um mein Brenn­wei­ten-Gewis­sen zu beru­hi­gen, habe ich mir noch den neu­en Canon Tele­kon­ver­ter dazu geholt und die Kom­bi 70-200 + 2-fach Kon­ver­ter an der 5D IV gegen das (neue) 100-400er getes­tet. Für mich kein ech­ter Unter­schied bei 400 mm.
    Mit Kon­ver­ter hat’s aber nicht den­sel­ben Charme, des­halb schrau­be ich ihn auch nur drauf, wenn’s unbe­dingt sein muss. (und das ist bei mir recht sel­ten) ansons­ten bin ich auch der Mei­nung, dass eine 30 MP Voll­for­mat Kame­ra mit der rich­ti­gen (schar­fen) Optik erstaun­li­che und oft aus­rei­chen­de Reser­ven beim crop­pen bietet.
    Grüße
    Frank

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    • Dan­ke, Frank, für die inter­es­san­te Ein­schät­zung, dass das 100-400 II genau­so gut in der Bild­qua­li­tät ist wie das 70-200 2.8 plus Kon­ver­ter. Ich habe ein­mal das 70-200 2.8 gemie­tet für ein Wochen­en­de und war abso­lut begeis­tert davon. Ich muss aller­dings sagen, dass mein 70-200 4 in der Bild­qua­li­tät und Schär­fe prak­tisch kei­nen Unter­schied auf­weist, es fehlt halt nur die­ser eine Blen­den­wert Licht­stär­ke. Noch habe ich mich jeden­falls nicht dazu durch­rin­gen kön­nen, das 70-200 2.8 zu kau­fen. Schö­ne Grüße. 🙂

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  5. Ich nut­ze das Sig­ma Sports an der D500 und bin mit die­ser Kom­bi­na­ti­on mehr als zufrie­den. Der Fokus ist schnell und saß ab Werk auf dem Punkt. Im Sport­be­reich habe ich das Objek­tiv beim Moto­cross ein­ge­setzt und auch die schwie­rigs­ten Situa­tio­nen wur­den von der Tech­nik sou­ve­rän gemeis­tert. Die opti­sche Qua­li­tät ist in mei­nen Augen auch super, wobei die teu­ren Fest­brenn­wei­ten da sicher noch ne Schip­pe drauflegen.
    Ja, das Handling.…Sports halt ! (-;

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  6. Ich habe mir für 700 Euro aus einem Canon nahe­ste­hen­den Forum mal ein EF 400 5.6 L USM gefischt, Ein­satz­ge­biet soll­te die Vogel­fo­to­gra­fie sein und was soll ich sagen, funk­tio­niert prima!
    Ok, es ist älter, hat kei­nen IS und ’nur’ Blen­de 5.6, aber es reicht voll­kom­men. Robust, leicht, tol­les Bokeh und hand­lich noch dazu.

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  7. Dan­ke für den tol­len Bericht und die schö­nen Fotos :). Das Canon 100-400 II wird Anfang des Jah­res mein Sig­ma 150-600 C ablö­sen. Der AF ist mir zu langsam.

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